Jurassic World Evolution (PC) im Test
Hand aufs Herz: Wann habt ihr die letzte richtig gute Spiele-Umsetzung einer Filmvorlage gespielt? Jurassic World Evolution tritt kein leichtes Erbe an, wenn man dieses Kriterium als Maßstab heranziehen will. Doch einige Indizien sprechen dafür, dass es sich hierbei um kein lieblos hingeklatschtes Lizenz-Verbrechen an der namengebenden Kinofilm-Serie Jurassic World handelt. Welche das sind, lest ihr in meinem Review.
Wirtschaftssimulation statt Schnellschuss
Da wäre einmal lobend hervor zu streichen, dass die MacherInnen Frontier Developments nicht auf die sichere Karte setzen, und anstelle eines 0815 Schablonen-Shooters das Nischengenre der Wirtschaftssimulation bedienen. Auch dem federführenden Filmstudio Universal Pictures muss bewusst gewesen sein, dass Jurassic World Evolution eine kleine anspruchsvolle Kernzielgruppe bedienen, und keine Abermillionen Stück absetzen wird. Und dennoch sind sie das Risiko eingegangen einen echten Triple-A Titel mit hohem Produktionsbudget und einem ambitionierten Qualitätsanspruch zu kreieren. Um es in den Worten von Dr. John Hammond zu sagen: Es wurden keine Kosten und Mühen gescheut! Und das Ergebnis kann sich durchaus sehen lassen.
Mein Testgerät von Techbold:
- ASUS STRIX-GTX1080-A8G-GAMING, 8GB GDDR5X
- INTEL Core i5 7600K, LGA1151, 4x 3.80GHz
- KINGSTON HyperX Fury black, 16GB Kit (2x8GB), 2400MHz, DDR4 2
- SAMSUNG 950 PRO Solid-State-Disk, 512GB, intern, M.2
Prominente Ratgeber
Wer GenrevertreterInnen wie Themepark oder Rollercoaster Tycoon kennt, wird sich in Jurassic World Evolution gleich zuhause fühlen. Eure Aufgabe als Parkmanager ist es, die karibische Inselgruppe Las Cinco Muertes (der Name ist Programm) in ein blühendes Erlebnispark-Eldorado zu verwandeln. Zeitlich ist das Spiel damit eher am ersten Teil der Neuverfilmungen angesiedelt, und behandelt die Ereignisse des aktuellen Kinofilms kaum. Im Zuge eures Managements kreuzen sich eure Wege mit diversen Promis aus dem Filmuniversum, darunter Chris Pratt alias Owen Grady oder Jeff Goldblum als Dr. Ian Malcolm.
Triceratops und Co
Ihr startet auf dem überschaubaren Eiland Isla Matanceros und werdet dort in die Grundlagen des Parkmanagements eingeführt. Das Herz eines jeden Dinoparks sind, nun ja – Dinos. Die werden im Hammond Creation Lab aus DNA-Mustern gezüchtet, und anschließend ins Freie entlassen. Naja, nicht ins freie Freie natürlich, denn dann würden sie ja die ParkbesucherInnen fressen, und sowas passiert in Jurassic Parks grundsätzlich nie. Mit Elektrozäunen gilt es, passende Gebiete der Insel als Gehege abzustecken. Dabei haben die verschiedenen Spezies ganz unterschiedliche Vorlieben. Während die Einen gerne unter ihresgleichen weilen und sich im Wald verstecken, lieben die Anderen saftiges Weideland und gute Gesellschaft. Gerade die kleinen billigen Dinos, die ihr zu Beginn des Spiels ausbrüten könnt, erweisen sich als dankbare und pflegeleichte Attraktionen.
Für die Gäste nur das Beste
Die anderen Lebewesen, um deren Wohlergehen ihr euch kümmern solltet, sind die zahlenden BesucherInnen eures Parks. Ein vielfältiges und authentisches Dinosaurieraufgebot ist ihnen ebenso wichtig wie Verpflegung, Nächtigungsmöglichkeiten und gut sortierte Souvenirläden. Wie zufrieden eure Gäste sind, könnt ihr am unteren Bildschirmrand an einer Fünfsternebewertung ablesen. Einnahmen aus den Parkbesuchen reinvestiert ihr in die Erforschung und Zucht neuer Dinosaurier, die Sicherheit und die Erfüllung der steigenden Ansprüche eures Publikums.
Forschung, Unterhaltung, Sicherheit
Die drei Aspekte Forschung, Unterhaltung und Sicherheit werden durch drei Abteilungsleiter verkörpert, die euch laufend mit neuen Aufgaben eindecken. Je besser ihr diese Aufgaben erfüllt, desto mehr Ruf erwirtschaftet ihr bei den entsprechenden Abteilungsleitern, was euch Zugang zu neuen Gebäuden, Forschungszweigen und Inseln ermöglicht. Die meiste Kohle bekommt ihr anfangs mit Isaac Clement vom Unterhaltungszweig, vernachlässigt aber bloß nicht die beiden anderen!
Expeditionen
Um an neue Dinosaurier-DNA zu kommen, müsst ihr laufend Expeditionen in alle Teile der Welt fliegen, und das wertvolle Erbgut aus fossilen Grabungsstätten bergen. Je mehr DNA ihr zu einer Spezies eingesammelt hat, desto authentischer werden die Dinos, die anschließend durchs Gehege stapfen. Darüber hinaus könnt ihr das Erbgut eurer Dinos auch genetisch modifizieren, um beispielsweise deren Resistenz gegen Krankheiten zu steigern.
Sicherheit geht vor
Zwei essentielle Gebäude stehen euch in Form der Ranger-Station und der ACU-Einrichtung parat. Die Ranger reparieren kaputte Zäune, heilen kranke Tiere und füllen leere Futterstationen nach, während die Sicherheitsfachkräfte der ACU ausgebüchste Dinos betäuben und zurück in ihr Gehege befördern. Diese Tätigkeiten könnt ihr wahlweise auch in der Third-Person-Perspektive selbst erledigen. Das alles kostet neben Geld auch noch eine Menge Strom, den ihr in Kraftwerken erzeugen, und durch Umspannwerke zu den entsprechenden Einrichtungen leiten müsst. Fällt der Strom mal aus, oder werden die Leitungen durch einen Sturm beschädigt, werden eure Einrichtungen dadurch handlungsunfähig.
Nichts geht mehr
Und noch ein großes Problem entsteht durch vermeintlich kurze Blackouts: Die gewieften Karnivoren nutzen Schwachstellen in den Elektrozäunen, um mal etwas Schmackhafteres als Ziege zu kosten, und reißen allzu gerne aus. Das kann sich rasch zu einer echten Teufelsspirale auswachsen. Keine Energie um das ACU-Team loszuschicken, unzufriedene (weil tote) BesucherInnen und schwindende Bargeldreserven um das Schlamassel aufzuräumen können euren Freizeitpark in den Ruin treiben. Da hilft oft nur mehr der Druck auf die Taste „Insel neu starten“. Zum Glück spielt sich jede der fünf Inseln der Kampagne als eigenständige Mission, euer Gesamtfortschritt dadurch nicht vor die Hunde, äh Dinosaurier.
Technik
Eine große Stärke von Jurassic World Evolution ist seine Präsentation. Die dicht bewaldeten Inseln des Cinco Muertes-Atolls sind sehr detailverliebt und ansehnlich gestaltet. Wenn der Park brummt, wuseln gigantische Massen fein animierter BesucherInnen durch die Straßen des Parks. Das eigentliche Highlight sind natürlich die Dinos selbst, vom kleinen Struthiomimus bis zum gigantischen Brachiosaurus sieht jeder einzelne Saurier zum Anbeißen aus. Verschiedene Wetterbedingungen tauchen eure Parks in stimmungsvolle Lichtverhältnisse. Untermalt wird das Ganze von stimmigem Sounddesign, und den bekannten Klängen der Jurassic Park-Reihe.
Fazit zu Jurassic World Evolution
Wer hat als Kind nicht davon geträumt, einmal einen eigenen Jurassic Park zu planen, um dort lebensechten Dinos zu begegnen? Jurassic World Evolution erfüllt mir diesen Kindheitstraum! Die Dinosaurier sehen einfach fantastisch aus, und es ist ein erhebendes Gefühl, wenn der erste T-Rex aus seiner Brutstation stapft. Natürlich ist nicht alles Gold was glänzt, und auch Jurassic World Evolution erlaubt sich den ein oder anderen Schnitzer. Die Kamerasteuerung ist teilweise etwas eigenwillig, und die ständigen Expeditionen werden zum Schluss des Spiels immer aufdringlicher und lästiger. Die Monologe der deutschen Synchronsprecher wirken streckenweise etwas gekünstelt und käsig. Und dann wäre da noch die verdächtig nach DLC riechende Abwesenheit einer der größten Attraktionen aus den Filmen: Der Mosasaurus fehlt! Im Grunde seines Herzens ist Jurassic World Evolution jedoch eine liebevolle, mutige und würdige Spieleumsetzung eines Kinofilmes geworden – vielleicht sogar die beste, die ich je gespielt habe. Nach reiflicher Überlegung habe ich mich dazu durchgerungen, diesen Park zu befürworten!