devcom 2018: Horizon Zero Dawn: A No-Nonsense Approach to Designing Robot-Dinosaurs

von David Kolb-Zgaga 20.08.2018

Auf der devomcom 2018 hat Jan-Bart van Beek, seines Zeichens Studio Art Director bei Guerrilla Games, einen Vortrag gehalten, wie es zu Horizon Zero Dawn kam und das alles, was im Spiel eingebaut wird einen Sinn haben muss – und dann haben sie sich für Roboter-Dinosaurier entschieden.

Die Geschichte, wie es zu Horizon Zero Dawn kam

Guerrilla Games war und ist noch immer für die Marke Killzone bekannt. Van Beek erklärte im Talk, dass viele MitarbeiterInnen nach sechs verschiedenen Nazis-im-Weltall-Spielen ausgelaugt waren und man nach neuen Spielideen suchte. Dabei bekam Sony sehr viel Lob ab, da die Firma sich überhaupt nicht in die Entwicklung einmischt und den Studios weder Genres noch Ideen vorschreibt. Guerrilla Games arbeitet Bottom-Up, d.h. dass die Entwicklerinnen und Entwickler mit Ideen und Vorschlägen kommen und diese ihrer Führungsebene präsentieren. Das Studio startete daher mit unglaublich vielen Pitches, die von apokalyptischen Szenarien, bis hin zu einem Berliner-Mauer-Setting gingen.

Ein langer, intuitiver Kreativprozess

Welchen Pitch aber nehmen? Neben Filmen wie Mad Max oder The Book of Eli recherchierte man auch berühmte Zitate, wie dieses von Albert Einstein: Ich bin nicht sicher, mit welchen Waffen der dritte Weltkrieg ausgetragen wird, aber im vierten Weltkrieg werden sie mit Stöcken und Steinen kämpfen.“ Alleine daran kann man das post-postapokalyptische Setting von Horizon Zero Dawn erkennen, wo es Stämme, wie die Nora gibt, die unterentwickelt sind und an steinzeitliche Zeiten erinnern. Und außerdem steht das Studio laut van Beekn einfach unheimlich auf Roboter. Also musste man sich überlegen, warum eigentlich die Welt untergegangen war. Waren es Zombies, ein Atomkrieg? Auch hier gab es Einflüsse wie z.B. ein Terminator, ein Rise of the Machines oder ein Planet der Affen.

Lang vergangene Apokalypse

Man war sich aber schnell einig, dass man weder eine klassische Dystopie, noch eine Utopie kreieren möchte. Nach den Killzone-Titeln gab es nämlich das große Verlangen unter den MitarbeiterInnen ein fröhlicheres, nicht so düsteres Spiel zu entwickeln. Deshalb ist Guerrilla Games die Apokalypse auch etwas anders angegangen. Der Untergang der Zivilisation ist in Horizon Zero Dawn nur mehr ein Mythos, ein lang vergangenes Ereignis, wo es zum Alltag wurde, dass Maschinen die dominante Lebensform sind. Das Leben ging und geht also weiter und so musste überlegt werden, wie eine Welt aussehen könnte, in der die Menschheit kaum bis gar nicht mehr existiert.

Eine Welt ohne uns

Deshalb finden auch viele Einflüsse aus dem Buch The World Without Us in Spiel, das sich genau mit diesen Themen befasst. Wie sieht das aus, wenn die Natur die menschliche Zivilisation zurückerobert? Meist stürzen zuerst die Dächer von Gebäuden ein und später dann Mauern. Hochhäuser mutieren zu neuen Hügeln, ja sogar Bergen, wo sogar Wasser in Form von Bächen durchrinnt. Diese Szenerie hat es auch ins fertige Spiel geschafft, wo überwucherte, eingefallene Hochhäuser an einem Berg stehen und ein Wasserfall aus den ehemaligen Fenstern schießt. Van Beek spricht hier von „buried and overgrowen at the same time“.

Aloy in den Rocky Mountains

Genau wie die Natur, haben es aber auch die Menschen es geschafft zu überleben. Es gibt zwar nur wenige, sehr versprengte Stämme, aber es gibt sie noch. Der Stamm der Nora, zudem auch Hauptcharakter Aloy gehört lebt in einem Gebiet, das den Rocky Mountains nachempfunden ist. Es gibt viele Berge, was bedeutet, dass der Anbau von Getreide oder Gemüse nur sehr schwer gelingt. Deshalb spezialisieren sich die Nora aufs Jagen und das eben nicht nur auf Säugetiere, sondern auch auf Maschinen. Außerdem traf Guerrilla Games die Designentscheidung auf große Tiere, wie Bären oder Hirsche zu verzichten. Deshalb gibt es nur kleine Beutetiere, wie z.B. Hasen. Deshalb gibt es auch sehr viel Kleidung, die aus kleinen Flicken zusammen genäht wurde und so z.B. einen großen Mantel ergeben.

Knochen und Metall

Aber nicht nur das haben die EntwicklerInnen bedacht, sondern auch dass die Nora in einer Umgebung leben müssen, wo sie Seile herstellen können. Mit Seilen kann man Fallen und neue Waffen bauen, die Kleidung erweitern, aber auch Holz zusammenbinden, sodass Hütten und Zäune entstehen. Dadurch war auch die Architektur vorgegeben, denn Bäume gibt es genügend. Es ist beeindruckend, wie in sich geschlossen diese Welt ist, denn durch das viele Jagen erhält man als Nebenprodukt auch Knochen. Diese werden zur Verzierung, als Schmuck, aber auch als Rüstungsteile verwendet. Da aber eben auch Maschinen gejagt werden, gibt es auch Rüstungen, die Metallplatten nutzen, um so noch mehr Schutz zu bieten.

Lesbarkeit des Spiels

Zur Zeit der Konzeption befand sich ein großer Robo-Mech-Elefant im Raum, nämlich die Roboter-Dinosaurier. Erst als all diese vorher beschriebenen Faktoren konzeptuell festgehalten waren, kam es zum Design der Roboter. Zuerst versucht man sich an einem militärischen, industriellen Look (ganz ohne Dino-Design), den man auch schon von Killzone kannte. Es stellte sich aber heraus, dass diese militärischen Roboter nicht lesbar waren. Bei einem T-Rex, auch in Roboform, begreift man ganz einfach woran man ist. Man wird gefressen! Es geht aber auch etwas subtiler, z.B. mit den Wächtern. Diese haben besonders lange Hälse mit einem großen Auge am Kopf. Diese suchen Aloy im hohen Gras und das ist alleine schon anhand ihres Aussehens sofort sichtbar. Aber auch hier bediente man sich wieder an unserer realen Fauna.

Hühnerangriffe

Während der Recherche stieß Guerrilla Games auf die Phorusrhacidae, auch genannt Terrorvögel. Diese Vögel lebten vor ca. 40 Millionen Jahren, wurden bis zu 350 kg schwer und hatten z.B. Pferde auf dem Speiseplan. Diese sympathischen Tierchen heißen im Spiel Langbein.

Die EntwicklerInnen wussten aber noch nicht, wie diese Langbeine Aloy attackieren werden. Denkt man an einen Vogel, kommt einem zuerst der Schnabel in den Sinn. Van Beek zeigte uns darauf ein Video mit einer Mitarbeiterin und zwei Hühnern. Die arme Frau wurde von den beiden Vögeln mit ihren Beinkrallen attackiert (weder Menschen noch Tiere wurden an diesem Tag verletzt). Das wilde flattern und das nach vornewerfen der Beine aus diesem Hühnerangriffsvideo, hat es ebenfalls als Animation in das fertige Spiel gebracht.

Alles hat seinen Platz

Genau wegen solcher Anekdoten und dem Blick hinter die Kulissen schätze ich die devcom. So viele verschiedene Menschen arbeiten an nur einem einzigen Videospiel für Jahre und versuchen alles und jedem in ihren Spielen einen Sinn zu verleihen. Dabei gibt es so viele Gedanken an Story, die Welt und deren Charaktere, die man oftmals als Konsument nicht aktiv sieht, aber mit großer Wahrscheinlichkeit trotzdem mitbekommt. Es ist diese Konsistenz eines großen Ganzen, die uns Gamer in diese Welten eintauchen lässt. Nehmen wir uns also auch mal die Zeit dazu, einen Moment inne zu halten und die vielen Kleinigkeiten zu sehen und diese ebenfalls zu genießen.