Darksiders II (Wii U) im Test
Es ist schon witzig: Ein Haufen Leute (mich eingeschlossen) war von Anfang an überzeugt, dass die Wii U das Zeug zu einer ganz großen Konsole hat, aber bis heute sind richtige Blockbuster Mangelware. Hat Darksiders II das Zeug dazu, sich aus der Masse zu heben?
Zuerst Krieg, jetzt Tod
Während ihr in Darksiders den apokalyptischen Reiter Krieg gespielt habt, schlüpft ihr in diesem Werk von Vigil Games in die Rolle von Tod. Darksiders II spielt während der 100 Jahre anhaltenden Gefangenschaft des Reiters Krieg. Dieser wurde nämlich von einem mächtigen Gremium namens „der hohe Rat“ gefangen gehalten, da ihm zur Last gelegt wurde, die gesamte Menschheit in den Untergang geführt zu haben. Hatte er sich tatsächlich auf die Seite der Unterwelt geschlagen und so den Krieg entfacht, den die Menschheit nicht überstanden hatte?
Sein Bruder Tod glaubt diese Geschichte nicht und will Kriegs Unschuld beweisen. So weit zur Geschichte, weiter im Text: So wie der Vorgänger ist auch Darksiders II ein Action-Adventure, und ihr dürft springen, klettern, tauchen, kämpfen, hangeln und ausweichen. Müsste man das Game in einem Satz beschreiben, würde ich zu diesem hier greifen: Ein Mix zwischen Kingdoms of Amalur: Reckoning, Prince of Persia und God of War. Da es nur eine Apokalypse gibt, muss der Nachfolger zwingend im selben Zeitrahmen spielen wie der Vorgänger, und hier werden SpielerInnen des ersten Teils klar bevorzugt.
Dasselbe Rezept, nur verfeinert
So wie das Erstlingswerk lässt euch Darksiders II nicht lange auf die Action warten, stattdessen habt ihr schon in den ersten zwei Spielstunden einige Monster erlegt und die ersten coolen Bosskämpfe hinter euch gebracht. Nach wie vor müsst ihr eine Fantasywelt erkunden, die leider etwas arg eingeschränkt ist und mehr an Schlauchlevels à la Final Fantasy XIII erinnert. Weiters stehen auf der Agenda: Gegenstände sammeln, euch durch Monsterhorden prügeln, eure Spezialattacken aufwerten und insgesamt immer und immer stärker werden.
Ein wichtiger Punkt im Vergleich zu Darksiders ist, dass Tod vom Blocken wenig hält und daher auch eher Fan des eleganten Ausweichens ist. Die Kämpfe sind das A und O in Darksiders II, denn einerseits werden Actionfans von der schieren Masse der Schlachten überzeugt, andererseits spielt sich der flinke Schnitter einfach cooler als der kampferprobte Krieg. Anstatt viel auf die Gegner zu achten (das müsst ihr euch für die Bosse aufsparen), reiht ihr fein animierte Kombos aneinander, prügelt mit teils richtig großen Waffen auf die hilflosen Widersacher ein und beendet die ungleichen Begegnungen mit brutalen Exekutions-Moves.
Darksiders II lässt euch schwitzen
Nicht nur die grenzenlos wirkende Dynamik des Titels oder die atemberaubenden Bewegungen des grazilen Tods können euch die Schweißperlen auf die Stirn treiben, sondern auch die Steuerung gepaart mit der Kamera. Was mit der regulären WiiMote noch kein Thema ist (beispielsweise löst ihr die Ausweichrolle durch Schütteln aus), wird mit dem GamePad zur Pein. Auch die Kamera entpuppt sich des Öfteren als kleine Sadistin, so müsst ihr gerade in hektischen Bosskämpfen oft die Sicht zurücksetzen oder selbst justieren, damit ihr im Mittelpunkt des Geschehens bleibt.
Das Design der Levels hat sich noch verbessert, denn eure erste richtige Aufgabe ist es, die Schmiede der Erschaffer wieder in Gang zu setzen. Beeindruckend, wenn ihr zum ersten Mal zwischen den Feuersäulen herumspaziert und die Lava in ihren steinigen Gefängnissen erblickt. Habt ihr genügend Erfahrungspunkte gesammelt, könnt ihr mit eurem persönlichen Tod neue Erfahrungsstufen und neue Punkte zum Verteilen ergattern. Euer Held lässt sich in zwei Talentbäumen verbessern, die sich in kampflastige und magielastige Fertigkeiten aufteilen. Alle Skillpunkte der Welt helfen euch aber nicht, wenn es dann um die Rätsel in Darksiders II geht.
Für Geist und Körper
Die Entwickler von Vigil Games haben darauf geachtet, dass während der knapp 25 Stunden, die man zum Durchspielen braucht, auch die grauen Zellen etwas gefordert werden. Dann und wann müsst ihr also auch Rätsel lösen, und während diese naturgemäß anfangs noch selbsterklärend sind, werden sie mit fortlaufender Spieldauer richtig knackig. Habt ihr allerdings einen zuvor für unlösbar gehaltenen Raum geschafft und die vermaledeite Türe öffnet sich dann endlich, freut ihr euch wie ein Schnitzel – und das Gefühl vermag Darksiders II schon ein paar Mal hervorzurufen.
Darksiders war für seine stark implementierten Bosskämpfe beliebt, und dem Nachfolger fällt es nicht schwer, da noch ein Scherflein draufzulegen. Jeder Obermotz verlangt nach einer eigenen Taktik, da ihr zuvor die Angriffsmuster und die dazugehörigen Schwachstellen durchschauen müsst. Während das in der ersten Welt noch halbwegs leicht ist, wird auch dieser Part spätestens in der zweiten Hälfte des Spiels herausfordernder. Damit aber nicht alles zur absoluten Challenge wird, hat Tod zwei Begleiter spendiert bekommen.
Drei Freunde müsst ihr sein
Tods Krähe namens Asche und das Pferd mit dem klingenden Namen Verzweiflung unterstützen euch tatkräftig bei eurer Reise. Während Verzweiflung euch von Beginn an zur Verfügung steht und ein schnittiges Fortbewegungsmittel ist, hat Asche ganz andere Talente. Wisst ihr beispielsweise nicht mehr, wo ihr gerade hin müsst, könnt ihr via Tastendruck Asche zur nächsten richtigen Gabelung senden. Ebenfalls ein cooler Zug der EntwicklerInnen: Wenn ihr ein Spiel ladet, wird die Story der letzten 20–30 Minuten nochmals wiederholt.
Asche hat allerdings noch mehr drauf: Wenn ihr etwa ungewollt über eine Klippe fallt, hilft der Vogel euch dabei, wieder Fuß auf sicherem Boden zu fassen. Das erinnert zwar frappierend an Prince of Persia, aber da Asche keine barfüßige Prinzessin ist, konzentrieren wir uns eher auf die gute Implementation und freuen uns, dass ein Absturz nicht allzu viel erneutes Laufen als Konsequenz hat. Kann der Titel also den Preis für das beste Action-Adventure für die Wii U einheimsen?
Darksiders II: Bis dass der Tod euch scheidet
Dass der Titel unter dem Strich ein richtig motivierendes, mit immer neuen Ideen aufwartendes, designmäßig überlegenes und vor allem süchtig machendes Actiongame ist, ist unbestritten. SpielerInnen des ersten Teils dürfen sich den Ableger nicht entgehen lassen, und auch Neulinge sind herzlich eingeladen, bei den Schlächterspielen von Tod dabei zu sein. Es macht einfach Laune, im Stundentakt stärker zu werden und die Ausrüstung perfekt auf die eigene Spielweise anzupassen.
Allerdings lässt Darksiders II technisch noch ein wenig Feinarbeit vermissen, was den Gesamteindruck etwas trübt. GrafikfetischistInnen fallen sofort die teilweisen lieblosen Texturen auf, der Beginn des Spiels ist meines Erachtens optisch langweilig (hier sind Blau und Weiß die klar dominanten Farben), und bei einer Drehung der Kamera kommen zum Teil massive Tearing-Effekte zum Vorschein. Wieso in dieser Version die vertikale Synchronisation nicht zumindest ein Optionspunkt ist, bleibt mir ein Rätsel.
Darksiders II hat also einen starke Landung hingelegt, ich persönlich bin aber nicht hundertprozentig überzeugt. Die Steuerungsproblematik mit dem GamePad ist einfach nicht zu übersehen, und obwohl die Grundidee des Spiels mit der Umsetzung gut harmoniert, überwiegen bei manchen Passagen die Frustmomente – das geht noch eine Spur besser. Da die Konkurrenz noch immer nicht besonders zahlreich ist und Tods Reise trotz allen Schwachpunkten richtig Spaß macht, geht die Krone an ein Game aus dem Jahre 2012: Ja, Darksiders II ist das beste Actionspiel für die Wii U.