Spoilerfreies Nioh 2 Review: Zeit der Pein
Aufgepasst Souls-Jünger! Nioh 2 ist jetzt exklusiv für die PS4 erhältlich. Ihr müsst jetzt also nicht mehr traurig sein. Die Zeit der Pein ist nun offiziell wieder gekommen.
Die große Frage ist, ob Entwickler Team Ninja für seine Fortsetzung des erfolgreichen Nioh die richtige Mischung aus Schwierigkeitsgrad und Spielspaß erneut gefunden hat. Wir hatten im Vorfeld der Veröffentlichung Gelegenheit das Game zu testen. Die Einschätzung eines alten Souls-Veteranen zu Nioh 2 erfahrt ihr im folgenden spoilerfreihen Review.
Pure Nostalgie. So fühlte sich Nioh 2 für mich während der bisherigen 15 Stunden an, die ich mit dem Game verbringen durfte. Nostalgisch war meine Spielerfahrung aber eher weniger wegen dessen Vorgänger Nioh – das hab ich nämlich nicht gespielt – sondern vielmehr weil ich ein leidenschaftlicher Dark Souls-Fanboy bin.
In diesem Action-Rollenspiel steckt soviel von From Softwares wegweisender Hardcore-Reihe. Klar, das lest ihr an dieser Stelle nicht zum ersten Mal. Nun konnte ich mir aber auch selbst ein Bild davon machen. Und doch: bei allen Parallelen verleiht Team Ninja Nioh 2 eine eigene Identität. Das Ergebnis kann sich auf alle Fälle sehen lassen.
Stellschrauben
Das liegt vor allem daran, dass die Entwickler genau wussten, auf welche Parameter der gemeine Souls-Jünger – und sind wir doch mal ehrlich, für niemand anderen wurde dieses Spiel gemacht – sein Augenmerk legt. 10 Sekunden im Spiel und es fühlt sich für mich so an, als ob ich aus Lordran nie weg gewesene wäre. Dabei fällt die Aktionsbelegung am Controller doch etwas anders aus. Das trifft übrigens auf meine gesamte Spielerfahrung mit Nioh 2 bisher zu. Hier wurde eine funktionierende Formel erneut verwendet und an einigen Stellschrauben gedreht. Mit Erfolg.
Ich bekomme zu Beginn die Möglichkeit mir einen eigenen Charakter zu erstellen. Und die sehen hier nicht mal wie lebende Misserfolge aus. Überwältigend ist auch die vom Start weg riesige Waffenauswahl. Ich darf zwischen Kusarigama, Standard-Katana, Odachi, Speer und weiteren tödlichen Werkzeugen wählen. Außerdem gilt es einen ersten Schutzgeist aus Dreien auzuwählen. Alles in allem verbringe ich eine geschlagene Stunde mit der Wahl meines Start-Equipments. Der erfahrene Gamer weiß, Vorbereitung ist die halbe Miete.
Das hindert mich allerdings nicht davor, schon beim zweiten Megaklops von einem Gegner elendig draufzugehen. Ich lerne schnell: die Gegner stecken einiges ein und teilen dafür umso wuchtiger aus. Also muss ich adaptieren. Ich verwendet die unterschiedlichen Haltungen meiner Waffe um auch am Boden liegende Raufbolde zur Strecke zu bringen ehe sie sich erholen. Mit der Überkopf-Haltung meines Odachi lassen sich zudem präzise Hiebe ausführen, die mir in manchen Gefechten einen entscheidenen Vorteil verschaffen.
Experimentieren stand bei mir ganz klar an oberster Stelle. Nicht nur mit den einzelnen Waffen und deren Eigenheiten. Auch das umfassende Menü, die diversen Anzeigenleisten oder die Schutzgeist-Fähigkeiten im Kampf wollen ausprobiert werden. Etwa dauert es eine geschlagene Viertelstunde bis ich das Speicher-Prozedere im Spiel kapiert hatte. Das wird mir im Spiel nie erklärt. Aber das ist schon ok. Mechaniken auf eigene Faust herauszufinden, gehört für mich ebenso zu einem Soulslike-Titel dazu wie beinharte Kämpfe.
Befreit von der irdischen Mühsal
Zwei Stunden in der Hauptquest – es geht in ein von Banditen geplündertes und von Dämonen heimgesuchtes Dorf – und ich werde mit Waffen überhäuft. In meiner Hosentasche führe ich 10 Katana des gleichen Typs mit mir herum. Dies unterscheiden sich aber durch ihre Eigenschaften, sodass ich alle zwei Minuten wenn ich eines Werkzeug aufsammle, die Werte vergleiche. Besonders gefreut habe ich mich, als ich einen Langbogen entdeckt habe.
Von den Dächern vermoderten Hütten aus wurden einige schwer gepanzerte Gegner so bereits im Vorfeld durch einen Headshot eliminiert. All diese genannten Optionen geben mir – gepaart mit einem verwinkelten ersten Dorf-Level – genug strategische Möglichkeiten an die Hand, dass ich mich zwischen meinen zahlreichen Ingame-Toden trotzdem weiter motiviert fühle. Dem ersten Oni ist mit gewöhnlichen Waffen nur schwer beizukommen. Dieser streckt mich wiederholt mit wenigen Hieben nieder. Ich bin – um es mit den Worten des Spiels selbst zu beschreiben – wiederholt “befreit von der irdischen Mühsal”.
Also versuche ich es mit dem vom Spiel immer wieder angepriesenen Wucht-Konter. Mit dem kann ich allerdings ähnlich schlecht umgehen wie mit dem letztjährigen Sekiro-Äquivalent, dem Mikiri-Konter.Mit der Hilfe meines Schutzgeistes – also in dem ich mich sebst in einen furchteinflößenden Dämon verwandle – kann der Oni dann doch überwältigt werden.
Ah, dieses vertraute Gefühl der Befriedigung nach einem siegreichen Kampf. Die erste Hürde im Spiel ist somit geschafft. Zeit am Schrein aufzusteigen. Nun fühl ich mich stark genug, die gerade durchstreiften Abschnitte erneut abzuklappern um ein wenig zu looten, um ein wenig weiter zu leveln. Ich bin in Nioh 2 angekommen. Der letzte Tod liegt jetzt schon einige Zeit zurück.
Die hab ich mir eindeutig für den ersten echten Boss im Spiel aufgespart. Egal welcher Boss da zu Beginn eins Souls-Titels gestanden ist, weder die Kleriker-Bestie noch der Asylum-Dämon haben mir ansatzweise dieselben Probleme bereitet, wie dieses Mistvieh. Fast zwei Stunden hat es gedauert bis ich die Arena als Sieger verließ. Zwischenzeitlich hab ich mich ehrlich gefragt, ob ich nicht versehentlich die falsche – schon viel fortgeschrittenere Quest – ausgewählt habe. Es war eine Qual. Aber irgendwie fand ich das auch irrsinnig mutig vom Spiel, mir gleich mal so einen bockschweren Gegner vor die Nase zu setzen .
Wie gesagt, irgendwann war der Boss dann down und die erste Hauptmission beendet. Man verlässt das abgeschlossene Gebiet anschließend und wählt sich dann seine nächste Quest in einer neuen Location aus. Und was macht man natürlich nach so einem nervenaufreibenden Kampf? Klar, man startet die gleiche Mission noch einmal um dem Typen noch einmal aufs Maul zu hauen. Lustigerweise hab ich den gleichen Boss dann im First-Try wieder geschafft. Alles was es gebraucht hat war, einmal in den Nioh 2-Flow rein zu kommen. Insider würden sagen “git gud”.
Absolute Empfehlung für Fans des Genres
Der Titel sagt eigentlich schon alles aus. Wer mit der Dark Souls-Reihe seine helle Freude hatte, dem wird auch Nioh 2 enormen Spaß machen. Ein Wehrmutstropfen den ich für mich selbst erkennen konnte ist, dass ich durch die angesprochenen vormaligen Titel bereits einige Erfahrung mit derlei Games gemacht habe. Beispielsweise verlieren einige Fallen, welche die Entwickler im Spiel platziert haben, dadurch die gewünschte Wirkung. Zu oft habe ich erlebt, dass ein blutrünstiger Ghul sich hinter einer Tür versteckt und hervorspringt, wenn ich ihm den Rücken kehre.
Dafür ist Nioh 2 an anderen Stellen schwer genug. Das kann auf die Dauer auch wahnsinnig anstrengend sein. Es ist also kein Game, welches man sich eben mal so reinzieht, wenn man nach einem langen harten Arbeitstag erschöpft auf dem Sofa Platz nimmt. Trotzdem werde ich das Playstation-4-exklusive Game aber in den nächsten Monaten und in aller Ruhe durchzocken. Die Motivation für einen weiteren ganz persönlichen Leidensweg ist auf alle Fälle gegeben. Wer dafür ebenso bereit ist findet in Nioh 2 den perfekten Weggefährten.