The Walking Dead Season 2: All That Remains im Test

von David Kolb-Zgaga 26.12.2013

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Die Zeit des langen Wartens ist nun vorbei. Die erste Episode All That Remains von The Walking Dead Season 2 ist draußen, und wir haben die neueste Umsetzung der Graphic Novel von Telltale Games mit Begeisterung angespielt.

Die ersten Szenen des Spiels zeigen einen typischen Last-Season-Rückblick. Es werden einige der wichtigsten Entscheidungen gezeigt, die man in der ersten Season getroffen hat. Sofort fühle ich mich wieder in das düstere und spannende Universum von The Walking Dead zurückversetzt.

Season 2: Als kleines Mädchen

Season 2 handelt davon, wie es mit der sympathischen kleinen Clementine weitergeht. Als SpielerIn schlüpfen wir damit in ihre Haut und sehen alles aus ihrer Sicht der Dinge. Das ist zu Beginn etwas seltsam, denn in Season 1 wollte ich meine Entscheidungen so treffen, wie ich sie auch im realen Leben getroffen hätte. Dies ist mit Clem ein bisschen komplizierter, da die typischen Antwortmöglichkeiten klarerweise auch einmal kindlich ausfallen und sie aufgrund ihres Alters anders behandelt wird. Beim Durchspielen gab es für mich dann Antworten, die zwar für mich, aber nicht wirklich zu Clementines Charakter gepasst hätten. Auch wenn mir Clem wirklich sehr ans Herz gewachsen ist (für mich ist sie eine der besten Kindercharaktere in Videospielen überhaupt), fällt es mir nicht immer leicht, mich mit einem circa zehn Jahre alten Mädchen zu identifizieren. Clementine funktionierte besser als Nebencharakter, um den ich mich sorgen und kümmern musste. Dadurch, dass ich Clem jetzt selbst spiele, fällt auch die Angst weg, dass sie sterben könnte, da in solchen Situationen nur ein Game-over-Screen zu sehen ist und das Spiel beim letzten Checkpoint weitergeht.

walking dead clementine

Das Positive daran, Clem zu spielen, ist, dass man nun die Welt aus einer ganz anderen Perspektive sieht. Lee war eine Art Anführer für die Gruppe, er traf wichtige Entscheidungen, die alle beeinflussten. Sein Handicap war es, ein verurteilter Häftling zu sein. Clementines Handicap, ein kleines, meist wehrloses und oft nicht ernst genommenes Mädchen in einer Zombieapokalypse zu sein, ist in diesem Universum das viel größere Problem. Ich bin sehr gespannt darauf, wie Telltale mit diesem Problem in den weiteren Episoden umgehen wird und vor allem auch darauf, wie sich der Charakter von Clementine weiterentwickeln wird.

Gewohnt großartig, aber mit technischen Patzern

Das gerade Beschriebene ist aber Kritik auf sehr hohem Niveau, denn Season 2 macht einfach Spaß. Die Figuren und Dialoge sind vielschichtig, glaubhaft und wieder richtig großartig. Auch Season 2 schafft es, mich so emotional zu berühren wie kaum ein anderes Spiel. Die schon aus dem Vorgänger bekannten schweren und wirklich fiesen Entscheidungen, die man treffen muss, bringen wieder sehr viel Tiefe und Spannung ins Spiel. Leider wird diese Spannung immer wieder durch die Einbrüche in der Framerate gedrückt. Auch Season 2 ist nicht vor technischen Fehlern gefeit. So kam es bei meinem Spieldurchlauf neben einigen sehr nervigen Rucklern sogar vor, dass Spielfiguren, die in der Szene offensichtlich nicht vorkommen sollten, in der Spielwelt reglos dastanden. Das war wirklich skurril – und die gesamte bis dahin aufgebaute Atmosphäre ging den Bach hinunter.

Gänsehaut garantiert

Trotzdem schafft es Season 2, mich mit Kleinigkeiten zu beeindrucken. Achtung, Spoiler zur Season 1: Wenn Clem erwähnt, dass sie gelernt hat, sich von Städten fernzuhalten, läuft mir ein kalter Schauer über den Rücken, da dies einige der letzten Worte sind, die ich als Lee in Season 1 zu Clem gesagt habe. Spoiler ENDE.

Es sind mehrere solche versteckte Referenzen auf wichtige Entscheidungen aus der vorangegangenen Staffel im Spiel zu finden. Dies sind keine großen Actionszenen, aber sie bereichern das Spiel enorm und lassen die SpielerInnen für einen kurzen Augenblick die vergangenen Strapazen und Erlebnisse erneut durchleben.

walking dead stranger

Mit den großen fünf Entscheidungen, die es pro Episode zu treffen gibt, schafft es auch All That Remains wieder, den Atem stocken zu lassen. Es gibt wenige Spiele, in denen ich mir so hilflos vorkam. Bei den „kleineren“ Entscheidungen (eben die Entscheidungen, die nicht zu den großen fünf gehören, die am Ende jeder Episode angezeigt werden) tut sich das Spiel aus Clems Sicht manchmal ein bisschen schwer. Klar sind auch hier wieder interessante Dialoge zu führen, Clem hat aber als Kind in einer Gruppe bei Weitem nicht so viel Verantwortung wie Lee.

Schöne Einführung

Deshalb dreht sich All That Remains und vermutlich die ganze zweite Season um das Überleben von Clementine. Es gibt momentan wenige Figuren, für die man sich verantwortlich fühlt. Ganz im Gegenteil, es gibt Personen, die Clem beschützen wollen, als Hauptcharakter fühlt sich das für mich noch ein wenig seltsam an. Ich bin gespannt, wie Telltale diese Beziehungen weiterführen wird. Mit der ersten Episode ist schon einmal ein gutes Fundament gelungen, das noch viel Platz für spannende Erweiterungen lässt. Für die nächste Episode wünsche ich mir eigentlich nur, dass die technischen Fehler ausgemerzt werden. Nachdem die erste Episode trotz der Einführung in die neue Story schon sehr spannend gewesen ist, erwarte ich in der zweiten noch intensivere Erlebnisse.

walking dead clem fire

Fazit

Wer The Walking Dead Season 1 mochte, wird auch mit der zweiten Season wieder viel Spaß haben. Wer hingegen darauf gehofft hat, mehr Rätsel gestellt zu bekommen, wird enttäuscht werden. The Walking Dead ist eben kein Adventure, sondern eine Graphic Novel – und das ist auch gut so! Mich hat Telltale trotz kleinerer Mängel mit All That Remains wieder sehr beeindruckt. Ich kann es kaum erwarten, dass nun auch die zweite Episode veröffentlicht wird.

Wertung: 8.5 Pixel

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