Fairy Fencer F (PS3) im Test
Compile Heart ist in westlichen Gefilden nur wenigen SpielerInnen wirklich ein Begriff. Sie haben im JRPG-Universum eine komfortable Nische gefunden und eine loyale Fanbase aufgebaut, und Fairy Fencer F ist der neueste Ableger der EntwicklerInnen. Macht der Titel auch Spaß? Lest mehr hier im Test!
Held? Nein, eher nicht
Ihr findet den Protagonisten des Spiels, Fang, zuallererst in einer Zelle wieder. Die Zwischensequenz ist extrem fein gezeichnet, und die kleinen subtilen Animationen darin sind wirklich gut vermittelt. Fang schläft also in seiner Gefängniszelle, und bevor ihr überhaupt die Frage stellen könnt, wird diese auch schon beantwortet: Wie kam der Held überhaupt hier hinein?
Er wird als fauler Tunichtgut dargestellt, und seine klare Obsession ist so simpel wie vielseitig: essen. Die Geschichte von Fairy Fencer F begann übrigens so: Fang betrat ein kleines Städtchen, wo ihn ein Bewohner darauf aufmerksam machte, dass der Person, die das Riesenschwert da drüben aus dem Boden ziehen kann, jedweder Wunsch erfüllt wird. Fang stapfte also hin und zog das Schwert ohne Probleme heraus. Fairy Eryn erschien und weihte den Auserwählten in sein Glück ein. Gemeinsam sollten die beiden auf eine epische Reise gehen, und während Eryn Fang die Einzelheiten erklären wollte, verlangte dieser nur stur sein Essen. Das war wohl nichts.
So lernten sich die beiden kennen, und Fang muss nun Eryn als „Fairy Fencer“ zur Seite stehen, um alle „Furies“ (magische Schwerter, denen ebenfalls Fairies innewohnen) zu sammeln. Diese werden dazu verwendet, die gütige Göttin wiederzuerwecken, die vor Jahrtausenden gegen den bösen Vile God gekämpft hat. Beide Gottheiten verharren in einer Art Schlafstarre, und es ist eure Entscheidung, welche Gottheit ihr am Ende wiedererwecken wollt …
Interessanter Charaktermix
Die Geschichte lebt natürlich, wie bei JRPGs üblich, von Überzeichnungen und Wortwitz. Der Humor zwischen den stark verallgemeinerten und vereinfachten Charakteren wirkt ziemlich gut, Fangs Hunger ist ein Running Gag (die erste Konversation zwischen Eryn und Fang ist ein absoluter Brüller), und die Story läuft gemächlich in den ersten Spielstunden an.
Allerdings haben die Jungs und Mädels von Compile Heart nicht auf den guten alten Fanservice vergessen, so gibt es zeitweise sehr detailliert animierte Brüste, während die Gesichtszüge eingefroren bleiben, oder gar einen kleinen gezeichneten Striptease. Dies bleibt Geschmackssache, mich persönlich hat es wenig überrascht, dass auch solche Extreme in Fairy Fencer F vorkommen. Schlussendlich spielt man ja ein JRPG nicht nur wegen der Geschichte, richtig? Spaß beiseite.
Die Helden Fang und Eryn sind ziemlich egoistisch und teils herzlos, teils desinteressiert. Eine willkommene Abwechslung zu den HeldInnen westlicher Spiele, wo die HauptheldInnen immer die Verbindung zwischen den anderen ProtagonistInnen sind, aber nichtsdestoweniger erwähnenswert. Auch die Party an sich ist etwas zusammengewürfelt, so habt ihr am Ende von Fairy Fencer F einen Haufen Charaktere, ohne die Hälfte richtig gut zu kennen. Kann sein, muss aber nicht.
Typisch Japan, typisch RPG
Ihr könnt eure HeldInnen selbstverständlich anders anziehen, jede Änderung der Ausrüstung im extra dafür angelegten Outfit-Segment ist sofort ersichtlich und kann auch den Leuten gefallen, die ihre Charaktere eher leicht bekleidet und somit eher gefährdet herumlaufen lassen. Alles ist möglich in Fairy Fencer F, wenn ihr also JRPGs kennt, wird euch hier nichts überraschen.
Fangs Eigenschaft des ewigen Hungers wurde ja schon angesprochen, doch auch die anderen Charaktere haben ganz eigene Charakterzüge, die nach dem ersten Gespräch schon ziemlich offensichtlich sind. Da gibt es eine Fairy, die beispielsweise extrem gern kocht und aufräumt (was für ein perfekter Ausgleich zu Fang!), oder eine Heldin, die es liebt, schroff behandelt zu werden.
Eine exhibitionistische Femme fatale darf natürlich auch nicht fehlen, und der klassische Tank komplettiert die Party. Doch das waren längst nicht alle, denn eure HeldInnen sind nicht die einzigen Fairy Fencers, und so werdet ihr schon bald eine ganze Crew voller Fairy Fencers des Rechts. Dass hier die Balance zwischen gut trainierten und weniger gut trainierten Charakteren bald verschwindet, liegt auf der Hand.
Das Kampfsystem: Nicht neu, aber gut
Das Gameplay selbst präsentiert sich als solide. Fairy Fencer F ist ein rundenbasiertes RPG, nicht unähnlich dem System von Breath of Fire V oder anderen Titeln, das bedeutet, ihr könnt euch im Rahmen eures Zuges frei bewegen und eure Aktionen schön planen. Ganze Kampfstrategien können von euch angepasst und durchgeführt werden, so gilt es, mit sogenannten Weapon Points eure Fähigkeiten zu steigern und so schlussendlich auch die fiesesten Monster zu erlegen.
Da ihr im Verlauf des Spiels mehr HeldInnen habt, als ihr je im Kampf gebrauchen könnt, gibt es die Option, diese im Flug zu wechseln. Generell wechselt Fairy Fencer F richtig schnell zwischen unterfordernd, herausfordernd und echt knackig, sodass ihr die ganze Zeit schön aufpassen müsst, um ja nicht von einem dahergelaufenen Monster mal eben aufgewischt zu werden. Doch auch ihr habt eine Option, um den Monstern ordentlich zu zeigen, wo der Hammer hängt: Die Fähigkeit Fairize ermöglicht es den HeldInnen, mit der in der Waffe innewohnenden Fairy zu verschmelzen und so nach einer mit JRock/JPop-Musik versehenen Szene (die ihr mit L2 überspringen könnt) zu einer Macht zu werden. Dies hilft euch bei den meisten Kämpfen aus der Patsche, wenn ihr nicht ohnehin schon mit Volldampf in ebenselbe rauscht. Speichert früh, speichert oft, dann kann euch wie üblich nichts von den Socken holen.
Technisch etwas eingerostet, aber wieso?
Fairy Fencer F ist optisch ein Hammer, sofern ihr die Zwischensequenzen betrachtet, und deren gibt es viele. In den Kampfszenen und den Erforschungslevels allerdings wird die Sache schnell öd, vor allem, da die Grafikpracht immens abnimmt. Ihr prügelt euch von Raum zu Raum, findet das orangefarbene Rufzeichen, das euch auf der Minikarte angezeigt wird, erledigt den Boss, und macht dasselbe Spiel von vorn im nächsten Dungeon. Okay.
Allerdings ist der Unterschied zwischen den gezeichneten Sequenzen und dem eigentlichen Gameplay so offensichtlich, dass es fast an eine Frechheit grenzt. Auch die Kameraführung kann schnell für Frust sorgen. Ihr habt nämlich ganz wie in Breath of Fire V die Option, eine Attacke auf die Feinde zu starten und euch im rundenbasierten Kampf somit einen Vorteil zu verschaffen. Die Idee ist gut, die Umsetzung jedoch lässt teilweise zu wünschen übrig.
Trainieren geht oft gar nicht, da die Monster nach Abschluss eines Gebietes durch weitaus stärkere ersetzt werden und diese euch nicht selten mit einer Runde ins Nirvana befördern können. Das heißt, ihr solltet streng der Story folgen und eure Punkte beim Charakteraufbau intelligent verteilen, um auch die unvorhergesehenen Schwierigkeitsspitzen (die Balance ist ab und zu echt nicht vorhanden) überleben zu können. Doch Charme und die Charaktere machen Fairy Fencer F einzigartig.
Fairy Fencer F: Ein JRPG für den Einstieg
Ich habe einige Zeit überlegt, was ich von Fairy Fencer F überhaupt erwartet hatte. Die Antwort war: eigentlich nicht viel. Fairy Fencer F meistert den Spagat zwischen abgedrehtem JRPG und westlicher Bedecktheit richtig gut, sodass dieser Titel, wenngleich er sehr östlich wirkt, auch westlichen SpielerInnen durchaus empfohlen werden kann. Die Charaktere und der Humor machen vieles richtig und ziehen die SpielerInnen schnell in ihren Bann.
Optisch gibt es starke Diskrepanzen zwischen den Sequenzen und dem eigentlichen Gameplay zu bemängeln, was aber den echten Fan ohnehin nicht wirklich stört. Dem gegenübergestellt sind dann wieder gute Audiosamples, die richtig Laune machen, und ein starkes Kampfsystem, das euch einerseits anfangs gut an der Hand nimmt und andererseits später im Spiel genügend Freiraum lässt, um eigene Ideen und Taktiken auszuprobieren.
Wer schon immer einmal einen Sprung in das JRPG-Genre wagen wollte und sich vielleicht nicht ganz sicher war, welcher Titel nicht zu abgedreht ist, kann hier bedenkenlos zugreifen. Fairy Fencer F bringt alle Anlagen eines echten JRPG mit, ohne komplett in Hentai-, Domina- oder sonstige Klischees zu verfallen. Nach 20 bis 25 Spielstunden ist der Spaß fürs Erste vorbei, und ihr habt Fairy Fencer F durchgespielt, doch es gibt immer wieder die Option eines New Game + – auch beim zweiten Mal macht Fairy Fencer F immer noch Spaß.