Assassin’s Creed Mirage Test (PS5): Die Rückkehr zu den Stealth-Wurzeln
Das neueste Assassin’s Creed Mirage kehrt in vielerlei Hinsicht zurück zu den Anfängen der Serie. Lest unser Review!
In Ubisofts aktuellstem Assassinen-Abenteuer schlüpft ihr anlässlich des 15. Jubiläums der Assassin’s Creed-Serie in die Haut von Basim Ibn Is’haq. Er ist ein kleiner Ganove mit großen Ambitionen, und wem der Name bekannt vorkommt, das ist kein Zufall. Denn Fans von Assassin’s Creed Valhalla (zu unserem Test) wissen, wer er ist, und Mirage kehrt zum Ursprung der Erfolgsreihe zurück. Ihr erlebt die Entwicklung vom Leben als Straßendieb bis zum vollwertigen Mitglied des Assassinenordens. Uns erwartet eine Hommage an die ersten Stunden der Serie – und mich persönlich als glühender Fan der ersten beiden Teile hat das enorm gefreut! Daher habe ich mich für ein optimales Erlebnis mit einem LG OLED-Fernseher und einem Sony INZONE H9-Headset ausgerüstet. Legen wir also los und sehen uns an, wie der aktuelle Teil so losgeht!
Euer Start in Mirage
Assassin’s Creed Mirage entführt uns ins prächtige Bagdad des 9. Jahrhunderts. Wir begleiten Basim in seinen jungen Jahren als Straßendieb, als er plötzlich durch eine Verkettung von Umständen auf die Verborgenen trifft. Sein Stolz, unbedingt beweisen zu wollen, dass er für Größeres geboren ist, trifft auf eine mysteriöse Organisation, die noch über dem Kalifat zu stehen scheint. Spannend: Ursprünglich als Erweiterung für Assassin’s Creed Valhalla gedacht, wuchs die Idee so stark, dass sich ein eigenständiges Spiel entwickelte – eine Hommage an den Beginn der Serie. Der Fokus liegt, ganz wie damals, stärker auf Parkour, Stealth und Attentaten. Übrigens ist Mirage zeitlich vor Valhalla angesiedelt, ihr müsst es zuvor aber nicht gespielt haben.
In den ersten Spielstunden erlernt ihr also alles, was man für das Überleben in Bagdad so braucht. Während ihr frei durch die Umgebung streift, könnt ihr mittels Druck auf die Dreieck-Taste unaufmerksame Bürger bestehlen. Ein Mini-Game – drückt Dreieck im richtigen Moment – entscheidet dabei über Erfolg oder Misserfolg, da kommt ihr schnell rein! Im Rahmen des Tutorials lernt ihr auch das Adlerauge kennen, eine Fähigkeit, dank der ihr all eure Feinde farblich markieren könnt. Mehr noch: Wenn jemand einen wichtigen Gegenstand wie einen Schlüssel oder Ähnliches bei sich trägt, wird das ebenfalls markiert. Sehr übersichtlich und einsteigerfreundlich präsentiert sich Assassin’s Creed Mirage da, das ist äußerst löblich.
Über das Leben in der Stadt
Der arabische Schauplatz setzt sich aus verschiedenen Umgebungen zusammen. Ruhige Landstriche, trockene Wüsten, aber auch traumhafte Oasen und verlassene Ruinen werden euch während des Spieldurchlaufs begegnen. Ein Highlight für Fans der Serie ist die Bergfestung Alamut, die sich in Assassin’s Creed Mirage (zur offiziellen Website geht es hier) noch mitten im Ausbau befindet. Doch den Löwenteil des Spotlights verdient eindeutig Bagdad. Prächtig sieht sie aus, die Bevölkerung sorgt dafür, dass so gut wie alle Straßen mit Leben gefüllt werden, und enge Gassen sowie die zahlreichen Dächer laden zum Parkour-Schnelldurchlauf ein. Es macht richtig Spaß, sich in diesem Spiel zu bewegen, und dementsprechend braucht man einen fähigen Hauptcharakter.
Basim verlor schon in jungen Jahren seine Mutter, sodass er allein auf den Straßen Bagdads aufwuchs. Er kämpft mit inneren Konflikten und weiß nicht genau, wer er eigentlich ist. Auf der Suche nach Antworten wird er von den Verborgenen aufgenommen und ausgebildet. Er lernt, mit bestimmten Werkzeugen umzugehen, und entwickelt scharfsinnige Fähigkeiten, um seine Ziele aufzuspüren und zu eliminieren. Für seine Ausbildung ist größtenteils seine Mentorin Roshan verantwortlich. Sie begleitet ihn bei seinen ersten Schritten und führt ihn langsam in die Bruderschaft ein. Nach kurzer Zeit stellt sich heraus, dass der junge Novize zu den flinksten und einfallsreichsten Assassinen zählt und besondere Begabungen nutzen kann.
Alle Fertigkeiten sind wichtig
Der Beginn des Spiels führt euch in Windeseile in die Kultur Bagdads ein. Da gibt es den Kalifen, der als mächtigster Mann Bagdads gilt, der über alles die Oberhand hat. Während ihr als kleiner Straßendieb durch die Gassen schlendert, könnt ihr euren eigenen Beutel durch geschickte Taschendiebstähle auffüllen. Das ist zwar grundsätzlich zu empfehlen, gleichzeitig aber immer mit einem gewissen Risiko verbunden. Doch auch bei den Hauptaufgaben gibt es immer wieder Abwechslung, es wird auf alle Fälle nicht langweilig. Denn wie in vergangenen Spielen der Serie gibt es wieder optionale Nebenaufgaben, die währenddessen für mehr Erfahrung oder andere Boni erledigt werden können.
Beispielsweise: Versucht, nicht entdeckt zu werden, schaltet fünf Wachen mit Wurfmessern aus, betäubt drei Gegner mit einer Rauchbombe. Gleichzeitig dürft ihr auch unbedarfte Figuren stets um ihre Beutel erleichtern, die mal mehr und mal weniger gut gefüllt sind. Ob Geld, bestimmte Münzen, Herstellungsmaterialien und spezielle Schätze, alles kann euch von Nutzen sein. Und je nachdem, wie wertvoll die Beute ist, desto kleiner ist das Zeitfenster, um den Diebstahl mittels Druck auf die Dreieck-Taste durchzuführen. Bei dieser Mechanik muss man im richtigen Moment die Taste drücken, um den angezeigten Bereich zu treffen – leicht zu lernen, und auch leicht zu meistern.
Der Kampf in Mirage
Schon früh im Spiel wird euch klar gemacht: Gegen die gut ausgebildeten und bewaffneten Wachen hat man im Idealfall immer das Überraschungsmoment auf seiner Seite. Dementsprechend ist Assassin’s Creed Mirage so gestaltet, dass der Kampf immer schwieriger wird, je mehr Gegner sich rund um euch versammelt. Hier wird der Assassine in euch ganz, ganz wichtig – denn wer sich gut auf das Schleichen versteht, kann auch gut gepanzerte Widersacher mit nur einem Hieb aus der Gleichung nehmen. Dabei sind natürlich neben eurem Dolch und eurem Schwert alle Dinge behilflich, die sich so in eurem Repertoire befinden, etwa Wurfmesser, Rauchbomben, Schlafpfeile, Fallen und auch die gute alte akustische Ablenkung.
Allerdings solltet ihr mit euren Gelüsten nach Mordfällen etwas haushalten. Denn je mehr Wachen ihr auf eurem Pfad erledigt, umso genauer werden euch die Feinde im Auge behalten. Auf der ersten Stufe werden Steckbriefe aufgehängt, und Zivilisten können euch bei Wachen melden. Erlangt ihr die zweite Stufe, gibt es noch mehr Steckbriefe, und zusätzlich drehen Bogenschützen ihre Runden auf den Hausdächern. Außerdem fallt ihr Wachen leichter auf, und auf der dritten Stufe kommt die Elite namens Shakiriyya ins Spiel. Um eure Bekanntheit wieder zu senken, könnt ihr Bestechungen durchführen, Steckbriefe zerreißen und in der Menge untertauchen. Das solltet ihr auch tunlichst machen, um nicht unnötig viel Zeit zu verlieren!
Missionen und mehr
Neben den bereits erwähnten Nebenmissionen stehen euch abseits der Hauptaufgabe auch andere Dinge zur Verfügung, die es zu erledigen gilt. Die verschiedenen Gruppen in Assassin’s Creed Mirage können euch immer wieder kleine Aufgaben stellen, die ihr erledigen und euch dadurch ein paar Gefallensmünzen erarbeiten dürft. Solche Gefallen könnt ihr dann auf vielerlei Weise wieder einfordern, um etwa Wachen abzulenken, sie bekämpfen zu lassen oder gar Zutritt an Orte zu bekommen, die ihr anders nur mit mehr Mühe erreichen könntet. Aber auch kleine Geschichten aus Bagdad, sechs verlorengegangene Bücher, Edensplitter zum Sammeln und auch unterschiedliche Gegenstände und Ressourcen sorgen für Langzeitmotivation.
Denn ihr könnt nicht nur neue Rüstungen, Outfits und Waffen während eures Durchspielens freischalten, es gibt auch Upgrades. Wenn ihr mit den Schmieden in der Stadt sprecht, könnt ihr eure versteckte Klinge, euer Schwert und euren Dolch aufrüsten, was Schaden und auch die Defensivfertigkeiten angeht. Selbstverständlich könnt ihr auch eure Kleidung ein wenig aufbessern, wenn ihr dies wünscht – da gibt es einige Optionen! Während ihr der Hauptstory folgt, wird Basim ständig stärker. Es gibt auch Fähigkeitspunkte zu verteilen, die ihr im Fertigkeitenbaum frei ausgeben dürft. Worauf ihr euch dann fokussieren wollt, ist vollkommen euch überlassen, aber jede Entscheidung wirkt sich irgendwie lohnend auf euer Gameplay aus.
Ein Assassin’s Creed wie immer
Ich sage es gleich einmal frei heraus: Wer die Assassin’s Creed-Reihe seit Anbeginn verfolgt, weiß, dass hier eine Multitüde an Ideen ausprobiert wurde und die Serie irgendwo ein wenig mit der eigenen Identität hadert. Zwischen der Animus-Idee von den Originalteilen, dem Ausflug ins Piratenleben mit Black Flag, und nun die geschichtlichen Exkurse zwischen Odyssey, Valhalla und nun eben Mirage gibt es vieles, das sich schon zum x-ten Male wiederholt. Für Fans ist das natürlich das spielerische Äquivalent zum comfort food – ihr werdet mit nichts überrascht oder gar überrumpelt, und alles ist ganz ähnlich dem, was man zuvor genossen hat. Bagdad im 9. Jahrhundert ist echt fein gelungen, keine Frage, aber die ganz großen Neuerungen bleiben aus.
Die Grundzutaten sind eben die selben, die schon für den Erfolg der Serie verantwortlich waren. Es macht Spaß, sich Zutritt zu Tempeln und Konsorten zu verschaffen, mögliche Wege auszukundschaften (nicht zuletzt mit der Hilfe eures Begleit-Adlers) und nicht zuletzt auch die Attentate selbst durchzuführen. Natürlich gibt es Unterschiede zu anderen Titeln, ihr seid in Mirage nicht der ultimative Schwertkämpfer, der es mit jeder Armee aufnehmen kann. Seid ihr aber mit dem wiedererstarkten Fokus auf Stealth und Hinterhältigkeit einverstanden, so spielt ihr mit Assassin’s Creed Mirage definitiv einen der stärksten AC-Teile überhaupt. Mir gefällt, dass ihr durch das Verstärken von Fertigkeiten und Hilfsmitteln das Game an euren Stil anpassen könnt.
Interessantes und Mechaniken
Das wird nämlich unter anderem durch drei Fertigkeitenbäume ermöglicht, die sich Schatten, Trickser und Jäger nennen. Ersterer verstärkt eure Kampf- und Assassinenfähigkeiten, der zweite Baum konzentriert sich auf euer Überleben und eure Taschendiebfertigkeit, und die dritte Spezialisierung ist für eure Übersicht und das Teamwork mit eurem Adler Enkidu verantwortlich. Er hilft euch dabei, die nächsten Questziele und Aussichtspunkte zu finden und zu markieren, damit ihr euch in der Welt rund um Bagdad nicht verlauft. Erklimmt ihr einen solchen Turm, synchronisiert ihr euch ganz Assassin’s Creed-like damit und könnt zukünftig auch zum besuchten Aussichtspunkt schnellreisen. Das macht die langen Wege wesentlich erträglicher!
Natürlich ist es auch wieder möglich, wie in den Vorgängern oder auch Metal Gear Solid einzelne Wachen abzulenken. In Assassin’s Creed Mirage macht ihr das durch Pfeifen, während ihr versteckt bleibt, so lockt ihr Widersacher zu euch und eurer Klinge. Solltet ihr einmal in einen Kampf verwickelt werden und dabei verwundert werden, hebt das Spiel dann automatisch Möglichkeiten zur Heilung hervor. Das kann in Form von Elixieren, aber auch durch Beeren, Früchte und Mahlzeiten aus Pfannen und Töpfen passieren. Während euren Nachforschungen müsst ihr die Übersicht über die einzelnen Indizien behalten, das gefällt den Detektiv-Fans unter euch bestimmt – da gibt es ein eigenes Menü, worin alles fein säuberlich festgehalten wird.
Die Technik von Mirage
Beginnen wir mit der Grafik des Titels. Assassin’s Creed Mirage sieht in Bewegung unglaublich toll aus, und besonders erwähnenswert ist die Architektur von Bagdad und den Umgebungen. Das Team von Ubisoft hat es geschafft, die Stimmung und Kultur perfekt einzufangen und optisch zu präsentieren. Die unterschiedlichen Biome sind farblich gut voneinander getrennt und leicht zu unterscheiden, das sorgt für Stimmung binnen Sekunden. Auch die Animationen der Hauptfiguren können sich mehr als nur sehen lassen, während des Spiels kommt keine Sekunde irgendwo eine Ermüdungserscheinung auf. Eine Schwachstelle, wenn man so will, sind die Zwischensequenzen, da wirken die still stehenden Figuren dann teilweise ein wenig … leblos.
Höchstnoten gibt es bei der Soundabteilung, denn hier hat das Team von Ubisoft ganze Arbeit geleistet. Die Soundstage ist ein Wahnsinn, gerade in den verwinkelten Gassen von Bagdad schallen die Stimmen der Einwohner:innen und Wachen von überall her. Gespräche überlagern sich mühelos mit den Soundeffekten dessen, was ihr gerade tut – das ist richtig cool. Beim Handling ist Assassin’s Creed Mirage zwar grundsätzlich vorbildlich unterwegs, allerdings habe ich gerade bei der Vorzeige-Mechanik, dem Parkour im Spiel, so manches Mal meine Probleme gehabt. Basim wollte nicht immer zu 100 % dort hin, wo ich hin wollte, was dann zu kleinen Extrarunden geführt hat. Auch auf der Flucht war das teilweise der Fall, das fiel mir auf.
Gut verdaulicher Leckerbissen für Fans
Wie bereits erwähnt: Assassin’s Creed Mirage erfindet das Rad beileibe nicht neu, sondern legt die Serie gewissermaßen neu auf. Der Fokus liegt ganz klar auf den ersten Teilen des Franchise, wo man sich noch auf Schleichen, Parkour und Attentate konzentriert hat. Weniger ein RPG wie Valhalla und mehr ein AC-Titel wie Teil eins bis drei, das gibt es hier in destillierter Form. Dementsprechend dürft ihr euch keinen 100-Stunden-Titel erwarten, sondern eher etwas rund um die 20 bis 30 Stunden – dann habt ihr alles im Spiel gesehen. Das spricht aber meiner Meinung nach dem Game nicht seine Qualitäten ab, denn obwohl die Story manchmal recht zügig vorangetrieben wird, wird es niemals langweilig und es gibt trotzdem immer etwas zu tun.
Technisch kann man dem Titel kaum einen Vorwurf machen, die Architekturen und die Klangbühne sind einfach eine Wucht. Schwächen wie die manchmal ungenaue Steuerung oder auch die teils steifen Figuren in Gesprächssituationen sind vergessen, wenn es so richtig zur Sache geht und ihr Hinweise auf euer nächstes Ziel sucht oder einen Weg zu eurem nächsten Opfer auskundschaftet. Assassin’s Creed Mirage (ursprünglich als Valhalla-DLC geplant) bedient sich hier klarerweise stark bei seinen Vorgängertiteln, Fans der Serie wissen also schon genau, was auf sie zukommt. Das Setting ist jedenfalls sehr gut umgesetzt (optionale arabische Sprachausgabe inklusive), und ich habe meine Zeit in Bagdad unter dem Strich echt genossen.