Titanfall (PC & Xbox One) im Test
Eines der meistgehypten Spiele das Jahres ist endlich auf dem Markt: Titanfall. Ob es Respawn Entertainment und EA gelungen ist, ein Meisterwerk zu entwickeln, das das Genre der Multiplayer-Shooter revolutioniert, oder ob die Hypeblase doch platzt, lest ihr hier im Test.
Auf zu neuen Ufern
Während die Serien von Call of Duty und Battlefield bei jeder neuen Version auf altbewährte Konzepte setzen, wagt Titanfall neue Schritte, um aus dem ewig gleichen Trott auszubrechen – und das, obwohl es von den Call of Duty-Machern Respawn Entertainment entwickelt wurde. Natürlich setzt der Titel voll auf Multiplayer-Partien, doch eine Story darf dabei trotzdem nicht fehlen. Titanfall spielt in ferner Zukunft, in der der Großkonzern IMC und die (Grenzland-)Miliz sich bis aufs Äußerste bekriegen. Über die Hintergründe des Konflikts verrät das Spiel jedoch sehr wenig; wer darüber mehr erfahren will, muss wohl oder übel die Fakten auf der offiziellen Website nachlesen – sehr schade. Denn die Story hätte sicherlich Potenzial, so aber wird man in diesen Konflikt ohne wirkliche Einführung hineingeworfen. Außerdem ist es sehr schwer, sich während eines Matches auch noch auf kleine, rechts oben eingeblendete Videos zu konzentrieren, die wichtige Dialoge zeigen und die Story vorantreiben. Wer ist denn so multitaskingfähig, um angreifende Titans überleben und dazu aufmerksam der Story lauschen zu können? Ich mit Sicherheit nicht! Immerhin kann man auf beiden Seiten (IMC und Miliz) spielen und so neue Titans mit neuen Eigenschaften freischalten. Die Story bleibt dennoch nur ein Nice-to-have.
Dynamisches Actiongeballer
Kommen wir aber zu dem Punkt, der Titanfall wirklich ausmacht – das Gameplay. Man startet in jede Partie als „normale/r“ PilotIn. So normal ist das aber gar nicht, denn die PilotInnen können mithilfe von Jetpacks richtig coole Manöver wie Doublejumps und Wallrides durchführen. Diese parcourähnlichen Bewegungen bringen ungemein viel Dynamik in das sonst so standardmäßige Shootergenre. Außerdem ist es damit möglich, in kürzester Zeit sehr weite Strecken zurückzulegen und so an taktisch wichtige Punkte vorzudringen. Die akrobatischen Bewegungen auf den verschiedenen Karten machen sehr viel Spaß. Dadurch wird Titanfall zu einem vertikalen Shooter, bei dem sehr genau auf Höhenunterschiede geachtet werden muss und es nicht nur die standardmäßigen Lauf-routen gibt. Das bringt ungemein viel Spannung und Abwechslung mit sich.
Bei jedem Respawn muss man sich für eine der drei verfügbaren Klassen entscheiden, für die man neue Waffen, Waffenupgrades etc. freispielen kann. Außerdem kann jede Klasse bearbeitet und damit eine eigene modifizierte Klasse erstellt werden. Jede Klasse verfügt über aktive Fähigkeiten und passive Boni. So kann man sich z. B. für kurze Zeit unsichtbar machen oder die Grundgeschwindigkeit der PilotenInnen erhöhen, wodurch die Klassen stärker variiert werden können.
Intelligente Pistolen
Grundsätzlich sind daher viele Optionen gegeben, auch wenn unter anderem das Waffensortiment bei Weitem nicht an ein Battlefield 4 herankommt. Zu Beginn hat man bei der Primärwaffe die Auswahl zwischen dem sehr starken Karabiner, einer Shotgun und einer Smart Pistol. Letztere bietet vor allem auch AnfängerInnen einen besseren Einstieg in Titanfall. Mit der Smart Pistol müssen FeindInnen anvisiert werden, indem man ungefähr auf diese zielt. Hat die Smart Pistol einmal ihr Ziel im Visier, braucht man nicht mehr zielen, sondern nur noch auf die Schusstaste hämmern, da man immer trifft – quasi der erlaubte Aim-Bot. Nachdem es auf dem Schlachtfeld nicht nur SpielerInnen, sondern auch NPCs als Kanonenfutter gibt, dauert das Anvisieren bei SpielerInnen deutlich länger – zu den NPCs und dem Schlachtgetümmel aber später mehr. Die Smart Pistol ist ein gutes Mittel, um in das hektische und schnelle Spiel einzusteigen und sich einzuleben. Mir persönlich ist die Waffe aber auf Dauer ein wenig zu langweilig, da sie mir den grundlegenden Spielmechanismus des genauen Zielens einfach abnimmt.
Aus allen Wolken gefallen
Während man spielt, sieht man ständig einen Timer, der bei Abschüssen von FeindInnen zusätzlich verkürzt wird. Wenn der Timer auf 0 steht, ist es endlich soweit: Dann kann man einen der mächtigen Titans anfordern. Wenn man die riesigen Mechs zum ersten Mal vom Himmel herabstürzen sieht, ist Gänsehautatmosphäre angesagt. Auch bei den Titans gibt es mehrere Klassen: Von dünn gepanzert, aber sehr agil bis zum typischen Tank, der langsam, aber sehr stark gepanzert ist, reicht die Bandbreite der Klassen. Hier machen die Fähigkeiten wirklich viel Spaß. Besonders der Schild, der Kugeln und Geschosse aufhält und beim Deaktivieren auf unsere FeindInnen zurückschleudert, hat mir beim Spielen sehr viel Spaß gemacht. Damit die Titans aber nicht zu übermächtig werden, können feindliche PilotInnen sich mit gezielten Sprüngen auf diese schwingen und einen Rodeoritt wagen. Dabei kann der Titan selbst, falls ausgerüstet, Giftgas versprühen oder der/die Pilot/in aussteigen, um den Feind vom eigenen Titan herunterzuschießen. Die andere Variante, um einen Titan in die Knie zu zwingen, ist je nach Wahl ein bestimmter Raketenwerfer.
Die Titans sind natürlich der große Aufhänger des Spiels, und es macht ungemein viel Spaß, mit den riesigen Mechs über die Schlachtfelder zu stapfen. Damit ihr das auch einmal seht, hier ein Gameplayvideo mit einer ganzen Runde Hard Point (drei Punkte einnehmen und diese halten):
Kurzweiliges, aber kurzes Vergnügen
Titanfall ist quasi der Michael-Bay-Film unter den Multiplayer-Shootern. Es ist schnell, es kracht und explodiert dauernd etwas, und die Spawnzeiten sind so kurz, dass man kaum verschnaufen kann. Der taktische Anspruch ist nicht sonderlich hoch, da Zusammenarbeit wenig gefragt ist. Taktik braucht man eigentlich nur, wenn man gerade in einem Titan sitzt, denn dann sollte man versuchen, mit anderen Titans zusammenzuarbeiten. Egal, welchen Modus man von den sechs konservativ gehaltenen Modi (Capture the Flag, Team-Deathmatch, eine Art Conquest …) auch wählt, die Parteien dauern meist nicht länger als zehn Minuten – schnell raus, schnell rein.
NPCs, NPCs everywhere …
Alle Spielmodi können höchstens sechs gegen sechs gespielt werden, dafür gibt es viele NPCs, die sich zusätzlich zu den menschlichen AkteurInnen über das Schlachtfeld tummeln. Diese sind aber nur Kanonenfutter, denn die KI ist strohdumm: Sogar wenn man direkt vor ihnen steht und nichts macht, schaffen sie es kaum, einen umzubringen. Natürlich bringt ein Kill dieser NPCs weniger Punkte (nur einen Punkt). Ein Kill eines/einer PilotIn bringt hingegen vier, bei einem Titan sind es sogar fünf Punkte. Trotzdem gibt es schon jetzt viele SpielerInnen, die nur die Bots farmen und dann die Runden gewinnen, obwohl sie insgesamt gerade einmal zwei menschliche FeindInnen besiegt haben. Das tut dem Spiel nicht gut, da so noch weniger zusammengearbeitet wird und Frustmomente auftreten können. Zumindest füllen die NPCs die Maps, denn mit nur sechs gegen sechs SpielerInnen wären die Karten wie ausgestorben. Es bleibt aber doch ein fahler Beigeschmack, da es nicht möglich ist, z. B. 32 gegen 32 zu spielen.
20 Stunden – und dann?
Zu Beginn ist das Gameplay fantastisch, alles wirkt neu und frisch, und viele coole und noch unbekannte Situationen treten durch die Features von Titanfall auf. Nach 20 Spielstunden lässt der Glanz und auch die Langzeitmotivation trotz Herausforderungen und mehreren Upgrades jedoch ein wenig nach. Nicht umsonst wurden schon jetzt drei große DLCs angekündigt, die mit immer wieder eingestreuten Gratisinhalten komplettiert werden. Vor allem durch den fehlenden taktischen Anspruch bzw. das Fehlen von Zusammenarbeit sinkt die Dauermotivation. Das soll nicht heißen, dass Titanfall nach längerer Spielzeit keinen Spaß mehr macht. Es lässt aber ein wenig nach, und das hätte man mit komplexeren Modi oder Belohnungen bei einer Kooperation mit anderen SpielerInnen eventuell ausgleichen können.
Fazit
Titanfall ist perfekt für SpielerInnen, die von der Arbeit oder der Schule nach Hause kommen und ein paar schnelle Runden spielen wollen. Was die Komplexität und den taktischen Tiefgang angeht, ist das Spiel einem Call of Duty viel näher als einem Battlefield. Kurze, knackige Runden, eine große Portion Action und ein sehr hohes Spieltempo sorgen für rasante und coole Schlachten. Wer den schnellen Kick sucht, wird mit Titanfall enorm viel Spaß haben, denn die Neuerungen gegenüber den Genrekonkurrenten greifen schnell und gehen gut von der Hand. Ein erster Schritt in eine Multiplayer-Shooter-Revolution ist mit Titanfall gelungen. Auch wenn die gesamte Revolution noch nicht geglückt ist, ist es schön zu sehen, dass es EntwicklerInnen gibt, die versuchen, aus dem immer gleichen Trott herauszukommen und neue Ideen umzusetzen. Noch läuft nicht alles rund, aber das schmälert das große Ganze nur minimal. Ich werde Titanfall mit Sicherheit weiterspielen und noch viel Spaß damit haben!
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