Das Nokia G60 5G im Test: Kompromisse im Sinne der Nachhaltigkeit
Ein nachhaltiges Smartphone, das bei der Nutzung Spaß macht? Weiterlesen – das Nokia G60 5G könnte nämlich in genau diese Sparte fallen!
Das Nokia G60 5G wird laut seiner offiziellen Website entwickelt, um das Leben in vielerlei Hinsicht besser zu machen. Allem voran wird das Smartphone aus 60 % recyceltem Kunststoff hergestellt. Der ökologische Fußabdruck wird somit möglichst klein gehalten, und zudem werden erstklassige Leistung, das aktuellste KI-Kameraerlebnis und Langlebigkeit versprochen. Das Smartphone ist nämlich für eine Lebensspanne von zumindest drei Jahren gedacht, deshalb werden der neueste Mobilfunkstandard 5G, aber auch drei Jahre Garantie, drei Jahre lang monatliche Sicherheitsupdates und drei Betriebssystem-Upgrades versprochen. Nachhaltigkeit ist das Schlagwort für Nokia, da fühlt man sich gleich an das Unternehmen Fairphone erinnert – deren Geräte sind es auch, mit denen sich dieses Nokia-Produkt misst. Das Smartphone ist übrigens in Schwarz und Eis (kein Tippfehler!) verfügbar. Teaser gefällig?
Der erste Eindruck des Nokia G60 5G
Ja, ist denn dieses Gerät dreckig? So, oder so ähnlich war meine erste Reaktion auf den Rücken des Nokia G60 5G von HMD Global. Ganz untypisch hat nämlich der Kunststoff-Deckel des Smartphones unregelmäßige Sprenkel spendiert bekommen, was ihm ein ganz eigenes Look & Feel verpasst. Die Kanten des Produkts sind nämlich sehr clean gehalten: Links gibt es nur einen SIM-Schacht, oben findet ihr ein Mikrofon, rechts erwarten euch Lautstärkeregelung und der Standby-Button inklusive Fingerabdruckscanner, und unten sind wie üblich USB-C-Port, Mikrofon, Lautsprecher und (ja!) eine 3,5 mm-Kopfhörerbuchse verbaut. Der Bildschirm des Smartphones ist seitlich ziemlich randlos, nur unten gibt es einen prägnanteren schwarzen Rand, und oben habt ihr zentriert eine Mini-Stirn, die ausschließlich die Frontkamera umfasst.
Auf der Rückseite des Handys gibt es eine Kamera-Insel, die im Vergleich sehr kompakt und klein wirkt, dennoch aber drei Sensoren beinhaltet. Und dann war da noch der eingangs erwähnte Kunststoffrücken, der sehr cool ist und mal endlich nicht aalglatt wie bei anderen Geräten. Bei der Ersteinrichtung des Nokia G60 5G zeigt sich, dass HMD Global es durchaus versteht, was Nutzer:innen wichtig ist. Der Bildschirm überzeugt auf Anhieb mit seinen flüssigen Animationen, und der äußerst aufgeräumte Skin (Android 12 ist vorinstalliert) macht es auch Neulingen leicht, sich rasch zurechtzufinden. Zwei Homescreens erwarten euch standardmäßig, und natürlich steht es euch frei, nach Herzenslust alles feinzujustieren. Habt ihr dann auch noch erste Updates erledigt und bei Bedarf eure Sicherung wiederhergestellt, kann es schon losgehen mit der Nutzung.
So schlägt es sich im Alltag
HMD Global selbst beschreibt das Gerät so: Das 6,58″ FHD+ Display garantiert ein atemberaubend scharfes Bild – und dank einer Bildwiederholrate von 120 Hz fühlen sich Scrollen und Wischen super flüssig an. Dem ist nichts hinzuzufügen, denn jegliche Interaktion, ob am Homescreen oder innerhalb einer App, wird tatsächlich butterweich wiedergegeben. Die Geekbench 5-Zahlen geben die Punktzahlen 668 (single), 1914 (multi) und 1389 (compute) wieder, was in der Android-Welt im Jahr 2023 der Mittelklasse entspricht. Der Bildschirm jedoch täuscht darüber grandios hinweg und lässt das Erlebnis weitaus flüssiger erscheinen, als man bei diesem Preispunkt erwarten würde. Somit kann ich sagen, dass im Alltag das Ganze perfekt passt, und auch gelegentliche Ausflüge in Spiele wie Alto’s Odyssey laufen größtenteils problemlos und ohne Ruckler ab, so smooth arbeitet das Display.
Der übersichtliche Skin des Android-Betriebssystems macht es einfach, sich beim Gerät zurechtzufinden. Zudem sind auch nur wenige Apps vorinstalliert, dazu gehören etwa LinkedIn, Spotify, My Device, GoPro Quik und ExpressVPN. Wer diese nicht braucht, kann sie ganz leicht deinstallieren und noch ein bisschen mehr Platz freischaufeln. Gegen einen minimalen Aufpreis (20,-) ist das Produkt mit 6 statt 4 GB Arbeitsspeicher erhältlich, der Speicherplatz bleibt jedoch bei 128 GB. Die Akkulaufzeit des Nokia X60 5G ist in Ordnung, ihr kommt auch bei starker Nutzung durch einen ganzen Tag – viel mehr wird es in der Praxis allerdings nicht. Das liegt daran, dass ihr im Alltag mit hoher Helligkeit operieren müsst, da der Bildschirm eher zu den dunklen gehört. Aber das, was das Smartphone bietet, kann es extrem gut – erstreckt sich das auch auf die Kamera-Funktion des Geräts?
Die Kameras des Nokia G60 5G
Die Dreifach-Kamera kann softwareseitig alles, was auch andere HMD Global-Geräte können. Darunter fallen verbesserte Ultraweitwinkel-Aufnahmen, Dark Vision (Nachtmodus 2.0) und KI-Porträts, aber auch ein Stativmodus. Der Reihe nach: Der Nachtmodus 2.0 soll für beeindruckende Fotos bei schwacher Beleuchtung sorgen, der Stativmodus wird automatisch aktiviert, um bei Langzeitbelichtungen ordentlich abzuliefern, und Dark Vision wie auch KI-Porträt sorgen für Details in extrem dunklen Umgebungen beziehungsweise bei der Gesichterfotografie. Die Foto-App ist vollgepackt mit Möglichkeiten und Reglern, sie lässt euch zwischen 0,6x, 1x und 2x Zoom sowie aus den zuvor genannten Modi wechseln. Hier wird so gut wie alles geboten, sogar die Option, Fotos in der vollen Auflösung (50 MP, 6144 x 8160 Pixel – knapp 10 MB) zu schießen. Ein Makro-Modus fehlt jedoch.
Wie es das Datenblatt vermutet, sind natürlich die Ergebnisse mit der Hauptkamera (50 MP Auflösung) am besten. Die Ultraweitwinkellinse hat nur 5 MP Auflösung, das kann zwar funktionieren, hat aber längst nicht so viel Spielraum, wie das mit einem stärkeren Sensor der Fall wäre. Ebenso fällt im Direktvergleich auf, dass bei schwächeren Lichtverhältnissen die Bilder stärker zum Verrauschen neigen. Ja, der integrierte Nachtmodus hilft natürlich, und wenn ihr ein Stativ verwendet, werden die Ergebnisse echt schön. Das ist aber im Alltag extrem selten anzutreffen, und man merkt: Auch, wenn HMD Global mit der 50 MP-Dreifachkamera wirbt, solltet ihr euch davon nicht täuschen lassen. Nur eines der Objektive bietet tatsächlich diese Auflösung, das gilt es zu beachten! Generell sind die Ergebnisse durchwegs besser, als es das niedrige Preisniveau des Nokia X60 5G vermuten lässt.
Unterschiede zum Nokia X30 5G
Wir haben auch das andere nachhaltige Smartphone von HMD Global, das Nokia X30 5G, getestet – lest hier unser Review. Da stellt sich natürlich die Frage, was sind die Unterschiede zum teureren Gerät, das immerhin 519,- respektive 549,- für die stärkere Version kostet? Beginnen wir mit den Themen, so das Nokia G60 5G unterlegen ist: Der Bildschirm ist unterlegen, da er kein AMOLED-Screen ist und nicht ganz so hell werden kann (500 statt 700 nits). Die Hauptkamera besitzt keine optische Bildstabilisierung, und sowohl die Ultraweitwinkelkamera (5 statt 13 MP) wie auch die Selfie-Kamera (8 statt 16 MP) lösen nicht so fein auf. Dazu kommt, dass die Sensoren nicht so lichtstark sind, was die Performance bei schwacher Beleuchtung direkt beeinflusst. Ebenso gibt es keinen Fingerabdrucksensor im Bildschirm, dieser hat seinen Weg auf den Standby-Button an der Seite gefunden.
Der größte Unterschied jedoch herrscht in einem Punkt, der etwas überrascht: Dem Wasserschutz. Die IP-Zertifizierung ist beim Nokia X30 5G die IP67-Klasse, was Schutz vor gelegentlichem Untertauchen entspricht. Beim Nokia G60 5G jedoch fällt dieser Schutz auf die IP52-Klasse, da kann es sogar beim Regen Probleme geben. Diese Entscheidung von HMD Global ist nicht nachvollziehbar! Doch einzelne Dinge sind beim günstigeren Gerät sogar besser, und da sprechen wir nicht nur vom niedrigeren Preis von 349,- respektive 369,- Euro für die stärkere Variante. Der Bildschirm des Smartphones ist geringfügig größer (6,58 Zoll statt 6,43 Zoll Bildschirmdiagonale), und die Bildwiederholrate kann bis zu 120 Hz (statt 90 Hz) erreichen. Ihr seht schon: Mehr Geld verschafft euch auch mehr Smartphone, das überrascht genau niemanden. Eher vermag Nokias Hardware-Abonnement zu überraschen!
Interessant: Das Nokia Circular-Programm
HMD Global bringt mit dem Nokia Circular-Programm (zur Website) ein Abonnement auch nach Österreich. Anfang 2023 wird das Circular-Abo verfügbar sein, und ab 12 Euro im Monat kann man schon dabei sein. Yay, eine neue monatliche Belastung, könnte man meinen – doch was bringt so ein Abo effektiv? Nun, wer ein neues Smartphone haben will, kann im Rahmen des Circular-Programms ein neues Nokia-Handy mieten. Für eine monatliche Gebühr kann man das Gerät so lange nutzen, wie man will. Der Clou dabei: Ein Gerätetausch oder die Kündigung des Abonnements sind nach den ersten drei Monaten jederzeit möglich. Mit dabei ist eine Versicherung, die einspringt, wenn das Gerät einen Defekt aufweist, versehentlich beschädigt wird, verloren geht oder gestohlen wird. Das ist ziemlich cool, vor allem, wenn man viel unterwegs ist und den Service möglicherweise in Anspruch nehmen muss!
Am Ende der Nutzungsdauer wird das Gerät dann wieder an Nokia zurückgegeben – eine Kaufoption wie bei anderen Abo-Verträgen oder Leihkaufoptionen gibt es nicht. Verfügbar ist das Abo-Service derzeit in Deutschland, und in Österreich wird entweder mit den selben oder ganz ähnlichen Preisen gestartet. Selbst bei der Auswahl von verfügbaren Geräten soll es keine oder nur geringfügige Unterschiede geben. Spannend ist auch die Auswahl beim aktuellen Nokia G60 5G: Entweder kauft ihr das Gerät um 349,- (4/128 GB) oder 369,- (6/128 GB) als Einmalzahlung, oder ihr schließt ein Abonnement ab. Im Falle dieses Smartphones kostet euch das Circular-Abo 15 Euro im Monat, für ein Nokia X30 5G kämt ihr auf 25 Euro im Monat, und ein Nokia T10-Tablet ist sogar ab 12 Euro im Monat erhältlich. Gemeinsam mit der inkludierten Versicherung scheint Circular ein gutes Angebot zu sein!
Die Technik des Nokia G60 5G
So wie beim Nokia X30 5G (zu unserem Testbericht geht es hier) kommt auch bei diesem Smartphone der Qualcomm Snapdragon 695 5G-Prozessor zum Einsatz. Ihm stehen je nach Variante entweder 4 oder 6 GB Arbeitsspeicher zur Verfügung – bei den Preisen von 349,- respektive 369,- Euro liegt meine Empfehlung klar bei der stärkeren Version. Ob ihr das Smartphone in Schwarz oder Eis kauft, ist euch überlassen, da geht’s schließlich nur um die Farbe! Euer Erlebnis wird vom 6,58 Zoll großen Display (kein AMOLED!) bestimmt, das mit 2400 x 1080 Pixel auflöst, bis zu 120 Hz Bildfrequenz bietet und bis zu 500 nits hell wird. Die Abmessungen des Nokia G60 5G von HMD Global betragen übrigens 165,99 x 75,93 x 8,61 mm bei einem Gewicht von 190 Gramm. Was die Kameras angeht, hier gibt es eine Rückkamera (50 MP), eine Ultraweitwinkel-Linse (5 MP), einen Tiefensensor (2 MP) und eine Frontkamera (8 MP).
Der Akku dieses Smartphones fasst laut Datenblatt 4.500 mAh und reicht für einen starken Tag Normalnutzung, er unterstützt zudem Schnellladungen mit bis zu 20 Watt Leistung. Vorinstalliert kommt das Android 12-Betriebssystem, und laut dem Versprechen von HMD Global und Nokia wird es auch Upgrades auf bis zu Android 15 geben. Die üblichen Verdächtigen wie 5G-Mobilfunk, Bluetooth 5.1, NFC, eSIM, WLAN 802.11ax und auch eine 3,5 mm-Kopfhörerbuchse sind ebenso mit von der Partie wie ein Fingerabdrucksensor in der Ein-/Aus-Taste. Der Wasserschutz wird mit der Schutzklasse IP52 angegeben, das bedeutet, dass ihr das Smartphone grundsätzlich vom Wasser fernhalten solltet. Warum man hier nicht zumindest eine IP54-Klasse angestrebt hat, um zumindest einen Schutz vor Regen garantieren zu können, wird fürs Erste wohl ein Geheimnis bleiben. Schade! Damit kommen wir zum Fazit des Nokia G60 5G.
Kompromissbeladen und nicht für alle
Es ist nicht leicht, das Nokia G60 5G von HMD Global pauschal zu empfehlen oder pauschal davon abzuraten. Denn der Teufel steckt im Detail, das macht dieses Smartphone ganz klar. Ja, es ist nachhaltig gefertigt und ja, es gibt das 3-3-3-Versprechen (drei Jahre Garantie, Sicherheitsupdates und Betriebssystem-Upgrades) – so weit, so gut. Noch dazu ist der Bildschirm mit 120 Hz Bildwiederholrate extrem gelungen und lässt das Produkt so flüssig operieren, dass es einfach Spaß macht. Zudem bekommt ihr den selben Chip und somit die selbe Performance wie beim größeren Bruder, dem Nokia X30 5G, allerdings zu einem deutlich niedrigeren Preis. Wo sind da die Nachteile, mag man sich fragen? Gut, dass ihr fragt. Nicht jeder braucht einen OLED-Bildschirm, und nicht jeder will ständig Fotos schießen – da braucht man keine optische Bildstabilisierung oder das PureView-Erlebnis.
Warum allerdings bei einem täglichen Gebrauchsgegenstand der Wasserschutz mit IP52-Standard derart niedrig angesetzt wird, verstehe ich nicht. Genauso ist der Bildschirm ziemlich dunkel, was ihn an sonnigen Tagen schwer lesbar macht. Wären diese beiden groben Schnitzer nicht, so würde man sich mit einer Empfehlung weitaus leichter tun, vor allem bei diesem Preispunkt und vor allem mit diesem Fokus auf Nachhaltigkeit! So müsst ihr allerdings für euch selbst abwägen und entscheiden, ob ihr bei einem Smartphone, das ihr täglich nutzt, mit diesen Kompromissen leben könnt. Mir persönlich gefällt die Idee des Drei-Jahres-Versprechens und der Garantie enorm, und der 120 Hz-Bildschirm macht im Verbund mit dem potenten Chip schon Spaß. Schade, dass der Sparstift bei so essentiellen Dingen angesetzt wurde – das Gerät macht nämlich einiges richtig!