A Hole New World (PC) im Test: Mal andersherum
Der Markt für Retro-Sidescroller scheint gesättigt zu sein. A Hole New World schickt sich jedoch an, um dies zu ändern! Dank knalliger Pixelgrafik und hohem Schwierigkeitsgrad lasst ihr euch auf ein bemerkenswertes Abenteuer ein. Lest mehr im Review!
Mehr Retro geht fast nicht
Das Entwicklerteam von MadGearGames lässt von Anbeginn an keine Zweifel offen. Schon in der Steam-Beschreibung seht ihr exakt, was auf euch zukommt! „Du weißt schon, wie gespielt wird! Die Herausforderung liegt im Spiel, nicht in einer komplizierten Steuerung! Storymodus mit fünf verschiedenen Welten, Spiel+, Bossangriff-Modus, Herausforderungsmodus und mehrere Schlussvarianten! Über 30 verschiedene Feinde, 7 Bosskämpfe und jede Menge geheimer Figuren, die es zu entdecken gilt!“
Das klingt doch schon mal ordentlich. Doch wieso kämpft ihr eigentlich? Die Stadt Versee wird von Monstern aus der Kopfüber-Welt Reversee angegriffen! Ihr als Tränkemeister müsst das Böse allein bezwingen, ganz ohne Tutorial oder „einfache“ Schwierigkeitsstufe. Nur Fäy, eine Feenbegleiterin, und eure Tränke helfen euch. A Hole New World macht also keinen Hehl daraus, wo man die Ideen und Ambitionen geholt hat. Unsere Mari war 2016 auf den Game Dev Days Graz und hatte Folgendes über A Hole New World zu sagen:
„Als Nächstes versuche ich mich an A Hole New World, das mich visuell an Shovel Knight erinnert. In dem Plattformer steuert man einen Magier, der Magiefläschchen auf feindliche Geister und Ritterrüstungen wirft, um sie zu bezwingen. Besonderheit des Spiels ist, dass einen Löcher im Boden nicht in den Tod stürzen lassen, sondern in eine Art Parallelwelt. In dieser Parallelwelt ist alles auf den Kopf gestellt! Der Boden befindet sich also an der Decke und auch die Schwerkraft ist umgedreht. Ob man tatsächlich zwischen den Welten wechseln muss, um im Level weiterzukommen oder bestimmte Puzzles zu lösen konnte ich während meines kurzen Hand-Ons nicht feststellen. Doch was ich gesehen habe, hat mich durchaus neugierig gemacht.“
Und ab in die neue Welt
Da wurde nicht zu viel versprochen. Ohne Tutorial und ohne große Umschweife werdet ihr ins Game geworfen – nichts für AnfängerInnen! Mit den Pfeiltasten bewegt ihr euren Charakter, und mit S und D springt ihr beziehungsweise werft ihr eure Tränke. Später könnt ihr dann zwischen verschiedenen Tränken hin- und herschalten, das bewerkstelligt ihr mit W und E. Einen aufgeladenen Angriff sowie einen Turborutscher könnt ihr ebenso benutzen. Das klingt nach Mega-Man, sagt ihr? Ist auch so!
A Hole New World ist wirklich, wirklich knifflig. Nur die Geschicktesten unter euch können hoffen, jemals den Endboss zu Gesicht zu bekommen. Dafür sorgen mehrere, klug miteinander verwobene Mechanismen. Der erste Mechanismus ist, dass ihr von Feinden zurückgestoßen werdet. Jeder Treffer wirft euch ein Stück weit zurück, was gerade auf Plattformen zu einer süßen Qual wird.
Der zweite Mechanismus ist das Herzstück von A Hole New World: Ein Abgrund bedeutet hier nicht den Tod. Fällt ihr in einen Abgrund, kommt ihr in einer Kopfüber-Welt wieder heraus. Nahtlos könnt ihr zwischen den beiden Welten wechseln, manchmal kommt ihr in der anderen Welt leichter voran! Dass aber alles kopfüber steht und somit auch die Gravitation und die Flugbahn eurer geworfenen Tränke umgedreht ist, macht es nicht einfacher. Das war aber noch nicht alles!
Kein Zaubertrank, aber…
Als Tränkemeister schaltet ihr nach und nach gewisse Fähigkeiten frei. Nach jedem Boss erhaltet ihr nämlich einen Edelstein, der euch die Fähigkeit des Bosses verleiht. (Ja. Mega-Man.) Ihr beginnt A Hole New World mit normalen Tränken, von denen ihr bis zu drei nacheinander werfen könnt. Sie fliegen durchschnittlich weit, können aber mit hoher Abfolge geworfen werden und so netten Schaden verursachen.
Dann kommt der Donnertrank hinzu. Meine Güte, dieser vermaledeite Donnerzauber. Hätte er nur ein bisschen mehr Reichweite, aber gut. Ihr werft den Donnertrank gerade mal vor eure Füße, bevor ein Blitz herabschießt und alles zwischen Himmel und Trank elektrisiert. Sehr effektiv, aber leider sowohl in Reichweite als auch in Frequenz begrenzt: Einer pro Angriff muss reichen. Das heißt, ihr solltet diesen Trank gezielt werfen.
Als Ausgleich dazu gibt es die wohl beste Option für alle SpielerInnen: Die Feuer/Eis-Kugeln. Diese könnt ihr fast unbegrenzt spammen, und da sie diagonal abprallen, sind sie eure beste Wahl in engen Gängen. Nach jedem Abpraller wechseln sie das Element, das heißt, eine Feuerkugel wird zu Eis und umgekehrt. Kleine Rätsel sind auch mit von der Partie, die ihr dann so in Angriff nehmen müsst. Fackeln lassen sich mit Feuer anzünden, gewisse Gegner wollen eingefroren (und als Sprungplattform benutzt) werden und so weiter.
Auch ein Blut- und Dunkelheitsedelstein erwarten euch noch, und mittendrin schaltet ihr noch den geliebten Doppelsprung frei. Doch wenn ihr glaubt, dass das Spiel dadurch leichter wird, habt ihr euch geschnitten. Jeder neue Trank und jede neue Fähigkeit muss von euch postwendend geübt und eingesetzt werden. Bosse lassen sich auch ganz gern nur durch gewisse Elemente oder aufgeladene Attacken überhaupt ankratzen. A Hole New World lässt euch aber da im Dunkeln, ihr müsst ganz von selbst drauf kommen.
A Hole New World mit alten Elementen
Ihr sagt „Stacheln“, ich sage „Eisplatten“. Ihr ruft „Doppelsprung“, ich erwidere „Checkpoints“. Das Rad wird hier beileibe nicht neu erfunden, das ist aber auch total in Ordnung so. Gerade durch die Hommagen an diverse Retro-Sidescroller wird A Hole New World so richtig mit Charme versetzt. Ihr könnt dem Retro-Feeling die Krone aufsetzen, indem ihr den CRT-Filter in den Optionen aktiviert.
Richtig gelesen: Mittels verwaschenem Filter könnt ihr euch in die Welt der Röhrenbildschirme zurückversetzen. (Oder optional mit einer Auflösung von 432×240 spielen. Augenkrebsgefahr!) Lasst ihr aber den Filter deaktiviert und spielt auf Full HD-Auflösung, so sieht A Hole New World wirklich gut aus und kann mit liebevoll gestalteter Pixelgrafik punkten. Es gibt im Game aber nicht nur etwas für die Augen.
Was die alten Arcade-Games richtig ausgemacht hat, ist der kultige Sound. In diese Kerbe schlägt auch dieser Titel voll rein und ihr bekommt Tunes mit Ohrwurmcharakter präsentiert. Egal, ob ihr die Backgroundmusik oder die Sounds der einzelnen Effekte hört, das Spiel hat ein komplettes, passendes Klangbild verpasst bekommen. Hut ab vor dieser Homogenität, wenn es denn nicht so schwer wäre…
Eine Herausforderung nach der anderen
Wie schon gesagt: A Hole New World geizt richtiggehend mit Hinweisen und Hilfestellungen. Das ist für EinsteigerInnen bestimmt zu viel des Guten, aber erfahrene SpielerInnen gehen hier erst so richtig auf. Auf Eisplatten könnt ihr beispielsweise das Rutschen stoppen, indem ihr gerade nach oben springt. Kein Boss ist unverwundbar, wenn ihr die Farben und Angriffsmuster erst einmal durchschaut habt.
Im Level des Höllenturms beispielsweise könnt ihr gar nicht weiterkommen, wenn ihr nicht zuvor die Gegner ihre Runden habt machen lassen. Das ist ein interessanter Mechanismus, den man erst einmal durchschauen muss – und selbst wenn ihr das verstanden habt, müsst ihr immer noch den Ausweg finden. Die Checkpoints sind eigentlich immer fair gesetzt, nur bei Bosskämpfen könnt ihr eure Leben nicht mitnehmen.
Sterbt ihr in einem Bosskampf, rettet euch eure Feenfreundin Fäy und setzt euch wieder an den Beginn des Kampfes zurück. Es hilft auch nichts, wenn ihr euch im Spiel auf einen Tranktyp versteift. Gerade die Bosskämpfe fordern euch immer wieder, und manche wollen ausschließlich mit gewissen Tränken zu gewissen Zeiten beharkt werden. Wenn ihr da die einzelnen Tranktypen nicht meisterhaft beherrscht, sieht es düster aus.
A Hole New World: Gutes Game für Geübte
Am 19. Mai 2017 schreibt A Hole New World Geschichte, denn das ist der Erscheinungstermin des Spiels für PC. Im Sommer erscheint dann die PS4-Version. GelegenheitsspielerInnen sollten hier wirklich aufpassen, denn dieses Game ist alles andere als ein Zuckerschlecken. Gerade das Wechseln zwischen den Trank- und somit Angriffstypen sollte euch in Fleisch und Blut übergegangen sein. Vor allem, weil jeder Angriff anders funktioniert, kann sich schnell der berühmte Knopf im Hirn einstellen.
Wenn ihr allerdings keine Furcht vor einer ordentlichen Herausforderung habt, dann kann ich A Hole New World nur wärmstens weiterempfehlen. Es gab in den letzten Monaten, vielleicht sogar Jahren kein Spiel, das ich abends lieber angeschrien habe. Dass die Lust ganz nahe beim Frust liegt, macht dieses Game mehr als nur deutlich. Ihr müsst halt das Retro-Feeling, das Sidescrolling-Spielprinzip sowie den hohen Schwierigkeitsgrad mögen.
Das Spiel selbst ist nach wenigen Stunden vorüber, doch das Team von MadGearGames hat hier schon vorgesorgt. Ein optionaler Bossangriffmodus, ein New Game+ und mehr sollen dafür sorgen, dass A Hole New World alles andere als langweilig wird. Dieses Game ist eines, mit dem ihr vom Können her wirklich mitwachst und jeder Erfolg (wie etwa „Gutes Gefühl“) sich wirklich wie einer anfühlt. Für nur zehn Euro kann es euer sein – hoch lebe die Alchemie!