Crash Bandicoot 4: It’s About Time im Test
Crash Bandicoot 4: It’s About Time setzt auf alte Stärken und erzeugt mit behutsamen Änderungen ein spaßiges Jump and Run in 2.5D.
Es wurde wirklich Zeit!
Im Jahr 1998 erschien Crash Bandicoot 3, das letzte Game mit einer offiziellen Zahl im Titel. Die ersten drei Teile entwickelte damals noch niemand geringeres als Naughty Dog. Bis zum heutigen Tag sind dann noch weitere 17 Spiele erschienen, darunter auch einige mehr oder weniger gute Versuche ins Kart Racing einzusteigen. Nintendo und Mario konnte man damals wie heute nicht vom Thron stoßen, weder was Jump and Run, noch Kartracer anbelangt. Die schwankende Qualität ist auch durch die bisher 15 verschiedenen Entwicklungsstudios zu erklären, die in diesem Prozess verschlissen wurden. 2017 fand man mit dem Remake der ersten drei Teile, der Crash Bandicoot: N. Sane Trilogy zurück in die Spur. Entwickler Toys for Bob erledigte damals schon den Port für die Switch und lieferte auch das beliebte Remake Spyro Reignited Trilogy zu den Spyro Titeln ab. Die N. Sane Trilogy konnte sich bis heute über 10 Millionen Mal verkaufen und jetzt endlich gibt es einen vierten Teil. Crash ist damit in der Gegenwart angekommen und das erstaunlich gut.
Back and forth to the future
Wobei Crash nicht nur in der Gegenwart angekommen ist. Die Bösewichte Dr. Neo Cortex, N.Tropi, N.Brio, N.Gin und Uka-Uka, entfliehen ihrem interstellaren Gefängnis durch einen Riss im Raum-Zeit-Kontinuum, wodurch Crash und seine Schwester Coco auch die Vergangenheit und die Zukunft bereisen. Um alles wieder in Ordnung zu bringen müssen die beiden die vier Quantum-Masken finden. Ihr merkt schon der Inhalt der Geschichte ist nicht wahnsinnig tief. Sie sorgt aber für sehr lustige Momente, denn die Zwischensequenzen sind sehr schön animiert und erinnern an Pixar Filme, die mit Animaniacs-Humor gegreuzt wurden – nicht gerade die schlechteste Mischung! Kein Wunder, die Looney Tunes waren eine große Inspiration während der Entwicklung. Die Kabeleien zwischen den Schurken, die zwar denselben Plan haben, sich aber trotzdem nicht mögen und Crash als vertrottelter Beuteldachs funktionieren gut und sorgen für eine humorvolle Stimmung. So gar so gut, dass ich mir davon noch mehr wünschen würde. Da könnte sich ein gewisser italienischer Klempner eine Scheibe davon abschneiden. Die „Story“ ist hier deutlich amüsanter, als in den 2D Marios.
In der Mitte von Klempnern und Affen liegt die Wahrheit
Die Zeitreisen bieten den EntwicklerInnen viele Möglichkeiten für spannende Settings. Karibische Piraten, ein Mad Max Level, wo Crash vor einem riesigen Truck davon laufen muss, oder eine New Orleans ähnliche Stadt zu Mardi Gras. Es wird einiges geboten, aber irgendwie bleibt bei mir das Gefühl zurück, da wäre noch ein bisschen mehr gegangen. Vielleicht liegt das aber auch daran, dass ich gerade Super Mario Galaxy spiele, wo die Kreativität der einzelnen Levels kaum noch übertroffen werden kann. Zieht man den Vergleich aber mit einem Donkey Kong Country: Tropical Freeze – und dieser Vergleich ist bezüglich Schwierigkeitsgrad und 2.5D ohnehin der bessere – dann steigt Crash Bandicoot 4 sehr gut aus.
Es gibt deutlich mehr Abwechslung und viele kleine Details. Im alten China gibt es riesige, leuchtende Drachen, auf den Dächern von New Orleans ist alles bunt beleuchtet, Skelette spielen auf Trompeten und große Spyro-Luftballone fliegen im Hintergrund durch die Luft.
So viele Levels, wie noch nie
Es ist außerdem schön zu sehen, dass Toys for Bob auf eine Open-World verzichtet und stattdessen an den linearen Levels plus Übersichtskarte festgehalten hat. Insgesamt kommt das Spiel auf 43 Levels. Dazu gesellen sich noch der N.Vertiert-Modus, der Levels spiegelverkehrt darstellt und euch durch optische Änderungen neue Herausforderungen bietet. Wenn ihr in einem Level noch nie gestorben seid und ihr eine VHS-Kasette findet, dann schaltet ihr sogar noch weitere Geheimlevels frei. Die sind aber relativ ähnlich und ihr müsst in wirklich kniffligen Sprungpassagen versuchen möglichst viele Kisten zu zerstören und es bis ans Ende schaffen. Mit dieser Vielfalt bietet der vierte Teil mehr Levels als die ersten drei Spiele zusammen.
Vier Masken und viel frischer Wind
Neben der Quantität, steht vor allem die Qualität im Vordergrund denn die Levels unterscheiden sich stark durch ihre Hindernisse, Fallen und sonstigen Gemeinheiten. Im Prinzip wird nur gerannt, gesprungen und gewirbelt. Es gibt aber Schwingseile, Verfolgungsjagden, Jetskifahrten, Wallruns und vieles mehr. All das gibt frischen Wind und die EntwicklerInnen finden immer neue Wege für eine komplett andere Challenge. Dieser Umstand wird noch durch die vier Masken verstärkt, die im Laufe der Handlung gefunden werden können.
Mit der Maske Lani-Loli wechselt Crash die Dimension, was manche Objekte in der Umgebung durchlässig oder fest werden lässt. Sie setzt besonders auf euer Timing. Durch ‘Akano dreht sich Crash noch schneller und kann große Abgründe überwinden und Gegner leichter aus dem Weg räumen. Doch Vorsicht, manche Gegner lassen den Beuteldachs einfach abprallen und schleudern ihn dann gefährlich ein ordentliches Stück zurück. Mit Kupuna-Wa: könnt ihr die Zeit verlangsamen mit Ika Ika die Schwerkraft umdrehen (da hat mein Mario Galaxy Herz vor Freude einen Hüpfer gemacht). Diese Fähigkeiten könnt ihr nicht frei einsetzen, sondern werden euch nur an bestimmten Passagen verliehen. Dadurch sind diese Levels dann aber auch maßgeschneidert und sind richtig cool. Bevor man sich zu sehr an eine Mechanik gewöhnt hat, wirft einem das Spiel schon wieder etwas Neues vor. Das hat mir sehr gut gefallen.
Kompliziertes Hüpfen
Womit ich immer noch nicht gänzlich warm geworden bin, ist die Steuerung. Das liegt auch daran, dass die Levels wirklich bock schwer sein können und ich 10-20 Mal bei einem Run gestorben bin. An sich steuert sich Crash sehr direkt und gut, gerade wenn er am Boden ist. Springt man, katapultiert er sich sehr schnell in die Luft. Das ist auch ok, aber dann kommt eine Art verzögerter Salto und den habe ich oft verflucht. Springt man am Stand macht er den nicht, erst wenn ich den Stick in eine Richtung bewege. Es geht oft nur um Zentimeter und ich konnte mich nicht immer auf ein korrektes Sprungverhalten verlassen. Dieser Umstand, verbunden mit dem Doppelsprung, hat bei mir deshalb selten, aber eben nicht immer zum gewünschten Ergebnis geführt. Präzision wird aber deutlich verlangt. Es ist auch merkwürdig unintuitiv der Kamera davon oder entgegen zu laufen. Dann ist es wahnsinnig schwer Entfernungen abzuschätzen und das ist tragisch, denn jeder Fehler wird sofort mit dem Tod bestraft. Das Spiel stellt euch deshalb auch einen gelben Kreis unter Crash, aber auch der hilft nicht immer aus, wenn die Kamera gerade schräg von oben auf das Geschehen zeigt.
Um das begreiflich zu machen, ich behaupte nicht, dass die Steuerung von Crash Bandicoot 4 schlecht ist. Ich kritisiere aber diesen einen Aspekt davon, da der gesamte Rest so gut und einwandfrei funktioniert. Bei einem solchen Spiel mit so vielen Toden sollte das Ableben immer selbst verschuldet sein. Ich hatte aber manchmal das Gefühl, dass nicht ich den Fehler gemacht habe, sondern ich keine Chance hatte, weil ich nicht wusste wo Crash denn landen wird. Das steigerte kurzzeitig den Frust.
Lebendig ins Ziel kommen, alles andere ist optional
Ich muss das Spiel aber trotzdem für seinen Schwierigkeitsgrad loben, denn Crash Bandicoot 4 ist kein Yoshi oder Kirby-Spiel. Es ist, wenn alles klappt, eine knallharte, spannende Herausforderung, die zu jeder Sekunde fordernd ist. Ein Glück wurde das Spiel modernisiert und es gibt jetzt Checkpoints. Ihr könnt also so oft sterben, wie ihr wollt. Wenn ihr das Spiel tatsächlich zu 100% durchspielen wollt, dann könnt ihr auch die optionalen Herausforderungen jedes Levels machen. Das bedeutet, alle, wirklich alle Kisten eines Levels zu zerstören, genügend Wumpafrüchte einsammeln oder höchstens drei Mal in einem Level zu sterben.
Dann könnt ihr außerdem noch ein Time Trial probieren, wo ihr das Level mit nur einem Leben und in einem gewissen Zeitlimit machen müsst. Das ist der absolute Wahnsinn und kann meiner Meinung nach nur mit Auswendiglernen und viel Geduld geschafft werden. Ich habe das nur bei zwei Levels ausprobiert und es hat ewig gedauert. Ist aber ohnehin optional und liefert euch bei Erfolg ein paar nette Skins. Wer dann noch immer nicht genug hat kann auf den Oldschool-Modus umschalten, wo man sowieso nur 3 Leben hat und dann wieder am Anfang starten muss. Wer bei diesem Spiel mit einer Platintrophäe rauskommt muss masochistisch veranlagt sein und gleichzeitig Spider-Man-Reflex und Nerven aus Stahl haben. Das Spiel einfach nur normal durchzuspielen, war für mich genau richtig und hat mich immer bei Laune gehalten.
Noch mehr neues Gameplay
Ein letztes Gimmick habe ich bis jetzt noch gar nicht erwähnt und das sind die anderen Charaktere. Durch die Raum-Zeit-Kontinuum Geschichte kreuzen Charaktere wie Tawna oder Dingodile immer wieder den Weg von Crash und Coco. Das beschert euch dann einen Extra-Level, wo ihr in einen alten Abschnitt zurückkehrt, dort aber aus der Sicht der Gastcharacktere neue Dinge erlebt. Tawna hat z.b. einen Enterhaken, um sich Feinde zu entledigen und über Abgründe zu ziehen. Außerdem kann sie Walljumps machen. Dingodile ist schwer und behäbig, kann aber mit seinem Staubsauger TNT-Fässer einsaugen bzw. abschießen und damit über Hindernisse hinweg gleiten. Diese Gastauftritte waren sehr cool, haben die spielerische Abwechslung noch einmal erweitert und waren für mich teilweise sogar die Highlights des Spiels.
Dazu gehören aber auch die cool inszenierten Bossfights, die all euer Talent und Können abverlangen. Geht euch dann einmal die Motivation flöten, dann probiert den „Multiplayer“ aus. Den könnt ihr jederzeit aktivieren, es handelt sich dabei aber nicht um Splitscreen. Nach jedem Ableben und/oder Checkpoint wird das Gamepad an den nächsten weitergereicht und am Ende wird abgerechnet, wer besser war. Ganz nett, und ich würde mich so etwas auch öfter wünschen, da ich solche Spiele gerne mal zu zweit mit diesem System spiele (siehe Mario Galaxy). Einen ordentlichen Multiplayer samt Couch-Koop kann dieser Spielmodus trotzdem nicht ersetzen.
Crash Bandicoot 4: It's About Time Fazit
Trotz meiner Kritikpunkte hatte ich wirklich sehr viel Spaß an Crash Bandicoot 4: It’s About Time. Durch die abwechslungsreichen Levels, die zusätzlichen Charaktere und die vier Masken entstehen ständig neue Mechaniken und Situationen, die gemeistert werden wollen. Die richtig harten Zusatzmissionen, sowie die Skins sind nichts für mich. Puristen und Completionists werden damit aber sicher viel Freude haben. Mit dem Einfallsreichtum und den Spielspaß eines 3D-Marios kann Crash noch nicht mithalten. Für die 2.5D Donkey Kong Games reicht es aber alle Mal.