Die Krux mit der Kommunikation: Haders Wilde Maus in der Kinokritik

von Max Hohenwarter 19.03.2017

Wilde Maus ist der neue Film mit Josef Hader. Zudem kann man diesmal auch noch ein „von und“ vorne dranklatschen, denn mit der Tragikomödie feiert der Kabarettist zugleich sein Regiedebüt. Ob Hader damit ein weiteres Talent unter Beweis stellt, sagt euch meine Kinokritik.

Facts:

  • Verleih: Filmladen
  • Genre: Tragikomödie
  • Regie: Josef Hader
  • Release: 17.02.2017

Kurzzusammenfassung:

Im Leben geht es, wie bei einer Achterbahn mal auf und mal ab. Einer, der letztere Talfahrt gerade in vollen Zügen mitmacht, ist Musikkritiker und Journalist Georg (Josef Hader – Aufschneider, Das ewige Leben). Nicht genug, dass er in seiner Branche langsam zum alten Eisen gehört, wird er als solches auch gleich noch aussortiert. Sein Chef Waller (Jörg Hartmann – Tatort, Das Ende der Geduld) feuert ihn. Mit dem Verlust des Jobs stirbt gleichzeitig Georgs wichtigster Lebensinhalt. Seine Frau Johanna (Pia Hierzegger – Aufschneider, Hotel Rock ‘n’ Roll), die zwar Therapeutin ist, kann ihm dabei aber nicht zur Seite stehen, denn dazu müsste Georg ihr erst einmal von seiner Arbeitslosigkeit erzählen. Doch viel haben die beiden sich ohnehin nicht mehr zu sagen. Weil sie seit drei Jahren vergeblich versuchen, ein Kind zu zeugen und es einfach nicht funktionieren will, lassen nur noch passive Aggressionen die Funken zwischen den beiden fliegen. Zunehmend verfällt Georg so in eine Spirale aus Vandalismus, Entfremdung, Gewalt und dem Dahinvergetieren in der Mid-Life-Crisis.

Wilde Maus Kritik:

Wer die obige Kurzzusammenfassung von Wilde Maus liest, möchte annehmen, dass es sich bei dem Film um einen dunklen Krimi oder Thriller handelt. Das ist aber nur zu Teilen korrekt. Wer die Filme gesehen hat, in denen der Österreichische Kabarettist Josef Hader sonst so mitspielt, beziehungsweise seine Kabarett-Stücke kennt, der/die weiß um die morbid-tragikomische Atmosphäre, die seinen Werken so innewohnt.

Jetzt is scho wieder was passiert!

Das, worüber man bei Hader und auch in Wilde Maus lacht, sind eigentlich keine klassischen Späße. Es sind die teils hoffnungslos tragischen Szenen, die vor unfreiwilliger Komik nur so triefen. Jeder Handlungsstrang, den Hader in Wilde Maus eröffnet, gleicht irgendwie einem Unfallszenario, das zwischenmenschliche Abgründe aufreißt und zutage fördert. Dabei kann man nicht wegschauen. Teils vor Schadenfreude, teils aufgrund der Tatsache, dass wir alle schon einmal die Erfahrung des Topfschlagens im kommunikativen Minenfeld gemacht haben. Getragen wird das alles durch die gut geschriebenen Dialoge.

Beispielsweise Haders lakonisch-pragmatische Erklärung für die bisher misslungene Nachwuchsproduktion, die er seiner Frau in aller Öffentlichkeit laut entgegenhält. Das ist einer dieser Momente, wo es schwer wird zwischen den Reaktionen Weinen oder Lachen zu wählen. Immer – und das ziemlich gewiss – entscheidet man sich bei Wilde Maus dann für letztere Reaktion.

Geißel der modernen Gesellschaft: Die Abwesenheit von Kommunikation

Die Grundmessage, die Hader in Wilde Maus rüberbringen will, ist, dass uns Menschen in den meisten Fällen die Kommunikation entglitten ist – vor allem die unverblümt ehrliche. Jeder Teilaspekt von Georgs Reise durch die Mid-Life-Crisis behandelt irgendeine Facette fehlgeschlagener Kommunikation – sei es eine Sprachbarriere, die die Menschen vom Reden abhält, Inhaltslosigkeit des Gesagten oder die simple passive oder aktive Aggression. Irgendwas rennt immer falsch.

Haders Regiedebüt weiß über die weiteste Strecke zu begeistern und schlussendlich doch ein klein wenig zu enttäuschen. Die Dialoge sind großartig und tragen dieses tragikomische Scheitern eines Mannes in jeglicher Art zwischenmenschlicher Begegnung. Die Besetzung von Wilde Maus setzt sich aus der crème de la crème des Österreichischen Kinos zusammen. Neben Hader brilliert vor allem Georg Friedrich, der in der Rolle des Erich eine bravouröse Ein-Mann-Milieu-Studie zum Besten gibt.

Mein einziger Kritikpunkt an Wilde Maus ist das abrupte Ende. Mir ist klar, dass grade die gewählte Form des Schlusses die Message der Hader’esquen Tragikomödie in ihrer Essenz zusammenfasst. Der Kabarettist will mir – und das ist wie eine rote Linie in seinem bisherigen Wirken – emotionslos zu verstehen geben, dass nun ja alles gesagt sei und er nun kommentarlos von der Bühne geht. Hader versteht es auch, diesen Schluss in Bildform  – ein sich lösende Stau im Sonnenuntergang – schön aufzulösen. Irgendwie ähnelt das trotzdem einem Coitus Interruptus und war für mich mindestens genau so befriedigend.

Dennoch: Haders Lehrstück über die Krux mit der Kommunikation muss man gesehen haben!

9.5

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