Game Dev Days Graz: Ein Tag unter Österreichs Videospielentwicklern

von Marianne Kräuter 29.08.2016

Dass die heimische Spielentwicklungsszene so einiges zu bieten hat, wissen die wenigsten. Letztes Wochenende fanden die Game Dev Days Graz statt, an denen Entwickler aus Österreich und Osteuropa zusammen kamen, um sich auszutauschen. Ich habe mich ins Getümmel gestürzt und berichte euch, was sich in der lokalen Videospielentwicklung aktuell alles tut.

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Pac-Man-Nudeln und Plüsch-Creeper

Bereits um neun Uhr früh starten am Samstag die Game Dev Days in einem Hörsaal der TU Graz. Ich sitze mit Kaffee und aufgeklapptem Laptop inmitten des jungen und gemischten Publikums – VideospielentwicklerInnen, ProgrammiererInnen, ForscherInnen sowie StudentInnen sind gekommen, um den vielfältigen Vorträgen zu lauschen.

Genau so sieht ein hochprofessionelles Namensschild aus.

Jogi Neufeld aus Wien führt uns zunächst mit einem geschichtlichen Abriss über Videospiele in den Vormittag. Er zeigt, dass sich Videospiele und andere popkulturelle Formen, wie Filme oder darstellende Kunst immer mehr gegenseitig beeinflussen. Pac-Man wurde zum ersten Gaming-Superstar und kam sogar in Werbung für Nudeln aus der Dose vor. Space Invaders war Inspiration für Kunstwerke, wie Game Over. Videospiele werden Filme, wie der Super Mario Bros-Film (welcher die Tradition schlechter Videospielverfilmungen begründet hat).
Heute ist das Medium Videospiele so vielfältig, reichhaltig und anerkannt wie nie zuvor: Symphonieorchester spielen Videospiel-Soundtracks; es gibt Plastikspielzeug von Angry Birds und Plüsch-Creeper zu kaufen; Videospielreferenzen sind in Filmen und Sitcoms allgegenwärtig.

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Erfahrungsaustausch

Nach dieser kurzweiligen Einführung erwartet uns eine Reihe speziellere aber nicht minder interessante Vorträge: Dietmar Hauser, leitender Programmierer von Sproing Interactive Media erzählt uns, warum jedes Programm zum Kotzen ist und wie Programmentwickler und Kunden besser kommunizieren können, um Frust und falsche Erwartungen zu vermeiden. Arno Franzl hingegen verrät einfache Tipps mit denen man die gefürchtete “Crunch-Time” vor der Fertigstellung eines Projekts positiv nutzt und nicht Überhand nehmen lässt. Die Geheimwaffen lauten gute Projektplanung, gute Kommunikation, gutes Task Management und jede Menge Post-Its.

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Mit dem Studenten Peter Oberrauner von Rarebyte sowie dem VR-Forscher Lorenz Jaeger ist auch die Grazer Gamingszene vertreten. Während Oberrauner uns Einblicke in den Ablauf einer Spielentwicklung bietet, klärt Jaeger, wie man verhindert, dass Leuten in VR schlecht wird. Matthias Maschek erzählt wie mit der Gründung des Indiestudios Lost in the Garden aus leidenschaftlichem Hobby ein Vollzeitberuf wurde. Wie man selbst diesen Schritt schaffen kann, erklärt uns Silvia Wipfler in ihrer Präsentation “From Dream to Dream Job”.

Zu den am gespanntesten erwarteten Vorträgen gehören ohne Zweifel die von Mi’pu’mi Games, die einigen wohl durch das erst kürzlich erschienene The Lion’s Song ein Begriff sind, sowie der von Daniel Klug, einem der beiden Entwickler von Game Dev Tycoon. Mehr über diese Highlights  könnt ihr in meinem zweiten Artikel zu den Game Dev Days Graz lesen.

Hands on

Um den Präsentationen konzentriert lauschen zu können, sind genügend Kaffeepausen eingeplant, die natürlich nicht nur dazu gedacht sind, seiner Koffeinsucht zu fröhnen, sondern auch dafür mit den Leuten zu plaudern, Kontakte zu knüpfen und Spiele auszuprobieren. Als erstes wage ich mich an das in nur zwei Monaten entwickelte Hoverboard-Rennspiel von Rarebyte, das sie auch auf der diesjährigen gamescom in Köln präsentierten. Auf einer Art Wii-Fit-Board steuert man die animierte Figur am Bildschirm und hat tatsächlich das Gefühl auf einem Hoverboard zu stehen. Ich bin gespannt, was Rarebyte mit diesem Spielkonzept noch vor hat.

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Spaß beim Zocken von A Hole New World

Als Nächstes versuche ich mich an A Hole New World, das mich visuell an Shovel Knight erinnert. In dem Plattformer steuert man einen Magier, der Magiefläschchen auf feindliche Geister und Ritterrüstungen wirft, um sie zu bezwingen. Besonderheit des Spiels ist, dass einen Löcher im Boden nicht in den Tod stürzen lassen, sondern in eine Art Parallelwelt. In dieser Parallelwelt ist alles auf den Kopf gestellt: Der Boden befindet sich also an der Decke und auch die Schwerkraft ist umgedreht. Ob man tatsächlich zwischen den Welten wechseln muss, um im Level weiterzukommen oder bestimmte Puzzles zu lösen konnte ich während meines kurzen Hand-Ons nicht feststellen. Doch was ich gesehen habe, hat mich durchaus neugierig gemacht.

Ich schaue mich weiter in dem Raum um, in dem mehrere kleine Stände aufgebaut sind, an denen die Entwickler ihre neuesten Werke zur Schau stellen. Die Vielfalt die auf diesem engen Raum ausgestellt ist, ist fantastisch: Es gibt Sprachlernapps, die in der Schule Kindern Prüfungsangst nehmen sollen. Es gibt rasend schnelle und bunte Weltraumrennen am Stand von Lost in the Garden. An wieder einem anderen Tisch sitzen zwei Jungs mit rauchenden Köpfen über einem Puzzlespiel, während eine junge Frau am Tisch gegenüber als mystisches Hirschwesen einen zauberhaften Wald erkundschaftet und Pflanzen zum Erblühen bringt.

So sollen Kinder Sprachen lernen – Mit Spaß statt Prüfungsstress

Vernetzung

Der Tag neigt sich dem Ende zu. Die Brötchen-Platten und Kuchenteller sind größtenteils leergefegt, die ersten Bierflaschen bereits geöffnet. Doch bevor sich entgültig Feierabendlaune breit macht, kommen Personen aller anwesenden Länder zusammen auf die Bühne und diskutieren über die Zukunft der heimischen Videospielindustrie. Zuerst wird ein Überblick geboten, was an Videospielveranstaltungen, Konferenzen, Game-Jams und Ausbildung alles in Österreich, Kroatien und Slovenien geboten wird – Lasst euch sagen, es ist eine Menge! Der Videospielmarkt wächst rasant. Allein in Kroatien hat sich die Anzahl der Leute, die in der Videospielindustrie beschäftigt sind innerhalb der letzten fünf Jahre von 50 auf über 1000 gesteigert! Aus der ganzen westlichen Welt ziehen qualifizierte Leute nach Osteuropa um diesen aufsteigenden Markt zu bedienen. Es wird klar, wie wichtig es ist, dass sich kleine Firmen und Entwicklungsstudios vernetzen und gemeinsame Veranstaltungen planen, um einen größeren Bekanntheitsgrad zu erlangen und sich überregional einen Namen zu machen.

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Mit diesem positiven Ausblick endet der offizielle Teil des Samstags und der Abend klingt noch gemütlich mit Bier und Spielen aus. Ich bin gespannt, was sich bis nächstes Jahr in der österreichischen Videospielszene tun wird und bin auf jeden Fall wieder dabei, wenn die Game Dev Days in Graz rufen!

3 Comments
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Phil Gosch

Toller Artikel, vielen Dank dafür! 🙂

PS: Das Game heißt “A hole new world!” nicht “The hole world”. Steam: https://steamcommunity.com/sharedfiles/filedetails/?l=german&id=447776185

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