Emio – Der lächelnde Mann: Famicom Detective Club Test – Denk-Button statt Denk-Hut

von Matthias Tüchler 05.09.2024

Ursprünglich eine Duologie, erschienen Famicom Detective Club The Missing Heir und The Girl Who Stands Behind in den Jahren 1988 und 1989 im Original auf dem damals aktuellen Nintendo Entertainment System (NES). Im Jahr 2021 brachte Nintendo die beiden Klassiker zu gemischten Fan- und Kritikerstimmen in neuem Look auf die Nintendo Switch. Während die optische Überarbeitung gelungen war, machten die veralteten Systeme und das spärliche Gameplay die beiden Remakes zu Titeln für Adventure-Fans.

Emio – Der lächelnde Mann: Famicom Detective Club ist nun das erste vollständige Sequel der klassischen Visual Novels und hat uns bereits mit dem unheimlichen ersten Teaser Anfang Juni neugierig gemacht. Keine zwei Monate später ist das Spiel nach einigen in Stufen erschienen Demos bereits auf dem Markt. Wir haben die Hinweise zusammengesetzt, um euch zu sagen, was man sich vom Sequel versprechen kann.

Emio – Der lächelnde Mann: Famicom Detective Club ist ab sofort für Nintendo Switch erhältlich.

Dynamische Manga-Novel

Wie bereits die Remakes der originalen Duologie, sieht auch Emio – Der lächelnde Mann fantastisch aus. Die hochauflösenden Illustrationen im klassisch japanischen Manga/Anime-Stil sind äußerst gelungen und lässt die Charaktere und die Orte im Spiel glänzen. Auch der reduzierte Animationsstil, der keine vollständigen, sondern oft eher angedeutete Bewegungen zeigt oder elegant von einer Pose zur nächsten blendet, hat den Charme klassischer Bildgeschichten.

Emio - Der lächelnde Mann(c) Nintendo

Zudem geht Nintendo hier ein wenig weiter und nutzt die Positionierung der Kamera, der Personen und mancher Gegenstände bewusst, um so Storytelling einfließen zu lassen. So steht beispielsweise der Klassenlehrer, der vor Leidenschaft nur so sprüht, stets etwas zu nah an den Protagonist:innen – was von diesen nicht nur kommentiert, sondern mit einem näheren Bildausschnitt des Charakters auch ersichtlich gemacht wird.

Musikalisch tut sich bei Emio leider nichts besonders Aufregendes. Die Hintergrundmelodien sind typisch für Visual Novels dieser Art und reichen von beschwingten aber teils lästigen Songs bis hin zu düsteren Ambiente-Sounds, erfindet das Rad dabei aber an keiner Stelle neu oder fällt positiv auf.

Kennen Sie meine Methoden, Watson!

Ein Zitat von Sherlock Holmes, das sich auch Spieler:innen in zu Herzen nehmen sollten, die mit dem Gedanken spielen, sich Emio – Der lächelnde Mann zu kaufen. Denn was Fans der originalen Duologie vielleicht feiern werden, das fühlt sich im Jahr 2024 wie ein Spielprinzip aus dem vorigen Jahrhundert an. Was meinen wir damit?

Emio - Der lächelnde Mann(c) Nintendo

Eine herkömmliche Situation in einer der insgesamt 12 Kapitel von Emio – Der lächelnde Mann sieht in etwa so aus: Man kommt am Ort des Geschehens an, spricht mit einer Person und/oder sieht sich am Ort um, um mehr über den Fall herauszufinden. In den Gesprächen (die den mit Abstand größten Teil des Spiels ausmachen) wählt man einen Gesprächspunkt an und liest die Antwort des NPCs. Um wirklich alles über ein Thema zu erfahren, ist es oft nötig den Gesprächspunkt mehrmals – teils über zehn einzelne Mal – anzuwählen. Natürlich kann man auch andre Gesprächspunkte anwählen oder generell nach Beobachtungen der Person fragen. Zusätzlich gibt es noch die Möglichkeit, dass sich die Protagonist:in selbst Gedanken zum Thema machen oder man einen Blick auf das Gegenüber wirft (das man ohnehin die ganze Zeit ansieht).

Leider sind all diese Dinge nötig, um den Weiterlauf des Gesprächs zu triggern. Wir fragen beispielsweise nach dem Befinden eines anderen Charakters und bekommen bei den ersten drei Klicks nur verlegene „Hmm“ und „…“ Antworten. Beim vierten Klick auf dieselbe Gesprächsoption erfährt man dann, dass sich die Person, um die es geht, seit einiger Zeit komisch verhält.

Natürlich will man weiter fragen und klickt ein fünftes Mal auf den Gesprächspunkt. Und ein sechstes, und siebtes und achtes und neuntes Mal. Aber es kommt keine weitere Antwort mehr. Erst wenn man zwischendurch die Option gewählt hat, sich kurz Gedanken zu machen und der innere Monolog der Protagonist:in uns erklärt „Ich sollte näher fragen, inwiefern sich Person X komisch verhält“, bekommt man bei einem weiteren Klick auf den Gesprächspunkt wieder eine Antwort.

Emio - Der lächelnde Mann(c) Nintendo

Und so verläuft es leider das gesamte Spiel lang. Immer wieder ist es nötig mit anderen Gesprächspunkten, dem „Think“-Button oder Klicks auf Dinge oder Charaktere den weiteren Verlauf des Gesprächs auszulösen. Leider ist dabei oft keinerlei Sinn und Ziel erkenntlich, wodurch wir bei unserem Test sehr schnell dazu übergegangen sind, immer wieder einfach absolut alle Trigger auszuprobieren, ohne überhaupt noch eine Logik dahinter zu vermuten. Das ergibt einen äußerst frustrierenden, anstrengenden und langweiligen Gesprächsverlauf, der uns die Lust am Spiel gehörig verdorben hat.

Hier wäre dringend Innovation von Nöten gewesen!

Ein aufgemaltes Lächeln

Emio mag vielleicht lächeln doch leider verging uns eben dieses über den Verlauf der 12 Kapitel von Emio – Der lächelnde Mann zunehmend, als uns das zermürbende Gameplay langsam die Neugier auf die ansonsten komplexe aber spannende Story entzog. Das Sequel der klassischen Duologie aus den 80er Jahren hält sich dabei 1:1 an die Methodik seiner Vorgänger – wir nehmen an, Fans der Reihe freuen sich darüber, als neue Famicom Detective Club-Mitglieder fanden wir das Adventure-Game auf diese Art beinahe unspielbar.

Emio - Der lächelnde Mann(c) Nintendo

Mit tollem Look und hoher Qualität in der Produktion sowie der dennoch spannenden mysteriösen Story, kann Emio dennoch einige Punkte sammeln. Hier waren wir positiv überrascht, wie anfangs völlig zusammenhanglose Story-Abschnitte sehr gekonnt zu einem spannenden Detektiv-Fall verwoben werden.

Insgesamt ergeben die vielen Linien auf unserem Detektiv-Diarama daher leider keine besondere Empfehlung für Emio. Bei derart veraltetem Spielsystem wäre Innovation dringend nötig gewesen. Fans von The Missing Heir und The Girl Who Stands Behind werden das aber sicherlich anders sehen und mehr Freude an diesem Mysterium finden.

Emio – Der lächelnde Mann: Famicom Detective Club ist ab sofort für Nintendo Switch erhältlich.

Wertung: 6 Pixel

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