Dragon Quest 8: Die Reise des verwunschenen Königs im Test
Ein verwunschenes Schloss, eine verzauberte Königsfamilie, ein böser Magier und ein edelmütiger Held – In Dragon Quest 8 sind alle wichtigen Elemente einer Grimm’schen Erzählung vorhanden. Und auch der Titel klingt, als wollte uns das Spiel in ein Märchen entführen. Falls es eines ist, dann ein außergewöhnlich langes, in dem jede Menge freundliche Schleimtropfen, Paprikaspießchen und Einhornhäschen bezwungen werden wollen.
Spannung durch Flashback?
Wir starten das Spiel als namenloser Held in Begleitung eines verhutzelten grünen Wichts, eines weißen Pferds, und eines dicklichen ehemaligen Banditen. In der nächstgelegenen Stadt sollen wir eine Antwort darauf finden, wie der schreckliche Fluch gebrochen werden kann. Welcher Fluch? Ich habe ganz vergessen zu erwähnen, dass der grüne Wicht und das weiße Pferd in Wirklichkeit König und Prinzessin eines Reichs sind, das von einem bösen Zauberer namens Dhoulmagus verwunschen wurde. Diese Geschichte erfahren wir während den ersten Spielstunden nach und nach durch kurze Erinnerungssequenzen. – Schade! Durch eine spannende Anfangssequenz hätte ich anfangs mehr Motivation für unser edles Vorhaben verspürt, als durch diesen gemächlichen Einstieg.
Natürlich endet unsere Reise durch eine unglückliche Fügung des Schicksals nicht gleich in dieser ersten Stadt und eine wilde Jagd nach Dhoulmagus über die gesamte Weltkarte beginnt. Im Laufe unserer Reise begegnen wir dabei öfters dem Leid und der Verwüstung, die der böse Magier stets hinter sich zurück lässt.
Die Geschichte wird wie für ein Dragon Quest-Spiel üblich viel weniger von der banalen Handlung als den einnehmenden, niedlichen Charakteren getragen, denen man im Laufe seiner Reise begegnet.
Keine Hilfe für Neulinge
Für erfahrenere GamerInnen lässt sich die Spielweise von Dragon Quest 8 in einer Phrase zusammen fassen.
Für erfahrenere GamerInnen lässt sich die Spielweise von Dragon Quest 8 in einer Phrase zusammen fassen: Standard-JRPG-Kost. Das bedeutet: Die meiste Zeit verbringt man damit, in Zonen zwischen Städten oder in Dungeons umher zu laufen und in rundenbasierten Kämpfen Monster niederzuschlagen, um für den nächsten Endgegner ausreichend aufgelevelt zu sein. In Dörfern und Städten plündert man Häuser, kauft bessere Ausrüstungsgegenstände und sucht verzweifelt nach dem NPC oder Gegenstand, der die Handlung vorantreibt. Hier gibt es keine Questmarker: Es gilt, mit vielen Leuten zu sprechen und ihnen aufmerksam zuzuhören, um zu wissen, wo man als nächstes hin soll. Dadurch bewegt man sich um einiges aufmerksamer durch die Welt und nimmt mehr von ihr mit, als wenn man nur schnurstracks zum nächsten angezeigten Ziel laufen würde.
Das war es auch, was ihr jemals offiziell zu dem Spielprinzip von Dragon Quest VIII erfahren werdet, denn keine einzige Mechanik wird in dem Spiel erklärt. Wer schon mal ein ähnliches Rollenspiel in der Hand hatte, wird mit der Bedeutung unterschiedlicher Statuswerte, der Funktionsweise rundenbasierter Kämpfe oder selbst dem etwas umständlichen Speichersystem kein Problem haben,. Absoluten Neulingen allerdings kann man dieses Spiel auf keinen Fall empfehlen! Ein Glossar in einem der unübersichtlichen Listenmenüs wäre das Mindeste gewesen, um auch Unerfahrenen einen Einstieg zu bieten.
Behutsame Neuerungen
Die 3DS-Fassung führt nur kleine Neuerungen gegenüber des elf Jahre alten Originals ein.
Seit dem erstmaligen Erscheinen von Dragon Quest 8: Die Reise des verwunschenen Königs auf der PlayStation 2 hat sich in puncto Komfortstandards und spielmechanischen Innovationen in Videospielen einiges getan. Die 3DS-Fassung führt jedoch nur kleine Neuerungen gegenüber des elf Jahre alten Originals ein: So wurden ein paar kleine Handlungssequenzen verändert und ein zusätzliches alternatives Ende eingeführt. Wie schon in der 3DS-Fassung von Dragon Quest VII sind Gegner in der Umwelt sichtbar, es gibt also keine Zufallskämpfe mehr. Kämpfe lassen sich nun beschleunigen, was das lange Grinding erträglicher macht. Level-Ups stellen Magiepunkte (MP) und Lebenspunkte (LP) wieder her, was in der ursprünglichen Fassung nicht der Fall war. Ein Fotomodus (Seit Final Fantasy XV obligatorisch in jedem JRPG) erlaubt es einem Screenshots zu machen und sie über Streetpass zu teilen.
Wie schon in der Neuauflage von Dragon Quest 7 gibt es hier ein Schnellspeichersystem. Doch nun wird man nach dem Schnellspeichern nicht mehr gezwungen, das Spiel zu beenden, sondern kann gleich weiterspielen. Das alte Speichersystem, für das man in einem Ort einen Priester aufsuchen muss, um zu beichten, ist ebenfalls noch vorhanden. Dadurch entscheidet man sich beim Laden eines Spielstandes jedesmal dafür, ob man beim letzten Schnellspeicherpunkt fortsetzten möchte, oder beim letzten Kirchenbesuch.
Auch die Grafik hat sich gegenüber des letzten Dragon Quest-Teils deutlich verbessert.
Eine weitere Neuerung in Teil 8 ist, dass man beim Leveln ab einer gewissen Stufe nun Talentpunkte vergeben kann, die die Angriffskraft bei speziellen Waffen steigert oder Angrifftechniken freischaltet. Auch die Grafik hat sich gegenüber des letzten Dragon Quest-Teils deutlich verbessert. Die Körperproportionen sind realistischer und auch die Animationen sehen flüssig und natürlich aus, auch wenn wir gegenüber der PS2-Version von Dragon Quest 8 in der 3DS-Version mit abgespeckten Details vorlieb nehmen müssen.
Kleine Nörgeleien
Um es diesem Absatz vorwegzunehmen: Dragon Quest 8 ist kein wirklich schlechtes Spiel, sondern schlicht ein veraltetes. Diplomatisch ausgedrückt würde ich es ein „traditionelles“ nennen. Es verweigert einem nicht nur viele kleine Komfortfunktionen, mit denen wir heutzutage an allen Ecken und Enden verwöhnt werden, sondern bietet an vielen Stellen auch angestaubtes Gameplay. Ein paar Beispiele gefällig?
- Man kann Cutscenes nicht überspringen.
- Gesprächsentscheidungen haben entweder keinerlei Auswirkung auf das Geschehen oder man muss die „richtige“ Option wählen, damit die Geschichte überhaupt weitergeht. Diese vorgegaukelte Entscheidungsfreiheit ist so rudimentär ausgeführt, dass ich nicht verstehe, warum sie überhaupt eingebaut wurde.
- Das Listenmenü ist unansprechend und umständlich. Davon, wie Items zwischen den einzelnen Charakteren und dem allgemeinen Beutel transferiert werden, damit sie verwendet werden können, kann man Albträume bekommen. So werden Gegenstände, die sich im allgemeinen Beutel befinden, nicht als ausrüstbare Gegenstände für Charaktere im separaten Ausrüstungsmenü angezeigt, um nur ein Beispiel zu nennen.
- Die Kämpfe sind nicht taktisch fordernd, verlangen durch die große Angriffsstärke und Lebenspunkteanzahl der Bossmonster aber, dass man lange stupide grinded, um stark genug zu sein.
- Monster haben noch immer keine Lebenspunkteanzeige, was ich vor allem bei Bossmonstern begrüßt hätte.
Eine persönliche Leidensgeschichte
Die oberen und weitere nervige Punkte sorgen für ein starres, Geduld erforderndes Quest-Design, das zu Szenarien wie dem Folgenden führen kann: (Achtung, ich spoilere nun einen Teil einer recht frühen Quest!)
Ich muss in das Zimmer eines Mädchens gelangen. Warum? – Nun, weil das Spiel es so will. Von Dorfbewohnern hatte ich Gerüchte vom mysteriösen Tod ihres Bruders gehört und als wildfremder, eben erschienener, strahlender Held muss ich dem natürlich auf den Grund gehen. Jedenfalls wird die Zimmertür von zwei Jungen bewacht, an denen es kein Vorbeikommen gibt.
Nach etwas Gestöbere entdeckt man im Dachboden des Hauses ein Mäuseloch, durch das man ein mausartiges Wesen schicken kann, von dem mir bis zu dem Zeitpunkt nicht bewusst war, dass ich es bei mir hatte. So ins Zimmer des Mädchens gelangt, entdeckt das Mäuschen einen Brief des Mädchens, der erklärt, dass dieses zu einem Leuchtturm aufgebrochen ist. Brief eingesteckt, wieder zurück in den Dachboden, mit den Jungs vor der Zimmertür geredet, die mir nicht glauben wollen, und auf zum Leuchtturm. Doch der ist verschlossen und nachdem ich jeden Quadratzentimeter der Fassade abgesucht habe, muss ich einsehen, ich anscheinend etwas übersehen habe.
„Nur die Leute im Dorf wissen, wie man die Tür zum Leuchtturm öffnet“, sagt mir jemand im Herrenhaus. Also spreche ich drei Mal zu unterschiedlichen Tageszeiten mit allen Dorfbewohnern, quatsche nochmal mit den Jungs vor der Zimmertür, rufe den Brief im Beutel auf und lasse ihn meinen Charakter laut vorlesen, während ich direkt vor den halbstarken Türwächtern stehe. Erst als ich den Brief vom Beutel ins Charakterinventar verschiebe und die Buben erneut anspreche, erscheint eine zusätzliche Dialogoption, ihnen den Brief zu zeigen, worauf hin sie mir Glauben schenken und mir helfen wollen, die Tür des Leuchtturms zu öffnen.
Fazit zu Dragon Quest 8: Die Reise des verwunschenen Königs
Die kleinen Neuerungen sind nicht ausgeprägt und konsequent genug, um das Spiel in die Gegenwart zu heben.
Gegenüber des Vorgängers auf dem Nintendo 3DS, Dragon Quest 7, bietet Dragon Quest 8 eine deutlich bessere Grafik und ein paar zusätzliche Komfortmechaniken. Während das Spiel vor über einem Jahrzehnt auf der PlayStation 2 sehr positiv aufgenommen wurde, sind die kleinen Neuerungen nicht ausgeprägt und konsequent genug, um das Spiel in die Gegenwart zu heben. Wer ein Faible für Japano-Rollenspiele hat und diesen Ableger der Dragon Quest-Reihe auf der PS2 verpasst hat, kann zugreifen. Wer hingegen Rundenkämpfe nicht ausstehen kann, leicht ungeduldig wird oder sich vor Spielständen mit über 50 Stunden fürchtet, sucht besser schnell das Weite.