War for the Overworld (PC) im Test

von Max Hohenwarter 31.03.2015

Es ist schön, (wieder) böse zu sein! Ab dem 2. April steht der finale Release-Build von War for the Overworld nach einer längeren Early-Access-Phase bei Steam endlich zur Verfügung. Ob es bei War for the Overworld ähnlich viel Spaß macht, sich die rabenschwarze Seele aus dem Leib zu reißen, oder ob ihr das Spiel getrost in einem tiefen Dungeon verrotten lassen könnt, lest ihr in meinem Test.

Die Geschichte vom Verfall des Bösen

Da die Essenz der Geschichte von War for the Overworld sich in einem Satz, nämlich „Gehe hin und tu Böses“, erklären lässt, lege ich hier kurz die Hintergründe offen, wie es dazu kommen konnte, dass das schwarzhumorige Echtzeitstrategie-Franchise Dungeon Keeper, das auch Vorbild für War for the Overworld war, unterging, und wie von anderen Spielen versucht wurde, den Thron allen Übels zu erklimmen.

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Todesstoß für ein Franchise: Dungeon Keeper Free-to-Play (Mobile)

Das Release des zweiten Teils der erfolgreichen Dungeon Keeper-Reihe liegt bereits 16 Jahre zurück, der offizielle Nachfolger Dungeon Keeper 3: War for the Overworld wurde im Frühjahr 2000 eingestampft und der gute Name des RTS-God-Games mit einer lieblosen Free-to-Play-Verwurstung von Publisher Electronic Arts vergangenes Jahr endgültig in den Dreck gezogen. Die Annahme, dass die Zeit, in der man sich lustvoll seinem bösen Treiben hingeben konnte, vorbei ist, war mehr als gerechtfertigt.

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Dungeons (PC)

Einige andere Spiele versuchten, die Nische, die der ikonische Horned Reaper hinterließ, zu füllen. Doch weder das durchaus gute Actionadventure Overlord, bzw. dessen Nachfolger noch die passable Kerkersimulation Dungeons konnten in Hornys gewaltige Hufstapfen treten und seinen Kultstatus erreichen.

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Overlord 2 (PC, PS 3, Xbox 360)

Ende 2012 starteten Subterranean Games, ein Studio, das sich aus ehemaligen Fans und Moddern der Dungeon Keeper-Serie zusammensetzt, eine Kickstarter-Kampagne. Das Ergebnis, War for the Overworld, steht nun hier auf dem Prüfstand.

Schmeckt doch eh alles nach Hühnchen!

KennerInnen des Original-Dungeon Keeper fühlen sich in War for the Overworld sofort heimisch. Haargenau wie im großen Vorbild grabt ihr ausgehend vom Kern eures Kerkers Gänge ins Erdreich und hebt Räume aus, die eure fleißigen Lakaien für euch erobern. Auf dem frisch annektierten Land baut ihr euren Monstern Unterkünfte zum Ausruhen, Baracken zum Trainieren und – damit ihnen der Magen nicht allzu sehr knurrt und weil ohnehin alles nach Hühnchen schmeckt – eine Babyschweinezucht. Bis auf die Namen bzw. die Hauptnahrungsquelle ist also alles wie gehabt. Sogar die Monster, die in euer Gewölbe ziehen, nachdem ihr ein Untergrundportal erobert habt, sind dem großen Vorbild schon sehr dreist „entliehen“. Die Funktion und Charakterisierung aller Wesen ist nahezu gleich geblieben. Der Goblin heißt Gnarling, der Schwarzmagier ist ein Kultist, und die ehemals in Lack und Leder gekleidete eiserne Jungfrau ist nun ein Sukkubus.  Da kommt die Frage auf, weshalb man überhaupt Geld für War for the Overworld ausgeben und nicht einfach nur das altehrwürdige Dungeon Keeper 2 entstauben und ins Laufwerk legen soll.

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Nun: Die EntwicklerInnen von Subterranean Games haben ein bisschen an der Feature- und besonders stark an der Mikromanagement-Schraube gedreht. So wird nun zwischen zwei Gattungen an Kreaturen unterschieden. Die Schergen kommen, wie bereits erwähnt, über Untergrundportale in euer dunkles Reich und wollen mit entsprechender Einrichtung, Nahrung, einem passenden Arbeitsplatz und Freizeitbeschäftigungen bei Laune gehalten werden. Die Bestien hingegen müsst ihr nicht lang bitten. Baut einfach eine entsprechende Höhle, versorgt sie mit Ferkelfleisch, und schon geben sich Stoßtruppen wie die Oculi oder die käferartigen Skarg zufrieden, wollen gar nicht mal bezahlt werden und kämpfen trotzdem, bis sie umfallen. Guter Deal.

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Begeistert von Crack, Pot und anderen Drogen

Die Raumvielfalt wurde auch etwas erweitert. So gibt es nun ein Laboratorium, in dem der sogenannte Crackpot-Gnarling Tränke braut, die ihr aktiv im Kampf einsetzen dürft, um Gegner einzufrieren oder eure Kobolde fleißiger arbeiten zu lassen.

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Eine weitere neue Einheit ist der sogenannte Hexendoktor. Er latscht den lieben langen Tag in der Phantomkammer herum und kommuniziert dort mit den Geistern eurer kürzlich im Kampf verstorbenen Untergebenen. Das macht er allerdings nicht, weil ihm langweilig und ein Psychiater zu teuer ist, sondern weil er schwächeren Kämpfern die Erfahrung dieser toten Seelen zukommen und sie so stärker werden lässt.

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Geöffnete Venen, feindliche Übernahmen und Faschiertes

Wie bereits erwähnt, müsst ihr in War for the Overworld einiges mehr an Mikromanagement erledigen. Reichte es in Dungeon Keeper 2 noch zu warten, bis die neuen Räume und Zaubersprüche nach und nach freigeschaltet wurden, müsst ihr in War for the Overworld schon selbst Hand anlegen und eure Venen des Bösen öffnen. Bevor das jetzt eine/r zu wörtlich nimmt und gedenkt, ein Rasiermesser mit in die Badewanne zu nehmen, lasst mich ausführen: Eure Kultisten studieren im Archiv Bücher, was euch sogenannte Sünden gewährt. Diese Punkte investiert ihr in drei Tech Trees – im Spiel die Venen des Bösen genannt – in neue Räume, Zaubersprüche, Tränke, Konstrukte oder Rituale.

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Die drei ersten sollten keine Fragen hinterlassen. Zu den Konstrukten zählt beispielsweise der Underminer – eine Bombe, mit der ihr Löcher in den feindlichen Dungeon sprengen könnt – oder Ersatzerde, mit der ihr Breschen, die eure GegenspielerInnen eventuell bei euch gesprengt haben, wieder schließen könnt. Die Rituale sind besonders mächtige Unterstützungszauber, die es euch zum Beispiel ermöglichen, sämtliche im Bau befindliche Verteidigungsanlagen sofort fertigzustellen.

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Apropos Verteidigungsanlagen: Bei den meisten dieser Fallen gibt es zwei Modi, wie sie gegen eure Angreifer eingesetzt werden können. Auch das müsst ihr mittels Klick selbst verwalten. Auch in der Folterkammer dürft ihr selbst die Peitsche schwingen und bestimmen, ob die malträtierten Gefangenen sich euch nach ihrer Tortur anschließen oder sie ihrer fleischlichen Hülle beraubt werden und fortan als Geister die Gegend für euch auskundschaften sollen.

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Ungeziefer im Kerker

Der von mir getestete Review-Build von War for the Overworld war in optischer Hinsicht schon ziemlich ansprechend. Die Räume und Schergen waren hübsch-hässlich und detailliert. Überall rührt sich etwas, wuseln Kobolde durch die klammen Gänge, werden Bücher gewälzt, hungern Gefangene in euren Käfigen und werden kurze Zeit später von den Sukkubi auf die Foltermaschinen gespannt. Die Wuselei im Kerker ist echt schön mitanzusehen und versprüht Leben. Auch die zynischen Sprüche des Kommentators, der euch beispielsweise darauf aufmerksam macht, dass Mama angerufen hat, um euch zu erinnern, euren Dungeon aufzuräumen, sind der bitterbösen und satirischen Atmosphäre sehr zuträglich!

Damit War for the Overworld aber diese Grafikpracht erreicht und die Texturen auch scharf dargestellt werden, solltet ihr schon einen potenten Rechenknecht besitzen. Sonst artet War for the Overworld ab einer gewissen Verliesgröße und vor allem in größeren Schlachten in eine Ruckelorgie aus, die der PC oftmals mit einem Crash quittiert. Das passierte übrigens gelegentlich auch einfach so – ohne erkennbaren Grund. Was auch störte, waren gelegentliche Grafikfehler und die oftmals etwas wirren Tooltipps, bei denen anstatt von richtigen Zahlenwerten und erklärenden Texten manchmal Rückstände des Codes, aber nicht die finalen Wörter zu lesen waren.

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Woran die EntwicklerInnen außerdem noch schrauben sollten, ist die Balance. Bereits in der fünften Kampagnenmission warf ich irgendwann das Handtuch, da die anstürmenden Gegnermassen für meine Popelmonster einfach zu stark und zahlreich waren und ich beim besten Willen keine Ahnung hatte, wie ich mein ohnehin schon vorsichtiges Vorrücken noch besser hätte gestalten können, um der Situation Herr zu werden. Auch der Sandboxmodus, in dem man sich seinen Traumdungeon basteln kann, sollte noch überarbeitet werden. Ihr verfügt zwar über alle Mittel, um euer Verlies mit allen Schikanen zu versehen, Fallen und Abwehranlagen zu bauen, aber beim unnützen Dungeon-Diorama bleibt es dann auch. Im Gegensatz zu Dungeon Keeper 2 habt ihr in War for the Overworld nicht die Möglichkeit, die Standhaftigkeit eurer Anlage zu testen, indem ihr Heldenstoßtrupps gegen eure Tore Sturm laufen lasst.

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Da Subterranean Games aber fleißig Feinschliff betreiben und erst kürzlich ein Patch veröffentlicht wurde, der vor allem die Performance etwas verbessert, bin ich guter Dinge, dass diese rauen Kanten bis zum Release bzw. kurz danach noch geglättet werden.

Fazit

Böse zu sein macht dank War for the Overworld endlich wieder richtig Spaß und erfordert anstatt Micropayments Geschick fürs Mikromanagement! Großes Lob an Subterranean Games, dass sie die Fans mit dem Spielprinzip der ehemals so großen Dungeon Keeper-Serie versöhnen, nachdem EA derartiges Schindluder mit der tollen Lizenz trieb und kein Potenzial mehr daraus zu schöpfen wusste. Der inoffizielle Nachfolger, War for the Overworld, kopiert das Gameplay zwar nahezu eins zu eins von Horny, aber das ist nach der langen Durststrecke, die FreundInnen gepflegter Kerkerverwaltung durchdrücken mussten, absolut okay. Immerhin fügten Subterranean Games ja einige neue Features hinzu, die auch geübte KeeperInnen vor genügend neue Herausforderungen stellen.

Wenn die EntwicklerInnen die letzten Makel noch ausbessern, kann ich Fans des Horned Reaper War for the Overworld nur wärmstens empfehlen. Auch Leute, die das tolle RTS-God-Game-Spielprinzip bisher verpasst haben, bekommen mit dem Spiel die Möglichkeit, das Böse in zeitgemäßer Optik für sich zu entdecken.

In diesem Sinn: Gehet hin und tut Böses!

Wertung: 8.5 Pixel

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