Wird VR das nächste große Ding? Ja, ABER …

von postbrawler 15.09.2016

Kaum ein Thema wird derzeit so gehyped, wie Virtual Reality. Man kann regelrecht von einem VR-Boom reden. Die Spieleindustrie will es, die Porno-Industrie will es, und wir KonsumentInnen haben zu wollen. Wird er nun endlich wahr, der große Traum vom Holo-Deck? Ist VR das nächste große Ding? Ich glaube ja, mit einem großen ABER …

VR - das nächste große Ding

Quelle: psvr.co.uk

Eine Geschichte voller Missverständnisse

Was wollte uns die Industrie nicht schon alles auf die Nase binden? Erst kam HD-ready, dann HD. Damit einher ging der Formatkrieg, Blu-ray oder HD-DVD? Erst unlängst kam 4K, bald schon wird 8K ein Thema sein. Dazwischen aber bitte noch HDR und Dolby Atmos. Alles natürlich mit hohen Anschaffungskosten verbunden. All diese schönen Dinge sollen unseren Medienkonsum noch brillianter, noch immersiver gestalten.

VR ist omnipräsent

Wo man hinschaut, auf der IFA, der E3, der gamescom prägen VR-Headsets das Bild

Parallel dazu steht aber noch eine andere Form des medialen Konsumierens vor dem Durchbruch: Virtual Reality! Wo man hinschaut, auf der IFA, der E3, der gamescom prägen VR-Headsets das Bild. Diese VR-Headsets versprechen uns in virtuelle Welten einzutauchen, die so noch nie zuvor erlebt werden konnten. Das stimmt schon mal nicht, denn VR-Headsets gab es schon in den 90er Jahren. Man denke nur an Nintendos größten Konsolen-Flop, den Virtual-Boy. Okay, damals war VR noch eine augenkrebserregende Angelegenheit mit flackernden Bildschirmen, mannshohen Pixeln und Reaktionszeiten aus der Hölle.

Heutige VR-Headsets versprechen ein flüssiges, hochwertiges Erlebnis gepaart mit passablem Tragekomfort. Zugegeben, die ersten Demos, die ich mit HTC Vive und Oculus Rift erleben durfte, ließen schon eine echte Unterhaltungsrevolution erhoffen. Wie jede neue Technologie steckt dieses Potenzial aber noch in den Kinderschuhen. In den kommenden Monaten muss es laufen lernen!

VR-Ready, HD-Ready – Future ready?

Mit Grauen erinnere ich mich an „HD-Ready“ zurück

Für mich fängt das ABER schon bei den Begrifflichkeiten an: VR-Ready! Hardware, die heute gekauft wird hat VR-Ready zu sein! Denn schließlich ist das die Zukunft, und man will ja nicht rückständig sein. Mit Grauen erinnere ich mich an „HD-Ready“ zurück. Ein sogenanntes Qualitätssiegel, das Fernsehgeräten der frühen 2000er High-Definition-Tauglichkeit attestierte. HD stand aber, und tut es auch heute noch, nicht zwingend für Full-HD (1080p). Die meisten Übertragungswege waren gar nicht darauf ausgelegt Full-HD-Bilder mit passablen Bildwiederholungsraten zu übertragen. Bis zum heutigen Tage werden die meisten Fernsehsendungen in 720p ausgestrahlt, und dann lediglich hochgesampelt.

Motion-Sickness als Reaktion auf schlechtes VR

Es müssen noch schärfere, noch schnellere Bilder her

Ein ganz ähnliches Problem hat VR. Full-HD mag ja scharf genug wirken, wenn man es aus 5 Metern Entfernung betrachtet. 5 Zentimeter vor den Augen und Blickfeld-füllend hingegen wirken 2 Megapixel wie ein pointilistisches Gemälde. Auch die Framerate spielt eine entscheidende Rolle, wenn es darum geht unserem Hirn eine virtuelle Welt vorzugaukeln. Sobald es ruckelt, laggt oder schliert leiden wir unter Motion-Sickness. Das Gehirn merkt dann, dass etwas mit dem Signal nicht stimmt, das die Augen ihm zusenden, und reagiert mit Übelkeit oder Kopfschmerzen.

Es müssen also noch schärfere, noch schnellere Bilder her. Der HDMI-Standard kommt diesem Wunsch in der Version 2.0 bereits nach, und lässt die Übertragung von 4K-Bildern in 60p und 10-Bit Farbkodierung (HDR) zu. Leider nur kabelgebunden, denn drahtlose Übertragung scheitert an der Datendurchsatzrate und der resultierenden Latenz. Unsere Gaming-Headsets hängen also vorerst mit einem Kabel am Gaming-PC oder der Konsole. Die Bewegungsfreiheit ist entsprechend eingeschränkt. Das mag vielleicht mitunter ganz hilfreich sein, wenn es um ein weiteres VR-Problem geht: Die Verschränkung von echter und virtueller Realität. Doch dazu später mehr.

Die Berechnung virtueller Welten

Der Omen X von HP wird VR können, aber wer hat den Platz dafür?

Der Omen X von HP wird VR können, aber wer hat den Platz dafür?

Bevor man diese hochgezüchteten Bildinformationen übertragen kann, muss man sie erst einmal generieren. Das ist nicht so tragisch, wenn es sich dabei um vorgerenderte Sequenzen oder 3D-Videos handelt. Videospiele setzen aber Interaktivität voraus. Das Gezeigte muss auf Eingaben und Bewegungen reagieren können. Daher müssen VR-Games in Echtzeit berechnet werden.

Für VR ist die 16-fache Rechenleistung von normalem HD nötig

Genaugenommen müssen sie sogar zweimal berechnet werden, denn Stereoskopie setzt zwei Perspektiven, für jedes Auge eine, voraus. Wenn viermal so große Bilder in doppelt so vielen Frames pro Sekunde für zwei Perspektiven berechnet werden müssen, kommen wir nach Adam Riese auf die 16-fache Rechenleistung, die für eine herkömmliches 1080p30 Bild notwendig ist. Die wenigsten gängigen Rechner sind in der Lage derart komplexe Szenerien zu berechnen, schon gar nicht eine handelsübliche Playstation 4. Es muss also getrickst werden. Oft werden die nötigen 60fps nicht erreicht, die Bilder werden von 720p hochgesampelt, oder die Grafikqualität der virtuellen Welt muss Abstriche in Kauf nehmen. Die Plausibilität der virtuellen Realität leidet.

KonsumentInnen sind skeptischer geworden

Dazu kommt, dass die erste Generation von VR-Brillen sperrige, schwere Trümmer sind. Bereits nach wenigen Minuten Spielzeit zwickt es irgendwo und man fängt an zu schwitzen. Unglaubwürdige Bilder und eine Brille, die sich nur schwer wegleugnen lässt – all das trägt dazu bei, dass virtuelle Realität bis dato nicht der Demo-Phase entwachsen ist. Die KonsumentInnen sind vorsichtig geworden. Nachdem weder 3D noch 4K sich als die nächsten großen Dinger etabliert haben, steht man VR bei allem Hype erst einmal skeptisch gegenüber.

Heutige VR-Brillen sind sperrige, schwere Trümmer

Auch die Risiken von VR wurden sozial noch kaum thematisiert. Die Sucht nach virtuellen Welten ist schon auf klassischen Medien ein sehr Ernstes. Wie wird das erst, wenn VR einmal salonfähig ist? Auch die Verletzungsgefahr ist nicht ganz trivial, denn der virtuelle und der reelle Raum müssen sich nicht zwangsläufig gegenseitig begünstigen. Wer sich noch an die Wii-Damage-Bilder erinnern kann, weiß was gemeint ist: Wii-Remotes, die in Wänden und Fernsehern steckten. VR-Damage könnte noch viel dramatischer ausfallen, wenn es diesmal die eigenen Gliedmaßen sind, die mit der Härte der Realität konfrontiert werden.

Warten auf V2.0 lohnt sich

PS4 VR Morpheus PSVR Sony

Ich persönlich werde das Thema VR zwar mit großem Interesse verfolgen, aber sicher nicht zu den Early-Adoptern gehören. Auf der gamecity habe ich mir bereits einen Slot in der Playstation VR Lounge gesichert. Vielleicht bekommen wir auch ein Testgerät zur Verfügung gestellt. Selbst kaufen werde ich mir ein VR-Headset aber erst, wenn die zugrundeliegenden Rechner erschwinglich sind, die Datenübertragung reibungslos funktioniert, und die virtuellen Welten keinen Zweifel mehr daran lassen, dass VR das nächste große Ding der Zukunft ist!

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[…] Doch naiv wäre, wer glaubt, dass Virtual Reality nun ihren Zenit erreicht hätte. Es geht gerade erst los. Die erste Generation der Hardwarebrillen ist noch von so mancher Kinderkrankheit geplagt. Schwerfällige Handhabung, mangelnde Software und nicht zuletzt die Kabelgebundenheit machen VR aktuell noch zu einer Spielwiese für Early Adopter. […]

[…] Stillstand oder gar Deflation kann also keine Rede sein. Und die Zukunft steht mit VR gerade erst in den Startlöchern. Auch von Headsets wie der Oculus Rift, der HTC Vive oder Playstation VR erwarten sich Analysten […]

[…] am Stand mir eine volle Dreiviertelstunde Demo-Time einräumten. Ich muss gestehen mit denkbar niedrigen Erwartungen an das Thema VR auf der PS4 herangegangen zu sein. Und die Brille vermochte diese zu übertreffen. Klar, die üblichen […]

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