Severed (3DS) im Test
Man nehme ein großes Stück Dungeon-Crawler, á la Legend of Grimrock, und vermische es mit der Steuerung von Fruit Ninja. Dann reibe man das Ganze mit farbenfrohem und doch morbidem mexikanischen Artwork ein und lasse es von Drinkbox Studios backen. – Schon kann Severed serviert werden. Ob das Spiel auch mundet, verrate ich euch in meiner Kritik.
Plötzlich Kriegerin
Es ist an euch, sich in die Wildnis zu wagen, gefährliche Dungeons zu erkunden und groteske Bestien zu bekämpfen.
Severed verschwendet keine Zeit mit langen Erklärungen: Ihr wacht auf und findet euch als Sasha in eurem verwüsteten Zuhause wieder. Als ihr dort in den Spiegel blickt, erkennt ihr, dass euch ein Arm fehlt und ein furchteinflößender Dämon hinter euch steht. Dieser erklärt, dass ihr in einer Albtraumwelt gefangen seid, in die eure Familie verschleppt wurde. Es ist an euch, sich in die Wildnis zu wagen, gefährliche Dungeons zu erkunden und groteske Bestien zu bekämpfen, um Sashas Familie zu finden und wieder in die normale Welt zurückkehren zu können.
Durch alte Wälder und verfallene Gemäuer
Ein zentraler Teil des Spiels ist das klassische „Dungeon-Crawling“, das stark an Eye of the Beholder oder Legend of Grimrock erinnert. Man kann sich die Welt wie eine Art Schachbrett (oder für Rollenspieler präziser: wie ein Battlegrid) vorstellen. Mit jedem Schritt bewegt ihr euch auf einen neuen quadratischen Kartenabschnitt, auf dem ihr euch um 360 Grad umsehen könnt. Macht ihr in Richtung eines Gangs oder einer Tür einen weiteren Schritt, gelangt ihr zum nächsten Abschnitt. Das mag anfangs ungewohnt sein, nach ein paar Minuten denkt man gar nicht mehr daran. Eine Karte am oberen Bildschirm des 3DS hilft euch, den Überblick zu behalten, während ihr die Welt am Touchscreen seht und dort mit ihr interagiert.
Zu Beginn sind viele Wege noch versperrt. Einige öffnen sich durch das Lösen einfacher Schalter- und Türrätsel, für andere benötigt man Fähigkeiten, die ihr erst später im Spiel erlangt. Wer mit zusätzlichen Fähigkeiten ausgerüstet bereits erkundete Gebiete nochmals besucht, kann dort zuvor unerreichbare Gesundheitsupgrades und andere nützliche Dinge entdecken.
Albtraumhafte Gegner
Natürlich sind die Dungeons nicht unbewacht. In Form von weiß-schwarz flackernden Flammen lauern an vielen Stellen Gegner auf euch. Kommt ihr dem schwebenden Feuer zu nahe, werdet ihr in einen Kampf verwickelt. Das abwechslungsreiche Design der furchterregenden Monster reicht von schwebenden, augenübersäten Kugeln über vielarmige Affen bis hin zu stacheligen Pilzen.
Jede Kreatur hat ihre Schwachpunkte, unverwundbare Stellen und spezielle Angriffsmuster.
Auch die Kämpfe spielen sich auf dem Touchscreen des 3DS ab und werden mit dem Stylus ausgefochten. Indem man möglichst schnell gerade Linien auf dem Touchscreen zieht, richtet man Schaden an. Dabei geht es um einiges taktischer zu, als man zunächst vermuten möge: Längere Linien verursachen mehr Schaden, während man kürzere Linien natürlich schneller ziehen kann. Jede Kreatur hat ihre Schwachpunkte, unverwundbare Stellen und spezielle Angriffsmuster. Manche Angriffe kann man blocken, manche verhindern. Es dauert nicht lange, ehe man gegen mehrere unterschiedliche Kreaturen kämpft und versucht, sie mit gutem Timing und später auch Zaubern in Schach zu halten.
Sasha verfügt über eine “Fokus-Leiste”, die sich füllt, wenn man während Kämpfen Schaden austeilt. Ist diese voll, kann man von besiegten Gegnern bestimmte Körperteile abschneiden. Die Gliedmaßen dienen als „Währung“ für Upgrades. So kann man Sasha z.B. fester zuschlagen lassen, ihre Verteidigung verbessern, ihre Gesundheit regenerieren lassen oder die Wirkungsdauer eines Zaubers verlängern.
Mexikanischer Horror
Die wenigen Charaktere denen wir begegnen, sind ebenso furchterregend anzusehen wie die Monster, die wir bekämpfen müssen.
Abgesehen vom unkonventionellen Gameplay, hebt sich Severed insbesondere durch die morbide Stimmung, die ihm innewohnt, von üblichen 3DS-Titeln ab. Die meiste Zeit der 6-7 Spielstunden bewegen wir uns durch große, verzweigte Höhlen, düstere Wälder oder altehrwürdige Gemäuer, die langsam zu Ruinen zerfallen. Die wenigen Charaktere, denen wir begegnen, sind ebenso furchterregend anzusehen wie die Monster, die wir bekämpfen müssen, und raten uns, unser Vorhaben aufzugeben. Die farbenfrohe, schlichte aber dennoch sehr eindringliche Bildsprache, die melancholische, Unbehagen erzeugende Hintergrundmusik und die albtraumhafte Gestaltung der gegnerischen Kreaturen ließen mich öfters an die düsteren Filme von Guillermo del Toro denken. Das gesamte Design unterstreicht hervorragend die Einsamkeit und Hoffnungslosigkeit von Sashas Reise.
Fazit
Endlich ein Spiel auf Nintendos Hosentaschen-Konsole, dass sich ernst nimmt! Natürlich liebe ich all die Super Marios und Pokémons, doch es ist eine willkommene Abwechslung, etwas Erwachsenes zu spielen. Es ist beeindruckend, wie perfekt sich Musik, grafisches Design und Spielmechaniken im surrealen, bedrückenden Severed zusammenfügen. Wenn man über etwas nörgeln möchte, dann darüber, dass man einiges an Backtracking in Kauf nehmen muss, möchte man alle Gebiete zu 100% erforschen. Außerdem hätten den Rollenspielelementen, wie Sashas Talentebaum, ein wenig mehr Tiefgang nicht geschadet. Das ist allerdings Jammern auf äußerst hohem Niveau. Von mir gibt es für Severed eine klare Kaufempfehlung!