Pflanzen vs. Zombies: Garden Warfare (PC) im Test
Von der mobilen Tower-Defense-App zum modernen Multiplayer-Shooter – kann dieser Spagat gelingen? Ich habe für euch Pflanzen vs. Zombies: Garden Warfare getestet, und die Stärken und Schwächen des humorvollen Genre-Quereinsteigers unter die Lupe genommen.
Das Entwicklerstudio PopCap überraschte die Fans der kultigen Mobile-App Plants vs. Zombies nicht wenig, als es auf der E3 2013 einen MehrspielerInnen-Shooter der Reihe ankündigte. Das Unterfangen warf vielen Fragen auf – wie würde das Spiel gegen die mächtige und lang etablierte Konkurrenz bestehen? Schaffen es die EntwicklerInnen kurzweiliger Zwischendurch-Unterhaltung, genügend Langzeitmotivation und Spieltiefe bereitzustellen? Und gibt es überhaupt eine Zielgruppe für so ein Spiel? Mit dem Erscheinen des Werkes im Februar 2014 – auf die PC-Version mussten wir bis Ende Juni warten – können sich die SpielerInnen nun selbst ein Bild davon machen. Und vorweg: Pflanzen vs. Zombies: Garden Warfare (kurz PvZ) kann sich durchaus als ernst zu nehmendes Spiel behaupten. Für den Betrieb des Multiplayer-Spiels ist eine permanente Internetverbindung und ein Account beim EA-Spieledienst Origin vonnöten.
Abgedrehte Klassen
Anders als Genrevertreter der „ernsten“ Sorte wartet PvZ mit ulkigen, teilweise skurrilen Einheiten auf, denen verschiedene Klassenrollen zuteilwerden. Aufseiten der Pflanzen wäre da beispielsweise der Erbsenschleuderer, ein sehr agiler Fernkämpfer, der seine Feinde mit dem Namen gebenden Gemüse beharkt oder mit hochexplosiven Chilischoten für Bombenstimmung sorgt. Der Schnapper, eine fleischfressende Pflanze, bewegt sich eher gemächlich fort, kann seine Opfer dafür aber von unten schnappen und im Ganzen hinunterschlucken. Die Sonnenblume verrichtet ihren Dienst an der Front als Heilerin und versorgt hängende Blütenblätter mit lebensrettenden Sonnenblumenkernen oder Energie spendenden Heilstrahlen. Der Kaktus feuert aus sicherer Entfernung mit spitzen Geschossen auf die Zombiemeute. Der Sniper unter den Gewächsen kann außerdem Knoblauchdrohnen entsenden, die GegnerInnen von oben aufs Korn nehmen und verheerende Maiskolben-Artillerieschläge anordnen.
Die Zombies wiederum schicken den Fußsoldaten ins Feld, der mit Paintball-Kanone und Raketenwerfer bewaffnet den Allrounder unter den Untoten bildet. Dank Jetpack kann er Abgründe und Hindernisse überwinden oder sich schnell aus der Gefahrenzone katapultieren. Der Ingenieur greift mit Explosivgeschossen an und kann auf einem Presslufthammer durch Levels reiten, wodurch er sich vor allem als Konterklasse für den von unten angreifenden Schnapper eignet. Der Wissenschaftler ist mit einer Shotgun-ähnlichen Strahlenkanone bewaffnet, die sich primär für den Nahkampf eignet, und stellt Heilbrunnen auf, die ZombiekollegInnen mit pampig violettem Lebenssaft vollsprühen. Zu guter Letzt sorgt der All-Star Football-Zombie für Dynamik bei den Untoten. Er haut mit seinem Tackling-Charge Grünzeug aus den Wurzeln und richtet mit der Football-Kanone hohen Schaden an.
Mit gefallen die verschiedenen liebevoll gestalteten Einheiten von PvZ hervorragend. Der Zombie-Ingenieur beispielsweise trägt ein schickes Maurerdekolleté spazieren, das bei einem Ritt auf dem Presslufthammer dynamisch zu wackeln beginnt. Dem Schnapper, der gerade einen Zombie verspeist hat, hängt noch der grüne Arm aus dem Mund. Solche Details machen PvZ einzigartig und heben es deutlich von anderen Shootern ab, bei denen es mir schwerfällt, verschiedene Klassen oder FreundIn und FeindIn voneinander zu unterscheiden.
Vier Modi für ein Halleluja
Vier verschiedene Modi sorgen in PvZ für Abwechslung. Shooter-VeteranInnen finden sich in „Team-Deathmatch“ (das Team mit den ersten 50 Abschüssen gewinnt), „Gärten-und-Friedhöfe“ (wie Battlefields „Obliteration“) und „Gartenzwergbombe“ (Capture the Flag) schnell zurecht. Mehr nette Dreingabe als echtes Alleinstellungsmerkmal ist der „Gartenkommando“-Modus, in dem pflanzliche SpielerInnen kooperativ mehrere computergesteuerte Zombiewellen abwehren müssen, um am Schluss den rettenden Evac-Wohnwagen zu erreichen. Von den ersten beiden genannten Modi gibt es noch Classic-Varianten, bei denen die Abzeichen getöteter GegnerInnen eingesammelt werden müssen, um den Abschuss zu bestätigen. Team-Deathmatch steht auch noch in einem Trainingsmodus („Türmatte“) bereit, der AnfängerInnen beim Ableben mit steigender Gesundheitspunktezahl zum Weitermachen ermutigt. Die Gefechte werden auf einer von zehn Karten ausgetragen, die allesamt abwechslungsreich und humorvoll gestaltet sind, wenngleich einige Schlachtfelder nur „Bei Nacht“-Varianten bereits bekannter Karten sind, um die Gesamtanzahl etwas aufzuschönen.
Pay2Win oder faire Chancen für alle?
Bis zu 24 SpielerInnen tummeln sich in einem Gefecht auf den recht überschaubaren Arealen, was zum einen für ein sehr actionlastiges Gameplay mit vielen Konflikten sorgt, zum anderen auch das Zergen an neuralgischen Punkten der Karte begünstigt. Eine Partie in PvZ dauert folglich auch nicht viel länger als 15 bis 20 Minuten. Damit der taktische Tiefgang nicht zu kurz kommt, lassen sich die Einheiten nach und nach aufrüsten. Die ersten Matches verbringen SpielerInnen einmal damit, drei Basisfähigkeiten ihrer Einheit freizuspielen. Erst mit einer vollständig einsatzbereiten Klasse empfiehlt sich der Wechsel von der Türmatte in einen der kompetitiveren Modi. Dort lassen sich durch erfolgreich absolvierte Matches Münzen verdienen, mit denen man wiederum im spielinternen Stickershop auf Einkaufstour gehen kann. Die Sticker-Packs gibt es in verschiedenen Güteklassen von 2500 bis 40.000 Münzen. Darin enthalten sein können einerseits Topfpflanzen, die sich im Gartenkommando-Modus als UnterstützerInnen in Blumentöpfe pflanzen lassen, andererseits Set-Karten für neue Einheiten-Skins wie den Feuerkaktus, dessen Stachelkanone nun nebst dem Trefferschaden auch einen Feuerschaden-über-Zeit (DoT) hinterlässt. Diese Modifikationen tun der Spieltiefe sehr gut, da man ansonsten mangels ausrüstbarer Waffen keine große Vielfalt zur Hand hat. Wer nun naserümpfend das Wort Microtransactions auf der Zunge liegen hat, behält recht. Klarerweise lassen sich die begehrten Münzen nicht nur verdienen, sondern auch für bares Geld kaufen. Zum Glück kommt man so zu keinem Vorteil, den man nicht auch mit Geduld erspielen kann, und die Änderungen sind größtenteils kosmetischer Natur. Pay2Win ist also (vorerst) kein Thema in PvZ.
Technik
Mit der Battlefield’schen Frostbite-3-Engine steht PvZ technisch auf soliden Beinen. Gemeinsam mit überzeugendem Art-Design und viel Liebe zum Detail sorgt dies für ein extrem stimmiges und optisch ansprechendes Gesamtpaket, mit dem sich PvZ keinesfalls vor Konkurrenten wie Call of Duty oder Battlefield verstecken muss. Mir persönlich gefällt die bunte und knallige Spielumgebung sogar besser als die öden, grauen Häuserschluchten, die Militärshooter ihren Fans schon seit jeher zumuten. Ich habe PvZ auf einem Spielenotebook mit 16 GB RAM und einer GeForce 860M getestet und konnte mich trotz vieler Details über 60 fps und eine sehr solide Serveranbindung freuen. Beim Netcode dürfte Publisher EA wohl das eine oder andere beigesteuert haben. Aber auch das Leveldesign, die Charakter und das ganze Ambiente des Spiels wirken wie aus einem Guss und keinesfalls husch-pfusch zusammengekleistert, wie böse Zungen dies dem genreunerfahrenen Entwicklerstudio PopCap vorab unterstellt haben.
Fazit
Mir hat Pflanzen vs. Zombies: Garden Warfare im Test großen Spaß gemacht. Da schon mein Sohn großen Gefallen an den mobilen Tower-Defense-Spielen gefunden hat und ich somit schon vorher mit den Charakteren des Spiels in Berührung gekommen bin, fand ich mich schnell zurecht. Die technisch runde Umsetzung, die liebevolle Gestaltung und das knackige Gameplay tragen das Ihre dazu bei, dass ich PvZ uneingeschränkt weiterempfehlen kann. Auch SpielerInnen-Feedback wie das Fehlen einer globalen Stummschaltfunktion oder ein anfänglicher Mangel an Karten und Spielmodi wurde von PopCap rasch erhört und ohne Aufpreis nachimplementiert. Wenn die EntwicklerInnen es schaffen, die Community mit Aufmerksamkeit und guten Grundsätzen am Leben zu halten, sehe ich eine rosige Zukunft für das Genre der Klamauk-Multiplayer-Shooter. Abschließend, und um den naheliegenden Kalauer endlich doch noch unterzubringen, sei den MacherInnen noch zu sagen: „Bleibt euren Wurzeln treu!“