Der Nachname Kritik: Folgt Hitler auf Adolf?
Am 20.10.2022 startet Der Nachname in den österreichischen Kinos! Was euch in dem Film erwartet, erfährt ihr hier!
Inhalt
Ein Familienurlaub der Böttchers ohne Familiendrama geht natürlich nicht. Zwei Jahre nach der hitzigen Debatte um den Vornamen Adolf versammelt die Matriarchin Dorothea ihre Familie auf Lanzarote. Augenscheinlich möchte sie nur Zeit mit ihren Kindern und deren Partner:innen verbringen, doch es dauert nicht lange, bis herauskommt, dass sie eigentlich für eine große Ankündigung eingeladen hat. Da ist das Drama natürlich schon vorprogrammiert und es kommt erst ins Rollen, denn Dorothea ist nicht die Einzige, die Neuigkeiten hat.
Hier der Trailer zum Film von Constantin Film:
Pseudo-dramatische Handlungsschleife
Der Nachname ist handlungstechnisch relativ simpel. Ähnlich wie in Der Vorname werden wir zu Beginn des Films in eine scheinbar ganz normale Familiensituation geworfen. Man spürt jedoch deutlich, dass unter der Oberfläche einige Geheimnisse und unterdrückte Konflikte brodeln. All das vergrabene Drama bricht schließlich dramatisch hervor, sobald eine der Figuren eine dramatische Ankündigung tätigt, welche natürlich einen dramatischen Streit nach sich zieht.
Wie man vielleicht schon herauslesen kann, funktioniert diese Handlungsstruktur von Offenbarung – Konflikt – Repeat eher schlecht als recht. Weit gefehlt, die Ankündigungen sind nämlich entweder unerträglich vorhersehbar oder kommen derart aus dem Nichts, dass man weder das eine noch das andere wirklich ernst nehmen kann. Die darauffolgenden Konflikte sind geprägt von Erste-Welt-Schmerz, Boomer-Existenzkriesen und Vermächtnis-Vorstellungen, die schon vor 10 Jahren als antik angesehen worden wären. Die Schleife wiederholt sich für etwas über eine Stunde, lässt jede Figur über ihre melodramatischen Problemchen jammern, bis die Matriarchin letztlich eine pseudo-inspirierende Rede hält, nach der sich schlagartig alles wieder zurechtrückt.
Um euch einen Vergleich zu bieten, hier ist der Trailer von Der Vorname:
Verschwendetes Talent
Schauspielerisch bleibt hier viel auf der Strecke liegen. Was eigentlich unglaublich schade ist, denn der Cast besteht aus talentierten Schauspieler:innen. Das wurde im Vorgänger-Film deutlich unter Beweis gestellt. Doch der Dialog, der ihnen in den Mund gelegt wird, ist derart klischeehaft und generisch, dass man den Film teilweise mitsprechen kann, ohne ihn zu kennen.
Selbst die erfahrene Iris Berben spielt als Dorothea König so hölzern, dass man das Gefühl hat, sie wurde zu der Rolle gezwungen. Der Rest des Casts schafft es zwar immer wieder, die lächerlichen Situationen und die übertriebenen Ausbrüche ihrer Figuren durch kleine Momente der Kontemplation zu vermenschlichen, aber insgesamt gibt es kaum einen Charakter, mit dem man wirklich sympathisieren kann.
Das beste Beispiel dafür ist Florian David Fitz in der Rolle des verhalten-sexistischen Thomas Böttcher. Unfähig auch nur den kleinsten Funken Empathie für seine Mitmenschen aufzubringen, läuft er verwöhnt und privilegiert durch den Film und gibt ohne Unterlass vorurteilsbehaftete Kommentare von sich, die letztlich weder relativiert noch gebüßt werden.
Am besten funktioniert noch Christoph Maria Herbsts Stefan Berger, dessen intellektuell-verschrobene Art fast gleichgut wirkt wie noch in Der Vorname. Herbst spielt die Figur auch mit gewohnter komödiantischer Finesse, doch auch er wird zum Opfer der überzogenen Lächerlichkeit der Gesamtsituation.
Hier könnt ihr euch ein kleines Vornamen-Quiz mit den Darsteller:innen ansehen:
Idyllische Kulisse als Ablenkungsmanöver?
Wenn der Film etwas richtig macht, dann ist es die Szenerie. Das darf man Regisseur Sönke Wortmann und Kameramann Jo Heim wirklich nicht absprechen, denn die Idylle der kanarischen Insel wird wirklich gekonnt eingefangen. Das Setting des Weinguts in der Weite gibt hier natürlich viel her und so werden die ungelenken Dialoge durchgehend von Weinreben in Steinfeldern oder Spaziergängen auf gewaltigen Sandstränden und dem Rauschen des Meeres untermalt.
Das ergibt einen eigenartigen Zweiklang, der den Film visuell sehr viel hochwertiger erscheinen lässt, als er eigentlich ist. Letztlich können die Bilder aber nicht über die geringe Qualität des Skripts hinwegtäuschen.
Der Nachname: Das Fazit
Der Nachname folgt dem Vornamen auf beeindruckend unspektakuläre Weise. Und eigentlich sollte das nicht überraschen, denn die kreative Prämisse des Originals lässt genau genommen keine Fortsetzung zu. Das ist dem Film sehr wohl bewusst, daher wirft er die Prämisse aus dem Fenster und ersetzt sie durch lächerlich überspielte Boomer-Probleme und Erste-Welt-Sorgen. Dabei entsteht ein Film, der zwar mit schön eingefangener Mittelmeer-Szenerie punkten kann, aber letztlich nicht mehr ist als eine unterdurchschnittliche Familien-Tragikomödie, die man ehrlichgesagt nicht gesehen haben muss.