House of Cards – Die komplette erste und zweite Mini-Serie (Blu-ray) im Test
Seit 2013 produziert der amerikanische Video-on-Demand-Anbieter die Politthriller-Serie House of Cards, bei der David Fincher (Fight Club) Regie führt und Kevin Spacey die Hauptrolle spielt. Dass die äußerst erfolgreiche Show aber ein Remake ist, ist landläufig eher nicht bekannt. Von 1990 bis 1995 strahlte die BBC nämlich eine gleichnamige Miniserie aus, die ebenfalls auf dem Roman Ein Kartenhaus von Michael Dobbs aufbaut. Dogmatische Möchtegern-Puristen höre ich jetzt schon ihren Schlachtruf brüllen: Originale sind IMMER besser als Remakes! Oder doch nicht? Lest es in meinem Review zu den Blu-rays von House of Cards – Die komplette erste und zweite Mini-Serie.
Facts
- Genre: Politthriller/Satire
- Vertrieb: Pandastorm Pictures
- Regie: Paul Seed
- Release: 25. März 2014
House of Cards – Darum geht’s in der ersten Miniserie
Margaret Thatcher tritt 1990 als Parteichefin der konservativen Partei und somit auch als Premierministerin Großbritanniens zurück. Den ehemaligen Platz der eisernen Lady erklimmt der konservative Henry Collinridge (David Lyon). Hier kommt der eigentliche Hauptcharakter und Antiheld Francis Urquhart (Ian Richardson), ein skrupelloser und berechnender Parlamentsabgeordneter und Fraktionschef der Tories, ins Spiel. Urquhart kann Collinridge eigentlich nicht ausstehen und traut ihm auch politisch nicht sonderlich viel zu. Allerdings befürwortet er Collinridges Aufstieg zur Macht, da ihm ein Ministerposten versprochen wurde, sofern er sich auf dessen Seite stellt.
Doch Versprechen sind bekanntlich da, um gebrochen zu werden. Urquhart soll weiterhin Fraktionschef bleiben. Der Hintergangene schwört Rache. Er verbündet sich mit der aufstrebenden Journalistin Mattie Storin (Susannah Harker) und versorgt sie mit Insiderwissen über die dreckigen Geheimnisse der Regierungsmitglieder. Seine „ParteifreundInnen“ werden es noch bereuen, sich mit ihm angelegt zu haben.
Um Kopf und Krone – Davon handelt die zweite Miniserie
Francis Urquhart hat es geschafft: Nach seiner meisterhaft ausgeführten Schlammschlacht innerhalb der Partei ist er nun Premierminister von Großbritannien. Doch seinen Allmachtsfantasien stehen zwei Dinge im Weg: Zum einen verfolgt ihn ein Ereignis aus der Vergangenheit – Blut, das auf dem Weg zur Macht an seinen Händen kleben blieb. Zum anderen wäre da noch der neue König, der – ganz zu Francis’ Unbehagen – eine liberale und soziale Richtung in seiner Regentschaft einschlagen möchte.
Um diesem für ihn unerträglichen Regierungsstil entgegenzuwirken, spinnt der gewissenlose und ränkevolle Premierminister Urquhart natürlich wieder fleißig die Fäden im Hintergrund, um den neuerlichen Monarchen in seinem Netz wehrlos zappeln zu lassen.
Bild, Ton und Extras
Bildtechnisch kommen die Blu-rays beider Miniserien im Format 1,33:1–4:3 in einer für das Medium gewohnten 1080p-Auflösung daher. Mit dem Prädikat „remastered“ wird auch auf den Verpackungen geworben. Das mag auch stimmen, aber „schlecht“ muss man definitiv hinzufügen. Das Bildmaterial wurde zwar hochgerechnet, allerdings finden sich vereinzelt Artefakte, und bei der allzu groben Körnung und der Unschärfe gehe ich auch nicht davon aus, dass dies ein Stilmittel sein soll. Auch der Ton, der im englischen Original und in einer deutschen Synchronfassung in DTS-HD-Master-Audio-2.0 auf den Silberlingen enthalten ist, ist, nun ja, etwas mickrig in Sachen Qualität. Vor allem der deutschen Tonspur hätte neuerliches Mastering nicht geschadet. Aufgrund der Thematik und des Handlungsortes, ist – entsprechende Englischkenntnisse vorausgesetzt – der Genuss der Serie in Her Majesty’s language ohnehin zu bevorzugen.
Die Extras betreffend bin ich definitiv not amused, denn außer einem spärlichen Audiokommentar findet sich rein gar nichts auf den Scheiben.
Kritik
Das Original von House of Cards macht es mir nicht einfach. Ich finde definitiv Gefallen am Grundkonzept der Serie und der Handlung, denn immerhin bin ich auch von Finchers Neuauflage ziemlich begeistert. Der in beiden Serien vorkommende Bruch der vierten Wand, bei dem Francis Urquhart – bzw. Frank Underwood im Remake – sich direkt an die ZuseherInnen wendet, weiß zu gefallen und unterstreicht den gesellschaftskritischen Ton der Serie perfekt. Die ZuschauerInnen fühlen sich gleichzeitig als Wissende und Vertraute, und dennoch wird ihnen durch diese kleinen Unterredungen bewusst, welche dreckigen Spielchen die hohen Herren und Damen der Politik betreiben und wie hilflos man als Außenstehende/r dagegen ist. Oft möchte man – grob gesagt – einfach nur gepflegt kotzen, wenn einem die eigene Machtlosigkeit gegen die herrschende Obrigkeit so unverblümt unter die Nase gerieben wird. Die Dialoge sind pointiert geschrieben und werden ebenso scharfzüngig von den SchauspielerInnen dargeboten. Der fantastische Darsteller Ian Richardson (Francis Urquhart) ist in seiner Rolle als hassenswerter und dennoch sympathischer Antiheld eine Traumbesetzung und beherrscht als zynischer Intrigenspinner seine Mit- und GegenspielerInnen, spielt sie gar an die Wand.
Dennoch kann man mit House of Cards – Die komplette erste/zweite Mini-Serie nur warm werden, wenn man die steife britische Mentalität und den feinen und zugleich tiefschwarzen Humor zu schätzen weiß. Während Finchers frisches Remake sich vornehmlich an eine jugendliche Zielgruppe wendet, ist es beim Original eher das gesetztere und etwas ältere Publikum, das von dieser BBC-Produktion angesprochen wird. Generation HBO vs. ARD-Tatort-Fans könnte man es wohl in kurzer und knapper Form zusammenfassen. Qualitativ spielt die House of Cards-Miniserie mit dem erstklassigen Ian Richardson und ihrem spannenden Plot aber definitiv in der Königsklasse mit – hervorragende Politthriller-Unterhaltung für eine erwachsenere Generation!
ABER: ich muss hier nicht nur die Story der Serie als solche, sondern vor allem die ganze Blu-ray bewerten, und hier sind wir beim großen Knackpunkt. Sowohl in Sachen Bild und Ton wäre viel mehr drin gewesen, vor allem, wenn man sich schon „remastered“ auf die Flagge schreibt. Wer außerdem auf Extras, Behind-the-Scenes-Material und solcherlei Dinge steht, wird von House of Cards – Die komplette erste/zweite Mini-Serie maßlos enttäuscht sein.
In Summe weiß House of Cards – Die komplette erste/zweite Mini-Serie definitiv zu unterhalten, wenngleich sie eine gemächlichere und stilistisch nicht so übersättigte Erzählweise an den Tag legt als Finchers Überarbeitung. Die Blu-ray als Ganzes bringt mich aber ob ihrer verbesserungswürdigen Präsentation und der dürftigen Zusatzausstattung eher zum Urteil „slightly amused“.