FF7R oder Final Fantasy 7 Remake Test (PS4): Midgar, neu interpretiert
In Final Fantasy 7 Remake schlüpft ihr in die Haut von Söldner Cloud. Was die Abenteuer in der Stadt Midgar so alles können, lest ihr hier im Review! Oh, und falls ihr Tipps, Tricks und Kniffe für das Spielen von FF7R brauchen könnt, gibt es hier einen kleinen Guide für euch. Viel Spaß!
Was Final Fantasy 7 Remake ist
Dieser erste Teil (von mehreren) behandelt rein die Ereignisse in und rund um die Stadt Midgar. Das heißt für Fans des Originals, dass die ersten vier bis fünf Spielstunden aus FF7 so ausgebaut und besser erzählt werden, sodass ihr über 40 Stunden in Final Fantasy 7 Remake verbringen könnt. Die gesamte Story von Anfang bis Ende wird allerdings nicht erzählt – klar, wenn es nur um Midgar geht, werden Wutai, Nibelheim, der Cosmo Canyon und alle anderen Städtchen logischerweise außen vor gelassen.
Wenn ihr also eine komplette Version des alten RPGs erwartet, seid ihr hier falsch. Square Enix wird wohl erst in einigen Jahren die komplette Remake-Version präsentieren, wenn überhaupt – denn die Anzeichen deuten darauf hin, dass das Team einen anderen Weg einschlägt. Es wird sich zwar schon teilweise sehr eng an die Vorlage gehalten, aber dann werden wiederum manche Erzählstränge neu interpretiert. Alles in allem fühlt sich Final Fantasy 7 Remake wie eine Geschichte an, die eine HD-Behandlung erfahren hat.
Gleich, aber doch anders
Wer so wie ich Final Fantasy 7 schon auf der PSone gespielt hat, weiß natürlich, wie das Spiel beginnt. Cloud und seine Auftraggeber von der Avalanche-Gruppierung springen auch zu Beginn von FF7R von einem Zug, um anschließend in einen Reaktor einzubrechen. Was vor der Jahrtausendwende ein netter Übergang von Intro ins Spiel gewesen ist, gerät in Final Fantasy 7 Remake zu einem optischen Spektakel. So gut wie jede Kleinigkeit wurde im Spiel belassen, doch nicht nur die Grafik wurde einem gehörigen Update unterzogen.
Auch die einzelnen Charaktere wie Barrett, Jessie, Biggs und Wedge haben nun einiges mehr an Persönlichkeit spendiert bekommen. Dafür sorgen die Gespräche und Geplänkel zwischendurch, aber auch die ausladenden Zwischensequenzen. Schon früh wird sonnenklar, dass dies kein reiner 1:1-Port des damaligen PSone-RPG-Hits ist. Sämtliche Charaktere und auch Nebenfiguren reden auch schon mal einfach nur so miteinander, das kennt man schon aus Final Fantasy 15 – gerne mehr davon, finde ich! Manche triefen nur so vor der jeweiligen Persönlichkeit, und viele Dialoge werden dank der tollen Animation nochmals ganz anders gebracht als damals beim reinen Text-Durchklicken.
Ein unglaubliches Erlebnis für Fans
Genauso verhält es sich logischerweise bei den Umgebungen und Levels, die ihr durchlaufen müsst. Sie wurden teilweise dem Original nachempfunden, doch ein paar Verbindungsstücke sind neu im Final Fantasy 7 Remake hinzugekommen. Macht aber nichts: Sie erhöhen die Spielzeit geflissentlich, ohne zu nerven. Mehr noch, sie passen ideal in die Grundstimmung des Titels. Die leicht erhöhten Laufwege geben euch noch mehr Gelegenheit, die Gespräche zwischen den Charakteren mitzuhören und auch mehr von den überarbeiteten Umgebungen zu erkunden. Zwar beinhaltet das dann andere Schwächen, aber dazu später mehr.
Die (wahlweise) englischen Synchronsprecher hauchen den Charakteren einiges an Leben ein, und man kann gar nicht anders, als noch ein wenig weiterzuspielen. Gerade in lebhaften Umgebungen wie etwa dem Wallmarkt kommt es zu einem Gefühl der Immersion, wie es selten ein PS4-Spiel schafft. Gemeinsam mit einer Heimkinoanlage bereut ihr den Kauf von Final Fantasy 7 Remake auf keinen Fall. Dass sämtliche Protagonisten auch mit passenden Hintergrundgeschichten und Scherzen aufwarten, erhöht den Spaß noch weiter. Fans des Originals sind bei FF7R allerbestens aufgehoben!
Die Technik: Kitzelt alles aus der PS4-Konsole
Wer schon bei den Trailern zum Final Fantasy 7 Remake feuchte Augen bekommen hat, muss sich beim Spielen von FF7R warm anziehen. Es ist noch einmal etwas ganz Anderes, wenn man Cloud oder Barrett durch die schön gestalteten Räume bewegen darf. Licht spiegelt sich im Schwert auf Clouds Rücken, und Barretts Sonnenbrille sieht nicht nur in den Zwischensequenzen äußerst cool aus. Die Effekte im Kampf sind farbenfroh und vielfältig, nur bei einer Vielzahl von Effekten geht es am Schirm schon einmal drunter und drüber. Die Übersicht geht da ab und an verloren, seid gewarnt!
Was den Sound angeht, so lief mir ein wohliger Schauer nach dem anderen über den Rücken. Während die Tunes die gleichen sind, hat das Team rund um Final Fantasy 7 Remake diese neu abgemischt und teils neu interpretiert. Hinzu kommen manche Sequenzen, die sich perfekt in das Gesamtgeschehen einfügen und so wirken, als hätten sie schon immer in das Grundspiel gehört. Auch die Kampfsteuerung funktioniert sehr gut, es ist wesentlich weniger Buttonmashing als etwa bei Kingdom Hearts 3, aber auch ein wenig mehr Strategie nötig. Wahlweise könnt ihr auch das System ändern.
Die Kampfsysteme
Ihr könnt eingangs zwischen drei Schwierigkeitsgraden wählen: Normal, Einfach und Klassisch. Normal gibt euch Zugriff auf den Standard-Schwierigkeitsgrad. Er ist fordernd und das Kampfsystem erinnert an einen Mix zwischen Final Fantasy 15 sowie Final Fantasy 13. Während des Echtzeitkampfes könnt ihr nämlich durch eure Aktionen eine ATB-Leiste schneller auffüllen, die euch wiederum Zugriff auf Kommandos wie den Wuthieb, Einsatz von Magie oder Gegenständen gewährt. Wenn ihr einen Charakter steuert, steigt dessen ATB-Leiste weitaus schneller an als die jener Charaktere, die von der KI gesteuert werden.
Wenn ihr auf „Leicht“ stellt, werden die Gegner einfach nur leichter zu besiegen. Wer Final Fantasy 7 Remake aber auf „Klassisch“ spielt, muss sich gar nicht mehr mit Positionierung und manuellen Angriffen herumschlagen. Ihr könnt euch dann rein auf die Kommandos konzentrieren, die durch die gefüllten ATB-Leisten möglich werden. Das ist eine Art „Ganz-leicht-Modus“, aber gleichzeitig geht meiner Meinung nach viel von der Action, die dieses Game ausmacht, verloren. Nicht nur das, wer das gute alte Kampfsystem aus der PSone-Zeit erwartet, wird hier auch zu einem gewissen Maße enttäuscht. Doch ich finde, die neue Systematik passt sehr gut ins Jahr 2020.
Licht und Schatten
Bevor ein endgültiges Fazit gezogen wird ob der Perfektion von FF7R, muss ich noch auf die Schattenseiten des Spiels verweisen. Früh im Spiel zeigen sich teilweise grottenhässliche Texturen (ich sehe dich an, Clouds Apartment), gerade Türen scheinen hier eine Sonderbehandlung bekommen zu haben. Das ist zwar eine Sache eines einfachen Patches, fällt aber zum Release stark auf. Genauso ist die Kamera in den teils unübersichtlichen Kämpfen keine Hilfe: Ihr solltet jeden Gegner mit der R3-Taste anvisieren, da ihr ansonsten nur wild herumschlagt. Auch in vollgestopften Gegenden wie dem Wallmarkt lauft ihr gefühlt in jeden dritten NPC – nicht gerade optimal.
Die Künstliche Intelligenz ist etwas, die auch nicht zu 100 Prozent funktioniert. Klar, das Spiel lebt davon, dass immer der gesteuerte Charakter das Scheinwerferlicht bekommt – aber so nutzlos, wie der Rest der Party in FF7R ist, das hat noch kein RPG-Fan je gesehen. Ihr müsst euch um sämtliche Eingaben kümmern, ansonsten passiert fast nichts. Das fällt dann insbesondere bei längeren Kämpfen gegen Bosse auf, die witzigerweise allesamt die gesamte Fläche des Kampfareals nutzen und vier Mal so schnell sind. Heraus kommt ein etwas frustiges Erlebnis, das zwar zu jeder Zeit schaffbar bleibt, aber dann doch nicht so viel Spaß macht, wie es sein könnte.
Nochmal: Nicht genau so wie das Original
Wenn ihr schlicht und einfach das Original-Final Fantasy 7 erwartet, solltet ihr vermutlich auch das alte Original spielen. FF7R ist so viel mehr und gleichzeitig so anders, dass ihr mit der falschen Erwartungshaltung möglicherweise schwer enttäuscht sein könnt. Sucht ihr allerdings nach einer Neuinterpretation und möglichen Änderungen der Hauptstory, seid ihr hier goldrichtig. Ohne Spoiler-Territorium betreten zu wollen: Manche Storywendungen haben sich so definitiv nicht im Originaltitel auf der PSone abgespielt. Es macht zwar Sinn, und oft laufen die Knotenpunkte der Story wieder zusammen wie im Original, aber nicht immer.
Als jemand, der vor dem Erscheinen von Final Fantasy 7 Remake sowohl die Demo (hier geht‘s für Interessierte zum Preview) als auch das Original-FF7 in 35 Stunden durchgespielt hat, kann ich nur sagen: Hut ab vor dem Square Enix-Team. Es war ein Monster-Unterfangen, gewisse Spielsequenzen so neu zu interpretieren, dass es sich wieder so richtig gut anfühlt, im Spiel zu sein (ganz richtig, Kapitel neun). Trotz aller kleinen Schwächen, die zuvor angesprochen wurden, habe ich jede Minute in FF7R geliebt. Es war schon lange nicht mehr so einfach, mehrere Stunden am Stück durchzuspielen, und das erfreut das Gamer-Herz durch und durch.
Fazit: Für Fans ein Pflichttitel
Final Fantasy 7 Remake ist eines dieser Wahnsinns-Spiele, die oft zum Ende einer Konsolen-Ära herauskommen und nochmal so richtig jedes Quäntchen Leistung aus der Konsole kitzeln. Ob Fan oder nicht, man muss es einfach wertschätzen, wie gut das Spiel grundsätzlich aussieht und die Geschichte erzählt. Nicht alles ist eitel Wonne, denn manche matschigen Texturen, die teilweise störrische Kamera, eine etwas doofe Künstliche Intelligenz sowie langatmige Bosskämpfe können das Spielgefühl teils ordentlich trüben. Diese Kritikpunkte sind allerdings schwer in der Unterzahl, müssen aber dennoch angemerkt werden.
Eine schwere Entscheidung ist eine Empfehlung für Rollenspiel-Fans hier nicht: Es geht nur darum, ob ihr FF7R gleich spielen wollt, oder eher abwartet, bis mehrere Episoden verfügbar sind. Schließlich geht es in dieser ersten Episode nur rein um die Anfangsstadt Midgar, aber hier steckt ihr mit allen Nebenmissonen locker über 40 Stunden rein. Es ist auf jeden Fall gut, dass Square Enix eine Demoversion veröffentlicht hat, denn so können Unentschlossene, die PS Plus-AbonnentInnen sind, einmal selbst hineinschnuppern. Dies sei euch auch ans Herz gelegt – ihr solltet Final Fantasy 7 Remake nicht ungetestet an euch vorbeigehen lassen!