Journey (PS3) im Test #ThrowBackThursday
Journey schickt euch wortwörtlich in die Wüste. Vormals nur für PS3 erhältlich, gibt es nun auch eine Edition für PS4 (zum Testbericht geht’s übrigens hier) – die Collector’s Edition umfasst sogar drei Titel. Von den Machern von flow und flower (eben jene beiden Spiele, die zusätzlich in der CE enthalten sind) stammt das Spiel Journey (hier geht’s zur offiziellen Website), das euch mit auf eine Reise nimmt, die euch faszinieren, entführen oder auch schlichtweg kalt lassen kann. Ich habe mich erneut in die andersartige Welt begeben und berichte euch nun von meinem Trip auf der PS3!
Willkommen im Wüstenwind
Zur Handlung hinter Journey ist am Beginn nur wenig bekannt. Ihr steuert einen Nomaden durch die Wüste, und da es keinerlei Mimik in den wenigen Gesichtern abzulesen gibt, müsst ihr euch rein auf die Animationen verlassen. Hier kann Journey voll punkten, und es steht immer außer Zweifel, was gerade passiert, selbst, wenn im gesamten Spiel kein einziges Wort gesprochen wird! Nach und nach wird euch durch Zwischensequenzen am Ende der jeweiligen Levels die Geschichte erläutert, und je nachdem, wie gründlich ihr beim Erforschen der einzelnen Levels seid, macht das Gesehene mehr oder weniger Sinn.
Euer Held, eure Heldin – Fantasie ist in Journey gefragt
Erforschen ist Pflicht
Ihr steuert einen Nomaden oder eine Nomadin, der/die ganz in Rot gehüllt durch die Wüste stapft. Allerdings ist stapfen das falsche Verb, im Prinzip surft euer Hauptcharakter geradezu durch die Dünen zwischen den kleinen Zielen, die euch durch intelligente Kameraführung immer wieder subtil angezeigt werden. Ganz wie in flow und auch flower von thatgamescompany geht es in Journey nicht darum, möglichst schnell irgendwohin zu gelangen oder möglichst viele Feinde zu töten, vielmehr ist in diesem Spiel der Weg das Ziel. Ob ihr nun erforschen wollt oder lieber andächtig dem Wind lauschen möchtet, möglichst viele Embleme an eurem Schal sammeln werdet oder aber wiederum den anderen Charakteren folgen und ein bisschen zur Seite stehen mögt, alles ist möglich. Wie sieht dies nun aus?
Nachdem ihr die Steuerung erklärt bekommen habt (durch Bilder übrigens, es fällt in Journey kein einziges Wort bis auf die Einverständniserklärung zum Onlinespiel), lauft ihr zum ersten Zielpunkt, wo euer Held in Rot einen Schal erhält. Auf diesem Schal sind mystische leuchtende Symbole eingraviert, und wenn ihr einmal springt, sind diese Symbole fort. Zum Glück könnt ihr diesen Schal immer wieder auffüllen, und diverse Verlängerungsboni in Form von weißen Upgrades sind in jeder Ecke der Wüste (sofern sie nicht rund ist) zu finden. So springt und hopst ihr von Düne zu Düne, surft ein wenig im Sand herum und genießt den Wind und dessen Geräusche. Heimkinobesitzer werden sich öfter als nur einmal umdrehen, ob der Windstoß von eben nun echt war oder nicht. Das Spiel lotst euch zu bestimmten Abschnitten, in denen es ganz wie in flower gilt, Fokuspunkte zu berühren. Das sind dieses Mal keine Pflanzen und Blumen, sondern Stangen und kleine Altare. In Journey müsst ihr aber nicht jeden einzelnen abklatschen, ihr dürft auch eine Art kugelförmigen Schrei loslassen, der wiederum seine Wurzeln im Angriffsmuster aus flow bezieht. Dieser Ruf breitet sich aus und gilt als Berührung.
Wenn es also gilt, eine im Wind flatternde Stoff-Flagge umzufärben, könnt ihr entweder darauf hüpfen und euer Geschick im Fahnensurfen erproben, oder aber daneben stehen bleiben und einen großen Ruf loslassen. Habt ihr dann die Flagge umgefärbt, wurde damit eine Art Schalter betätigt, und es geht weiter mit der Reise. Journey macht neben einem unglaublichen Erlebnis in der Wüste einen weiteren Punkt goldrichtig: Es nimmt euch zwar ein bisschen an der Hand, aber keineswegs zu viel. Ihr bestimmt selbst, wie schnell der Fortschritt in Journey vonstatten geht und nicht die KI – ein angenehmes Kontrastprogramm zu diversen Titeln der letzten Zeit. Auch das Erforschen geht wie nebenbei, und es wäre schön, wenn sich mehrere Spieleschmieden bei thatgamescompany bedienen würden.
Wohin ihr auch geht, das Freiheitsgefühl ist überwältigend
Optisch und akustisch hervorragend
Nach einem kurzen, aber stimmungsvollen und beeindruckenden Video steht ihr mit eurem Charakter schon in der Wüste. Ist dies langweilig? Mitnichten – das richtige Wort wäre eher meditativ. Der Wind nimmt einzelne Sandkörner mit auf seinen Bahnen, wenn ihr euch bewegt, schieben die Füße des Hauptcharakters schöne Wellen in die bereits liegenden Sandschichten, und die Fernsicht in Journey ist gewaltig. Abwechslung kommt wider Erwarten nicht zu kurz, so ragen Felsmonumente aus dem ewigen Sand hervor, eine Art Wirbelsäulenformation liegt herum, die ihr wahlweise erklimmen oder ignorieren könnt und die Animation des Protagonisten ist sowieso butterweich. Selbst wenn ihr eine selbst ablaufende Sequenz betrachtet und den nahtlosen Übergang zum Spiel wieder einmal verpasst, entschädigt die Optik die Augen.
Warum bei thatgamescompany so viel Wert auf Ästhetik gelegt wird, erklärt sich rasch: Selten hat eine Wüstenlandschaft so beeindruckend ausgesehen wie in Journey. Der Sound ist fast noch beeindruckender: Es wird ähnlich wie in den ersten Minuten des Animationsfilms WALL•E kein Wort gesprochen, und alles läuft rein über die Bildgewalt und Soundkulisse ab. Egal, ob ihr kleine Rufe zur Orientierung mit anderen verwendet oder manchmal einfach so zur Abwechslung einen großen lauten Ruf startet, gemächlich durch den Sand surft oder euch spielerisch mit den herumfliegenden Plaketten vergnügt, die euren Schal wieder mit Emblemen füllen: Es ist kaum zu glauben, welche Verspieltheit das Gesamtpaket Journey auslösen kann. Sand bleibt übrigens nicht die einzige Witterung, die euch entgegenschlagen wird.
Einfacher geht‘s nicht
Schon wie in den Vorgängertiteln flow und flower gibt es hier nicht allzu viele Worte zu verlieren, weil alles so einfach gestrickt ist. Mit der X-Taste springt ihr, aber nur, so lange euer Schal Symbole hat, ansonsten hat es sich kurzerhand ausgehüpft. Mit der Kreis-Taste ruft ihr, und wenn ihr die Taste gedrückt haltet, kommt ein großer kugelförmiger Ruf zustande. Mit dem linken Stick bewegt ihr euch, und mit dem rechten Stick (optional auch per Neigen des PS3-Controllers) könnt ihr die Kamera verstellen. Das war‘s auch schon. Das Einzige, was vielleicht über die Gesamtdauer des Spiels auffällt, ist, dass ihr fast schon zu viel Zeit am Boden verbringt, und das Gehen ist im Vergleich zum Schweben ziemlich langsam. Das ist aber auch Sinn und Zweck von Journey: Runterkommen und gemütlich stapfen anstatt hetzen und durch die Stages jagen.
Ihr seht richtig: Zwei Mäntel im Sand
Zu zweit im Sand
Nahtlos ins Spiel integriert, wurde die Lösung, mit anderen zu spielen. Ihr könnt euch eure FreundInnen mit ins Wüstenschiff holen und beispielsweise zu zweit durch die Landschaften wandern. Damit nicht genug, warten auch noch Multiplayer-exklusive Trophäen auf euch, wenn ihr etwa den Großteil des Spiels mit dem/der selben PartnerIn durchzockt oder mit einer/m PartnerIn etwa eine halbe Minute im Sand sitzen. Auch mehrmaliges Durchspielen wird mit einer Trophäe belohnt.
Zum Leben erwacht
Noch nie hatte eine Wüste in einem Videospiel zuvor so lebendig ausgesehen und soviel zu bieten. Überall tut sich was, und während man bei einem Wüstensetting eher an gähnende Langeweile denkt, so überrascht Journey hier auf ganzer Linie. Was hier auf die SpielerInnen einwirkt, ist vielmehr eine Mischung aus stressfreiem Spiel, einer optisch glänzenden Präsentation und einer etwas fremd wirkenden Kultur. Das kann aber auch daran liegen, dass die Gesichter nur aus Piktogrammen bestehen und sozusagen keine Mimik erkennen lassen. Allerdings ist das Sounderlebnis gerade mit einer 5.1-Anlage absolut erlebenswert und lässt GamerInnen nur allzu schnell in seinen Bann versinken. Verständlich: Journey glänzt mit seiner Einfachheit und der Abwesenheit von übertriebenen Effekten. ShooterfreundInnen und AnhängerInnen der „echten“, schnellen Spiele werden aber verständlicherweise bloß die Nase rümpfen, vermutlich ganz so, wie sie es schon bei flow und flower getan haben.
Faszinierend und meditativ
Journey: Eine unvergessliche Reise
Ich hatte nicht viel erwartet, einerseits, weil ich Journey nicht wirklich einschätzen und ich mir keinen Reim drauf machen konnte, was mich an diesem Spiel überraschen würde. Ehrlicherweise dachte ich an einen flower-Klon im Wüstensetting, doch ich wurde angenehm überrascht.
Ihr benötigt genau zwei Tasten zum Spielen, und das Erforschen wird durch das optionale Verlängern des eigenen Symbol-Schals gefördert und belohnt. Gewisse erzählerische Kniffe machen Journey zum absoluten Erlebnis, nicht zuletzt wegen der klasse animierten und optisch sehr feinen Wüste. Trotz der relativ kurzen Spielzeit eines Durchgangs von zwei Stunden lasst euch Eines gesagt sein: Journey ist eine beeindruckende Reise.