Kingsman: The Secret Service (Blu-ray) im Test
Ist eigentlich mal jemandem aufgefallen, dass die größten AgentInnen der Film- und Fernsehgeschichte die Initialen J. B. tragen? James Bond, Jason Bourne, Jack Bauer … dem Helden dieses Agentenfilms schon! Er heißt zwar Eggsy, seinen treuen Mops, J. B., hat er aber immerhin nach einem der Herren benannt. Kingsman handelt von der Metamorphose des britischen Straßenjungen (Taron Egerton), der seine Jugend mit Autoklauen und waghalsigen Parcours-Verfolgungsjagten verbringt, zum Gentleman-Geheimagenten der alten Schule. Als Mentor steht ihm dabei der Agent Galahad (Colin Firth) zur Seite, der eine Truppe makellos kultivierter SpionInnen ausbildet und auf gefährliche Jagden auf üble SuperschurkInnen vorbereitet.
Der Superschurke ist in diesem Fall kein Geringerer als Samuel L. Jackson. Als IT-Tycoon Valentine plant dieser die Menschheit durch eine biblische Plage zu dezimieren, um so dem Klimawandel Einhalt zu gebieten – ausgenommen davon soll nur eine illustre Liste an Prominenten sein. Also ab ins Boot-Camp mit dem rebellischen Eggsy, und ratzfatz wird aus dem Süd-Londoner Prolo-Naseweis ein tödlicher Spießer im feinen Zwirn gemacht. Der Weg zum Agenten im Club der Kingsmen, die ihre Operationsbasis in einer Maßschneiderei verstecken und sich nach den Rittern der Tafelrunde benennen, ist natürlich kein einfacher. Die sieben AspirantInnen für den Posten des Lanzelots müssen sich einem abenteuerlichen Training unterziehen, und nur eine/r kann am Schluss als SiegerIn hervorgehen.
In der Zwischenzeit ist Galahad freilich nicht untätig und deckt Valentines tödliches Geheimnis auf. Die Lage eskaliert, als Galahad in einer kleinen Kirche in Oklahoma einen Vorgeschmack auf die bevorstehende Apokalypse bekommt, was im direkten Aufeinandertreffen mit Valentine und seiner tödliche Assistentin Gazelle (Sofia Boutella) gipfelt. Die Szene ist in einem spektakulären One-Shot gedreht und festigt den Tenor des Films als actiongeladene Agentenkomödie mit Hang zur dezent makaberen Gewaltdarstellung. Immer wieder lockern Querverweise auf die „guten alten“ Bond-Filme und der Seitenhieb, dass dies kein solcher Film sei, das sonst ernsthafte Setting auf. Überhaupt nimmt die Dichte der Anspielungen im letzten Drittel des Films in der schwer befestigten Bergbasis Valentines mit unzähligen uniformierten Handlangern als Schießbudenfiguren deutlich zu, und die Ernsthaftigkeit im Vergleich zu Eggsys Ausbildungsphase verschwindet beinahe. Das bunte Treiben gipfelt in einer Szene, die als Reminiszenz an die farbenfrohen Bond-Intros verstanden werden will, jedoch dem Film sein letztes Bisschen Seriosität nimmt.
Extras
- Hinter den Kulissen von Kingsman: The Secret Service
- Bildergalerie: Hinter den Kulissen
- Bildergalerie: Filmsets
- Bildergalerie: Requisiten
- Original Kinotrailer
Fazit
Trotz klaffender Einschusslöcher, fliegender Gliedmaßen und gepfählter Schädel entwickelt Kingsman nur im Ansatz den Charme eines Tarantino-Streifens. Die Charaktere bleiben oft oberflächlich, es gibt zu wenig Spielraum für Entwicklung und emotionale Tiefe. Storytwists mit Tragweite verblassen im Zuge des irrwitzigen Showdowns in Belanglosigkeit. Das soll weder heißen, dass Kingsman keine gute Geschichte erzählen will, noch dass der Film keinen Spaß machen würde; es ist nur, als würde man auf die Salzburger Festspiele gehen, um am Ende festzustellen, dass es sich doch um Kasperl und Pezi gehandelt hat. Wer auf britischen Humor steht und die alten Bond-Streifen mochte, wird dennoch vortrefflich unterhalten. Ihr solltet euch den Film also unbedingt auf Englisch ansehen, denn mit der Synchronisierung geht viel vom Charme des Films verloren.