Apple iPhone SE Test: Der neue Preis-Leistungs-Standard
Ein rundum erneuertes iPhone 8 – kann das gutgehen? Apple scheint es jedenfalls zu denken und bietet modernste Technik im alten Gewand. Lest hier mehr!
Vorweg: Für wen ist das iPhone SE?
Die Argumentation für dieses iPhone ist ganz klar: Die kleinere physische Größe, Top-Performance, das vertraute Touch ID-System, jahrelange Updates ohne Wenn und Aber – all dies zu einem vertretbaren Preis. Wenn ihr ein iPhone X (hier geht‘s zum Test) oder neuer verwendet, ist dieses iPhone SE in mancher Hinsicht sogar ein Rückschritt. Doch wenn ihr so wie ich dem Trend des immer größer werdenden Smartphones müde werdet, ist dieses Gerät ein Schritt in die andere Richtung. Denn: Motorola kündigt Riesen-Smartphones über 6 Zoll an, OnePlus bietet seine Flaggschiffe zwischen 6,55 und 6,8 Zoll an, und auch das Beste von Huawei misst 6,58 Zoll. Ist größer immer besser?
Das iPhone SE widersetzt sich diesem Trend vehement und setzt auf das Statement „klein, aber oho“. Die Prozessorleistung läuft jedenfalls Runden um die Konkurrenz, dazu aber später mehr. Bislang wurden die Geräte immer größer und größer, und es wurde meiner Meinung nach längst Zeit, dass auch wieder handlichere Smartphones in Mode kommen. Vielleicht ist jetzt der Zeitpunkt gekommen? Dabei schadet es nicht, dass das aktuelle iPhone SE ab 479 Euro zu haben ist. Dafür, dass alle anderen Flaggschiffe ab 800 Euro (und mehr) starten, ist das ein willkommener Anblick! Das Smartphone kommt wahlweise in Schwarz, Weiß oder Rot (Product Red) zu euch.
Wie ein iPhone 8 auf Steroiden
Rein äußerlich unterscheidet sich das iPhone SE nur marginal vom zweieinhalb Jahre alten iPhone 8. Das betrifft auch nur die Rückseite, das Wort iPhone fehlt nun komplett und das Apple-Logo rückt weiter in die vertikale Mitte. Abgesehen davon ist alles wie damals: Ein 4,7 Zoll-Display, ein dicker Rahmen unten wegen dem Home-Button und Touch ID der 2. Generation, und ein dicker Rahmen über dem Bildschirm wegen der Symmetrie. Es gibt Wasserschutz nach IP67 (30 Minuten in bis zu 1m Tiefe), Wasserspritzer am Pool oder Regenschauer sind so wie beim iPhone 8 kein Problem, und wegen der baugleichen Hardware sind sämtliche alten iPhone-Accessoires kompatibel.
Der Clou an diesem Gerät? Es hat den A13-Chip spendiert bekommen, und dieser macht den Prozessor um 40 % schneller als das iPhone 8. Die Grafikeinheit kann sogar bis zu doppelt so schnell arbeiten, und ein paar feine Tricks hat die neuere Version auch auf Lager. So könnt ihr nun, obwohl nur ein Kamerasensor vorhanden ist, Portrait-Fotos aufnehmen, und dies sowohl mit der Front- als auch mit der Hauptkamera. LTE soll um bis zu 60 % schneller werden, WLAN um bis zu 38 %, und dank eSIM-Funktion kann man auch zwei Nummern gleichzeitig nutzen. Oh, und da war doch noch der Preis: Das iPhone 8 galt damals als Flaggschiff, und das iPhone SE gibt‘s ab 479 Euro.
Der erste Eindruck
Diesen für Apple niedrigen Preis gab es erst einmal beim originalen iPhone SE im Jahre 2016. Schon damals stand die Prämisse „Hochleistungshardware im kleinen Gewand zum leistbaren Preis“ im Vordergrund, und diese Strategie wird vier Jahre später nun wiederholt. Wenn ihr je ein iPhone 6, 6S, 7 oder 8 benutzt oder nur gehalten habt, erwartet euch hier nichts Neues. Die Haptik und Nutzung mit nur einer Hand ist nach wie vor gelungen, und nach Jahren mit vergleichsweise großen Smartphones ist es für mich persönlich äußerst angenehm, mal wieder ein „kleineres“ Gerät zu benutzen. Dass hier der gleiche Prozessor wie in den iPhone 11 Pro-Modellen steckt, finde ich toll!
Das macht sich insbesondere bei der Nutzung bemerkbar. Von der Installation angefangen stellt sich rasch heraus, dass die Leistung nicht zum Preis passt – im positiven Sinne. Während man für Wasserschutz, induktives Laden, eine gute Kamera und eben die blitzschnelle Performance des A13-Chips rein im Flaggschiff-Bereich über 800 Euro suchen musste, kommt man seit dem 24. April mit 479 Euro aus. Diverse Benchmark-Ergebnisse insbesondere im Vergleich zur Android-Konkurrenz gibt es später, aber zuerst möchte ich mich dem täglichen Gebrauch widmen. Schließlich ist dieser viel wichtiger als syntethische Ergebnisse von Test-Apps, richtig?
Das iPhone SE im Alltag
Wer schon einmal mit einem Smartphone der Bauart iPhone 6 bis iPhone 8 zu tun hatte, weiß, worauf man sich einlässt. Die 4,7 Zoll Bildschirmdiagonale fühlen sich nach jahrelanger Nutzung größerer Smartphones ein wenig eng bemessen an, und man gewöhnt sich nur langsam zurück. Natürlich stellt dies gar kein Problem dar, wenn ihr von einem Smartphone mit gleicher oder geringerer Bildschirmgröße kommt. Egal, was ihr mit dem iPhone SE anstellt, ins Schwitzen kommt es jedenfalls nicht. 4K-Video-Exporte, der gelegentliche Benchmark-Test zwischendurch, Gaming auf Apple Arcade, oder stundenlange FaceTime-Videotelefonie förderten keine Ruckler zu Tage.
Durch die kleinere Bauart des Smartphones passen in den Akku nur 1.810 mAh. Sogar bei hoher Nutzung kommt ihr so durch den Tag, es kann allerdings je nach Helligkeitseinstellung eures Bildschirms schon mal knapp werden. Der Stromsparmodus ab 20 % Akkustand ist dann euer bester Freund! Hinzu kommt, dass sich das iPhone SE sowohl mit dem Lightning-Stecker, induktiv und auch schneller laden (da wird es warm!) lässt. Wenn ihr also Qi-Ladepads oder stärkere Netzteile habt, könnt ihr immer wieder mal zwischendurch ein wenig aufladen. Ich mit meiner persönlichen Nutzung komme aber grundsätzlich recht gut mit dem Akku klar.
Die Kameras
Durch die fehlende zweite Kamera, die es beispielsweise beim iPhone 8 Plus gibt (hier geht‘s zum Test), fehlt auch ein „nativer“ Portrait-Modus. Dank des A13-Prozessors kommt allerdings die Software-Lösung (und Smart HDR) dazu, die euch ganze sechs Optionen bietet. Im Vergleich zu meinem iPhone 8 Plus werden die Fotos so gut wie immer besser, und wenn ihr von einem älteren Gerät oder schwächeren Sensor zum iPhone SE wechselt, ist der Unterschied noch extremer. Der Zoom ist zwar mit bis zu 5x angegeben, funktioniert aber rein digital mit all seinen Nachteilen. Der optische Zoom vom iPhone 8 Plus und anderen Mehrkamerasystemen bleibt überlegen.
Die Fotos verhalten sich proportional zu euren Lichtverhältnissen: Je heller es ist, umso besser. Bei Tageslicht sind die Ergebnisse kaum von Flaggschiff-Fotos zu unterscheiden, auch die prozessorgestützten Portrait-Fotos sehen super aus. Doch je mehr ihr in Richtung Dämmerlicht oder gar in die Nacht geht, umso schwächer werden die Ergebnisse. Dafür überzeugt die Videoaufnahme voll: 4K-Videoaufnahme bei 60 Bildern pro Sekunde macht einfach richtig Spaß. Achtet nur darauf, vor der Aufnahme an genügend freien Speicherplatz zu denken. Alles in allem gehört das iPhone SE zu den besten Smartphones in der Kategorie unter 500 Euro, auch bei den Kameras.
Was sonst noch auffällt
Apropos Speicherplatz: Das iPhone SE kostet 479 Euro in der 64 GB-Variante und bloß 50 Euro mehr in der 128 GB-Variante. Der Sprung von 128 GB (529,-) auf 256 GB (649,-) sind dann 120 Euro zusätzlich! Nochmal zurück zur Portrait-Fotografie: Durch Smart HDR und der prozessorgestützten Tiefenberechnung dauert es immer eine gefühlte Sekunde, bevor ihr eurer Portrait-Foto tatsächlich seht. Im Sucher wird nur eine Schätzung abgegeben, die nur wenig mit dem tatsächlichen Ergebnis zu tun habt. Hier müsst ihr ein wenig Wartezeit einberechnen – schießt ihr nur wenige Porträts, wird euch das kaum auffallen.
iPhones werden in der Regel lange mit Updates versorgt, vier Jahre sind bei Apple durchwegs realistisch. Das macht das günstigste Modell des iPhone SE für Unternehmen durchaus interessant, aber auch für SchnäppchenjägerInnen. Schließlich geht es nicht nur darum, wie viel Geld man für ein Smartphone ausgibt, sondern auch wie oft. Dank der neuen LTE- und WLAN 6-Technologie im Inneren des Geräts könnt ihr unter Umständen auch höhere Durchsatzraten erreichen beziehungsweise eine geringere Latenz. Generell bietet sich hier ein Bild, das der Mittelklasse-Konkurrenz das Fürchten lehrt: Wozu noch über 500 Euro ausgeben?
Wo macht man definitiv Abstriche?
Hier scheiden sich die Geister, denn dies hängt davon ab, von welchem Smartphone ihr kommt. Natürlich ist das iPhone 8-Design bald fünf Jahre alt, da schon das iPhone 6 im September 2015 genauso aussah. Wenn euch das nicht stört, ist das kein Minuspunkt. Genauso verhält es sich mit dem verlässlichen Touch ID: Seid ihr die Face ID-Entsperrmethode gewöhnt, ist das tatsächliche Fingerabdruck-Entsperren fast schon antik. Kommt ihr aber von einem Smartphone mit Fingerprint-Sensor, fällt euch das nicht auf. Auch die viel zitierte „niedrige Auflösung“ von 1334 x 750 Pixel mit 326 ppi ist in Wahrheit kein Thema, alles ist knackscharf und das LCD-Display ist toll.
Für den geringen Preis ab 479 Euro gibt es eben das altbewährte Hardware-Design. Das heißt auch, dass ihr mit einem einzigen Kamerasensor vorlieb nehmen müsst, anstatt auf eine Dual-, Dreifach- oder gar Vierfach-Kamera zurückgreifen zu können. Dank A13-Prozessor werden die Bilder bei guten Lichtverhältnissen sehr gut, besser noch als bei der iPhone 8-Serie. Fotos bei schlechteren Lichtverhältnissen kommen mangels eigenem Nacht-Modus an jene der Flaggschiff-Geräte einfach nicht ran. Was natürlich der physischen Größe des Geräts geschuldet ist: Die Akkulaufzeit lässt sich mit riesigen Smartphones nicht vergleichen, reicht aber dennoch für einen Tag aus.
Die technischen Daten
Kommen wir zum Datenblatt des iPhone SE. Das 4,7 Zoll große LCD-Display (1334 x 750 Pixel, 326 ppi) wird vom Apple A13-Sechskernprozessor (2x Hochleistung, 4x stromsparend) und 3 GB RAM befeuert. Es gibt 64 GB, 128 GB und 256 GB Speicherplatz, und die Hauptkamera löst mit 12 Megapixel auf. Die Selfie-Cam liefert 7 MP Auflösung, und beide Sensoren unterstützen (nur bei Menschen) Portrait-Fotos. Die Abmessungen betragen 138,4 x 67,3 x 7,3 Millimeter bei 148 Gramm Gewicht. Das einzige iPhone, das dieser Größe nahe kommt, ist das iPhone 11 Pro. Es ist aber 6 mm höher, 4 mm breiter, 1 mm dicker, 40 Gramm schwerer und 670 Euro teurer.
Den Vergleich mit anderen Smartphones muss das iPhone SE jedenfalls nicht scheuen. In Geekbench 5 schlägt es mit 1330 Punkten (single) sowohl die eigene Vorgängerserie als auch die Android-Konkurrenz (Flaggschiff-Höchstwert: 836) um Längen. Gerade diese Zahl ist wichtig für die typische Nutzung bei Smartphones, bei der in möglichst kurzer Zeit Spitzenleistung vom Prozessor verlangt wird. Übrigens schaffen selbst Desktop-Prozessoren wie der Intel i9-9900K „nur“ 1338 Punkte. Also: Das Smartphone wischt laut Android Central mit der Sub-500-Euro-Konkurrenz den Boden auf und wird auch die nächsten vier Jahre noch garantiert Spaß machen.
Fazit zum Smartphone: Meine neue Standard-Empfehlung
In sämtlichen Reviews zum Thema Apple-Produkte zeichnet sich ein Trend ab. Die Hardware ist super, die Software passt meist wie angegossen, nur der liebe Preis stellt einen Stolperstein dar. 479 Euro sind für Top-Hardware aber schon äußerst vertretbar. Selbstverständlich gibt es Geräte zu einem geringeren Preis, die bei einzelnen Punkten überlegen scheinen: Sie bieten etwa einen besseren Kamerasensor, einen stärkeren Akku oder ein OLED-Display mit höherer Auflösung. Der Clou ist aber: Nichts schlägt die Performance, die jahrelangen Updates und generell das Gesamtpaket des iPhone SE zu diesem Preis.
Dieses Smartphone ist für all jene gedacht, die bei Touch ID bleiben wollen und kein Riesengerät möchten. Durch die Kombination von absurd schnellem Prozessor, garantierten Updates für die nächsten vier Jahre und einer Gerätegröße, die dem Trend „bigger is better“ trotzt, hat Apple hier ein ganz starkes Zeichen gesetzt. Um die Frage zu wiederholen: Wozu über 1.000 Euro für ein Flaggschiff-Smartphone ausgeben, wenn man hier nur beim Hardware-Design und der Low-Light-Fotografie Mini-Abstriche macht? Wer auf ein starkes Smartphone in einer kleinen Größe zu einem vernünftigen Preis gewartet hat, kann beim iPhone SE bedenkenlos zugreifen.