Apple Watch-Tagebuch, Teil 2
Nach unserem ersten Eindruck von der Apple Watch geht es in Teil zwei nun mehr um die Alltagstauglichkeit der Watch. Ja, das Sportband fühlt sich nach wie vor noch immer fantastisch an, und ja, mittlerweile hat die Apple Watch schon viele Apps kommen und gehen sehen.
Die besten Apps jedoch sind die vorinstallierten, da gibt es keinen Zweifel. Die Workout-App, obwohl noch schwer beschnitten, tut ihre Dienste hervorragend und auch im Dauertest hat sie keinen Absturz verzeichnet, auch die Genauigkeit des Pulsmessers bleibt konstant hoch.
Beschnitten ist die App dahingehend, dass ihr nur aus den folgenden Sportarten auswählen könnt: Rad outdoor, Gehen outdoor, Laufen outdoor, Gehen indoor, Laufen indoor, Rad indoor, Crosstrainer, Rudergerät, Stepper und Sonstiges.
Folgt ihr dieser Logik, so wird schnell klar, dass sämtliche Sportarten wie Fußball, Volleyball, der Fitnesscenter-Besuch, was auch immer unter „Sonstiges“ fallen muss. Wie weit das praktikabel ist, sei dahingestellt, Fakt ist, dass die Anzeigen gut funktionieren. In Verbindung mit Workout habe ich auch Lifesum installiert, eine Ernährungs-App, mit der ihr eure Essgewohnheiten aufzeichnen könnt.
Ein besonderer Bonus für Lifesum ist, dass ihr euch regelmäßig daran erinnern lassen könnt, zu trinken. Wenn ihr zwischendurch mal ein Glas Wasser runterstürzt, tippt ihr einfach in der App auf „Glas hinzufügen“, und die Erinnerung wird euch demnächst nicht behelligen. Vieltrinker werden also niemals eine Erinnerung sehen.
Auch Amazon, Xing und Keynote präsentieren sich auf der Apple Watch hervorragend, so habt ihr abgespeckte Versionen der Apps auf eurer Uhr. Mittels Siri könnt ihr dann auch auf Amazon nach Artikeln suchen, während ihr in Xing beispielsweise Kontaktanfragen sofort annehmen könnt, ohne eurer Smartphone hervorholen zu müssen.
Keynote hingegen funktioniert in Verbindung mit laufenden Präsentationen, so könnt ihr eine Folie weiterblättern, zurückblättern oder eine laufende Präsentation pausieren. Eine Must-Have-App ist Shazam, die, auch wenn sie noch ein wenig langsam startet, euer Musikleben beträchtlich vereinfacht. Schnell getippt, den Arm in die Richtung der Musik gehalten, und ihr habt den Interpreten samt Titel auf eurem Handgelenk.
Elementary Minute (zum Test geht’s hier) macht auch auf der Apple Watch richtig viel Spaß, und so kann man schon davon ausgehen, dass die nächste große Marketingwelle in Richtung Wearables geht. Das Handgelenk macht für kurze Interaktionen wirklich viel Sinn, ganz anders als künstliche Datenbrillen…
Ein weiteres großes Thema ist die liebe Fitness. Mit drei Ringen versucht die Aktivitäts-App, euch immer wieder zu ein wenig Training anzuspornen. Der erste Ring steht für verbrannte Kalorien, die ihr am Tag benötigt habt, der zweite ist für 30 Minuten Training am Tag (der am schwierigsten zu füllende Ring), und der dritte Ring erinnert euch stündlich, aufzustehen.
Gerade für Bürohengste und -stuten macht der dritte Ring richtig viel Sinn, so vermeidet ihr gekonnt, stundenlang am Schreibtisch durchzusitzen. Alle Wochen bekommt ihr eure Auswertung präsentiert, und die Anzahl der verbrannten Kalorien passt sich immer eurer Aktivität an. Habt ihr eine faule Woche erwischt, senkt die Watch die Kalorienanzahl für die nächste.
Wart ihr aber besonders fleißig, motiviert euch die Watch durch einen höheren Vorschlag, um auch in der nächsten Woche diese Zahl wieder zu erreichen. Der Vorschlag ist aber nur ein Vorschlag und lässt sich zu jeder Zeit abändern.
Die Akkulaufzeit der 42 mm-Variante ist enorm. Es gab Tage, wo ich noch mit fast 40 % Akkulaufzeit das induktive Ladepad benutzte, und dann gab es wieder Abende, wo ich stundenlang mit der Watch spielte und dennoch nicht unter 20 % kam. Dieser sich automatisch aktivierende Stromsparmodus namens Gangreserve wurde in meinem Testlauf noch niemals angekratzt, einmal aktivierte ich ihn, um zu sehen, was dieser so bewirkt.
Die Uhrzeit wird euch angezeigt, und sonst nichts. Das war’s. Nach einem Neustart der Watch könnt ihr die Apple Watch wieder wie gewohnt benutzen, mit Apps, Benachrichtigungen und euren eigens angepassten Zifferblättern.
Obwohl die Apple Watch in Österreich noch nicht erhältlich ist, fällt es schon auf, wie vielen Menschen in meinem weniger tech-affinen Umfeld die Apple Watch aufgefallen ist. Die meisten Fragen beliefen sich auf: „Kann man damit auch telefonieren?“ (ja), „kann man die Mails auch lesen?“ (ja), „kann sie auch Kaffee kochen“ (nein, aber euch erinnern, wann er fertig ist) und „bist du zufrieden damit?“ (ja).
Fast schon nebenbei benutzte ich einmal Siri, um mir einen Timer zu stellen – es ging um die geplante Abfahrt ins Kino. Siri am Handgelenk ist für viele noch immer Zukunftsmusik, mit der Apple Watch funktioniert dies aber äußerst zuverlässig. Web-Suchen und komplexere Abfragen müssen bis dato aber noch immer über das iPhone initiiert werden, da vertröstet euch die Watch nur recht trocken an das Smartphone.
Egal, wo ihr euch mit der Apple Watch aufhaltet, sobald sie ins Sichtfeld von Interessierten gelangt, seid ihr in einer Traube von Leuten. Ich kann mir gut vorstellen, dass dies auch mit Google Glass ähnlich gewesen sein muss beziehungsweise sein wird, Fakt ist: Tragbare Technologie lässt offensichtlich nur wenige Leute kalt, egal, wie sehr sie an Technik selbst interessiert sind.
Selbst, wenn es nur zum Ausprobieren von Siri dient, kurz mal den Puls zu messen oder einfach nur die Größe und das Gewicht beim eigenen Handgelenk zu erleben, selten musste ich mehr über ein Gadget von mir reden als mit der Watch.
Zu guter Letzt versuchte ich auch, die Navigation über die Apple Watch abzuwickeln. Dazu hat sich Apple etwas Nettes einfallen lassen: Ihr bekommt auf der Watch die nächste Interaktion (rechts abbiegen, im Kreisverkehr die 3. Ausfahrt nehmen, bitte wenden) mittels einem Pfeil angezeigt und einen Abstandsmesser, der ziemlich schnell reagiert.
Ihr müsst also ständig der Straße folgen, bis die Apple Watch via Taptic-Engine vibriert. Herzschlagähnliches Vibrieren (stark-schwach, Pause, stark-schwach, Pause) bedeutet, dass ihr demnächst links abbiegen müsst, während schnelleres, stakkatoartiges Vibrieren (stark-stark-stark-stark) euch nach rechts leiten möchte. Für komplexere Anweisungen wie Kreisverkehre tippt euch die Watch nur kurz an, und ihr wisst, ihr solltet auf euer Handgelenk achten.
Die ersten zwei Fahrten rein nach Watch waren sehr ungewohnt und ihr müsst euch definitiv umstellen, wenn ihr euch vom Handgelenk leiten lassen wollt. Allerdings wirkt es für BeifahrerInnen wie Magie, denn wenn ihr den Dreh mit den Vibrationen einmal heraus habt, müssen die MitfahrerInnen davon ausgehen, dass ihr den Weg auswendig kennt.
Das einzige Problem ist in Ortschaften und in Gegenden mit vielen Abbiegemöglichkeiten, denn die Watch versucht, euch möglichst viel Zeit zu lassen. Wenn ihr auf der Autobahn zehn Sekunden vor der Abfahrt eine Vibration erhaltet, ist dies gut, doch in der Stadt, wo ihr erst den dritten Abbieger (und bloß nicht den vierten!) erwischen müsst, hilft nur der Blick auf die Watch.
So viel zu diesem Update, wieder wurden einige Dinge ausprobiert, und noch immer habe ich nichts gefunden, was ein klares No-Go für die Apple Watch wäre. Stattdessen muss ich sagen, dass ich bis dato richtig begeistert bin: Ich habe nicht viel mehr als eine Armbanduhr erwartet, und mein Alltag wurde um einiges aktiver und weniger smartphonelastig, als es bislang der Fall war.
Habt ihr Fragen, wollt ihr wissen, wie gewisse Apps funktionieren, oder soll ich etwas ganz Anderes für euch mit der Apple Watch ausprobieren? Schreibt es einfach in den Kommentaren, und ich tue mein Möglichstes, euch rasch eine Antwort zu liefern!