Apple trennt sich von Intel: Was steckt alles dahinter?
Die Gerüchteküche brodelt heiß: Apple soll ab 2020 eigene Chips in den Mac-Produkten verbauen anstatt sich auf Intel-Prozessoren zu verlassen. Was alles dahinter steckt und was wirklich dran ist, lest ihr hier!
Intel ist ein Urgestein, was Prozessoren angeht. Gerade im High-End-Sektor macht man dem Branchenriesen nichts vor – nicht zuletzt deshalb hat der Hauptkonkurrent AMD ein ums andere Mal das Nachsehen. Die Gerüchteküche ließ aber dieser Tage aufhorchen: Apple trennt sich von Intel, und das schon 2020?
Dass Apple schon lange potente Prozessoren in seinen iPads und iPhones verbaut, ist bekannt. Auch, dass die aktuellsten Chips schon in Schlagweite von Intels Stromsparprozessoren kommen, ist kein Geheimnis mehr. Doch warum sollte der Konzern aus Cupertino so einen Schritt wagen?
Die Hintergründe
Bei Intel läuft derzeit alles auf Sparflamme. Da kamen Hardware-Verwundbarkeiten (Meltdown und Spectre) an die Oberfläche, bei den neuen Prozessoren sind Performance-Zuwächse nur sehr spärlich zu erkennen, und überhaupt benötigt Intel derzeit ewig und drei Tage, um überhaupt eine neue Prozessorpalette zu launchen.
Apple hingegen designed ihre Chips selbst, und kann Jahr für Jahr wahnsinnige Performance-Zuwächse verbuchen. Die stärksten Mobilchips der Welt werden jährlich noch stärker, und das teils um 50 bis 80 Prozent in nur einer Generation. Kein Wunder, dass hier die Leistungslücke zwischen Apple-Prozessoren und Intel rasch kleiner wurde.
Klar ist auch: Ohne neue Prozessoren lässt sich so ein neues MacBook schwer verkaufen. Wenn Intel dann jahrelang keine Updates bringt, kann es auch kein neues Apple-Notebook mit Daseinsberechtigung geben. Da macht es schon Sinn, dass man zumindest andenkt, auf eigene Prozessoren umzusteigen, wo man die weiteren Entwicklungsschritte kennt und genauestens unter Kontrolle hat!
Das neue macOS soll auch iOS können
Ebenfalls noch in der Gerüchteküche steckt die Information, dass die macOS-Version, die im Herbst 2018 erhältlich sein wird, auch iOS-Apps verwenden können soll. Ob das jetzt bedeutet, dass (endlich?) Macs mit Touchscreen erhältlich sein werden oder doch nur das Entwickeln für beide Plattformen vereinheitlicht wird, sei dahingestellt.
Doch die Vorteile für das Betriebssystem macOS liegen auf der Hand. Über 2 Millionen Apps wären so über Nacht für macOS verfügbar, und bereits gekaufte Apps für iPad und iPhone könnten so auch auf dem Mac heruntergeladen und benutzt werden. Klar, ohne Touchscreen wären iOS-Apps nur halb so gut, aber weiter im Text!
Interessant wird diese Tatsache, wenn man bedenkt, dass es schon so einige gute Spiele für iOS gibt. Da kommen Telltale-Spiele in den Sinn, Evoland II, Star Wars: Knights of the Old Republic, Thumper, Final Fantasy 15, Bastion, Life Is Strange, Baldur‘s Gate, und so viele mehr. All diese Games müssten nicht erneut für macOS portiert werden, sondern wären bereits verfügbar. Diese Apps brauchen keinen Intel-Prozessor, sie wurden ja bereits für Apples ARM-Prozessoren kreiert.
Software: Das Herzstück eines jeden Computers
Da hat Apple in den letzten Jahren Stück für Stück vorgesorgt. Schließlich hat der Konzern schon einiges an Erfahrungen gesammelt, was eigene Prozessoren oder sogar Controller für Monitore betrifft! Eine eigene Programmiersprache namens Swift gibt es ebenfalls schon eine ganze Weile – sie wird immer beliebter und lässt sich einheitlich auf macOS und iOS anwenden.
Doch nicht nur das teilen sich die beiden Betriebssysteme. Ursprünglich stammen die zwei vom selben Unix-Derivat, das heißt, die meisten Grundlagen sind mehr als nur ähnlich. Mittlerweile hat aber auch das selbe moderne Dateiformat APFS Einzug gehalten, sowohl auf iOS als auch auf macOS. Das heißt, auch hier wurde eine Barriere schon im Vorfeld aus dem Weg geräumt.
Ob dann bei Spiele- oder Programm-Ports das Gesamtpaket iOS/macOS noch zu ignorieren ist? Immerhin sind bereits über 1,3 Milliarden aktiver iOS-Geräte im Umlauf, von denen über 90 % entweder auf der aktuellsten iOS-Version oder jener vom Vorjahr laufen. iOS 11 unterstützt nämlich keine alten 32-bit-Apps mehr, deswegen haben einige das Update bewusst nicht gemacht. Das sind schon Zahlen, mit denen ein jeder Publisher rechnen muss. Es würde schon durchaus Sinn machen, doch wie sieht es technisch aus?
Eine Frage der Hardware
Interessierte wissen, dass Intel-Prozessoren auf einer x86-Architektur basieren. Diese bestimmt, wie ein Code verarbeitet wird – Apples ARM-Chips besitzen eine andere Architektur. Ohne jegliche Anpassung würde somit kein Code laufen, das ist eine Herausforderung für die IngenieurInnen in Cupertino. Das hat Apple allerdings schon einmal geschafft, und zwar 2006 bei der Umstellung von PowerPC auf Intel-Prozessoren.
Was würde so ein Umstieg Apple nun bringen? Einerseits bricht man möglicherweise mit bislang kompatiblen Programmen, und andererseits hätte man die Option, jährlich neue Macs zu veröffentlichen (oder wann dann die neuen Chips fertig sind). Spannend wird hier, wenn man bedenkt, dass Intel eigentlich vom High-End-Performance-Sektor kommt (Verbrauch jenseits der 100 Watt).
Die ARM-Prozessoren aus dem Hause Apple wurden nämlich von Grund konstruiert, um Strom zu sparen. Jedes Smartphone, jedes Tablet besitzt einen Akku mit einem gewissen Fassungsvermögen. Klar kann ein Hersteller einen Intel-Prozessor mit 40 Watt Verbrauch einbauen lassen. Das würde aber in einer miserablen Akkulaufzeit resultieren und ist somit für Mobilgeräte nicht erstrebenswert.
Umdenken ist angesagt
Während sich Intel-Prozessoren auf niedrige Leistung heruntertakten lassen und dann auch weniger Strom verbrauchen, sieht es bei ARM-Prozessoren schon anders aus. Hier gilt es, eine delikate Balance zu halten, denn wenn ein ARM-Prozessor zu hoch taktet (an die 3 GHz), benötigt er im Vergleich mehr Strom, als er Mehrleistung bringt. Dafür ist er in niedrigeren Frequenzbereichen wesentlich effektiver und stromsparender.
Die Lösung wäre es wohl, mehrere ARM-Prozessoren parallel zu schalten. Wenn ein A11-Chip (derzeit verbaut in iPhone 8 und iPhone X) schon die Intel-Stromspar-Riege performancetechnisch ins Schwitzen bringt, wie würden sich dann wohl zwei dieser A11-Prozessoren im Verbund schlagen? Diese Chips sind für den Gebrauch in Smartphones konstruiert – in einem Notebook-Gehäuse mit mehr Platz und stärkerem Akku ist hier einiges möglich.
Dann ist da noch die vorhin angesprochene Sache von macOS, das bald auch iOS-Apps verwenden können soll. Diese ARM-Chips haben absolut kein Problem damit, solche teils fordernden Programme auszuführen – dazu wurden sie schließlich gemacht! Je nachdem, wie sich Apple entscheidet, könnten etwa sämtliche Mac-Produkte lüfterlos werden.
Kreatives Gedankenspiel
Die Leistung des A11 ist laut Geekbench-Benchmark auf dem Niveau eines Intel Core i7-6600U (2015). Im Antutu-Benchmark erreicht der A11 226.058 Punkte und übertraf damit als erstes Smartphone-SoC die 200.000. Das betrifft jetzt einen einzelnen A11-Prozessor, der in einem Handy verwendet wird und nicht in einem großen Laptop-Chassis mit dementsprechender Kühlung und Akkubudget.
Anstatt die klassische Bezeichnung von Vier- oder Sechskernprozessor zu bemühen, könnte Apple hier einen Kniff anwenden. Ein MacBook mit vier A11-Chips beispielsweise würde mit einem Vierkernprozessor vermarktet werden. Dass sich auf jedem dieser A11-Prozessoren jedoch sechs CPU-Kerne (zwei Hochleistung und vier Stromsparer) sowie drei Grafik-Kerne befinden, ändert die Sachlage gewaltig.
Denn unter diesen Voraussetzungen ist logisch, dass ein Apple-Vierkernprozessor mit einem anderen Vierkernprozessor (von Intel?) leistungstechnisch Schlitten fährt! Ob sich der Konzern aus Silicon Valley jedoch in diese Richtung entwickelt oder es noch ganz andere Beweggründe gibt, wird wohl nur die Zeit zeigen. Potential gibt es jedenfalls einiges, wenn man bedenkt, was sich bei Smartphones so getan hat.
Face ID, Bewegungssensoren, und, und, und…
Um gleich mal Face ID anzusprechen: Nicht zuletzt der Prozessor aus dem Hause Apple hat diese Innovation möglich gemacht. Die Bildverarbeitung von den Kameras der iPhones läuft ebenso über den A11-Prozessor. Die sichere Verwaltung von Codes und Passwörtern in der „Secure Enclave“? Alles ein Teil eines solchen Prozessors.
Wenn sich Apples Designer hier kreativ austoben dürfen, steht der Notebook-Markt davor, ein weiteres Mal revolutioniert zu werden. Touch ID oder Face ID auf dem Laptop, warum denn eigentlich nicht? Verschiedenste Sensoren in den Prozessoren führten dazu, dass die Smartphones Jahr für Jahr bessere Features erhielten.
Im Notebook-Segment ist hier allerdings die große Flaute zu bemerken. Wenn Intel nicht gerade eine neue Prozessorgeneration veröffentlicht hat, bekriegen sich die Hersteller und versuchen, den Preis zu drücken. Hier eine größere SSD, da eine bessere Grafikkarte, dort ein toller Monitor – aber richtige Innovationen gibt es keine. Noch nicht.
Apple trennt sich von Intel? Wir werden sehen
Apple hat höchstwahrscheinlich noch einige Trümpfe in der Hand, von denen wir noch überhaupt nichts wissen. All diese Vermutungen basieren nun auf dem Stand vom April 2018 – das Gerücht spricht aber vom Jahr 2020. Welche Verbesserungen dann ein möglicher A14-Prozessor mit sich bringt, lässt sich heute noch gar nicht vorhersagen. Selbst wenn diese Trennung vonstatten geht, Intel wird das kaum kratzen.
Die Mac-Sparte macht gerade mal fünf Prozent von Intels Geschäft aus. Darüber hinaus ist fürs Erste davon auszugehen, dass die Hochleistungs-Computer nach wie vor Intel-Prozessoren erhalten. Wenn so eine Transition tatsächlich passiert, dass Apple sich von Intel trennt und lossagt, dann beginnt sie sehr wahrscheinlich bei den portabelsten und derzeit leistungsschwächsten Geräten. Wir sehen dich, MacBook.
Auf jeden Fall ist es kurios, dass ein Gerücht schon ins Jahr 2020 vorgreift. Es ist höchst interessant, welche medialen Wellen dieser Umstand geschlagen hat, sogar der Aktienkurs von Intel hat einen kurzzeitigen Einbruch erlitten. Mich persönlich interessieren eher die Produkte und Möglichkeiten, die so ein Wechsel mit sich bringt. Was haltet ihr davon? Sagt es mir in den Kommentaren!