L.A. Noire: The VR Case Files Test (PSVR): Einmal Detektiv sein?
In L.A. Noire: The VR Case Files dürft ihr in die Haut von Detective Cole Phelps schlüpfen. Lohnt sich das? Lest das Review!
Worum dreht es sich in L.A. Noire?
Gleich vorweg: Ich habe den Originalteil geliebt, daher auch dieser Auszug aus dem Review: Cole Phelps (gespielt von Aaron Staton), Jahrgang 1920, ist ein guter Offizier. Er glaubt an das größere Gute und ist ziemlich rücksichtslos dabei, den Weg zu dieser besseren Welt zu ebnen. Eigentlich hat er ein gutes Leben: Er ist verheiratet, wurde mit 18 in den Krieg geschickt und kommt als Kriegsheld wieder nach Hause. Phelps tritt dem LAPD (Los Angeles Police Department) bei, und hier steigt ihr ins Spiel mit ein. Ihr merkt schnell, dass er einen großen Angriffspunkt hat, nämlich den Krieg. Der kühle Cop behält immer seine Nerven, blockiert aber bei diesem Thema sofort und würgt jedes Gespräch dazu ab.
Anscheinend sind hier Dinge passiert, auf die Cole alles andere als stolz ist, und das führt dazu, dass er einfach nicht darüber reden will. Das bringt ihm zwar einen gewissen Ruf ein, aber Fakt ist, dass Cole Phelps als Perfektionist gilt. Wenn der gefeierte Kriegsheld etwas anfängt, bringt er es auch zu Ende. So spielt ihr die erste Stunde des Spiels als Streife, was gewissermaßen als Polizeischule (gleichnamig auch die Trophäe dafür) durchgeht. Ihr erlernt also das Handwerk von der Pike auf und geht Schritt für Schritt vor. Dass dazu nicht nur Waffengewalt, sondern auch viel Fingerspitzengefühl gehört, ist klar.
L.A. Noire: The VR Case Files beginnt actionreich
Wenn ihr erwartet, dass ihr die Detektiv-Momente aus L.A. Noire erleben dürft, werdet ihr nach dem Start bitter enttäuscht. Gleich in den ersten Spielminuten müsst ihr alles, was in VR eher mäßig funktioniert, durchleben. Nach einer Verfolgungsjagd zu Fuß folgt ein Boxkampf, und danach dürft ihr Auto fahren. Ihr greift von euch ungewöhnlich weit weg (niemand würde in einem derart langen Auto fahren!), und generell ist die Bewegung in L.A. Noire: The VR Case Files etwas, was auch gestandenen VR-VeteranInnen auf den Magen schlägt. Warum hat das Team das so umgesetzt?
Gerade der Anfang, den die allermeisten SpielerInnen spielen werden, ist echt enttäuschend geworden. Ja, man spielt die Szenen aus L.A. Noire aus der Sicht von Cole Phelps nach, so weit, so gut. Aber spätestens nach einem Schusswechsel mit Schrotflinte gegen Pistolen fragt man sich, warum man all dies erdulden muss, bevor man endlich zu den ruhigen, immersiven Szenen von L.A. Noire: The VR Case Files kommt? Noch dazu werden nur ausgewählte Missionen aus dem Originalspiel in VR präsentiert, somit habt ihr auch kaum einen Zusammenhang zwischen den einzelnen Fällen. Das ist jammerschade.
So bewegt ihr euch fort
L.A. Noire: The VR Case Files bietet euch drei Modi der Bewegung an. Die erste ist eine Art freie Teleportation auf begehbaren Flächen. Sie ist zwar für Verfolgungsjagden gut geeignet, reißt euch aber bei jeder einzelnen Teleportation wieder aus der Immersion. Die zweite Methode lässt euch auf glühende Objekte klicken, wo ihr eben zu diesen Objekten (oder darüber) teleportiert werdet. Die dritte Option ist, tatsächlich zu gehen – dies ist allerdings nicht besonders gut umgesetzt und schlägt euch rasch auf den Magen. Die PSVR ist dafür nicht ausgelegt, schon gar nicht im Sitzen.
Bezüglich Immersion ist noch etwas zu sagen: L.A. Noire: The VR Case Files lässt euch nicht immer in der Haut von Cole Phelps stecken. Manchmal seid ihr als unbeteiligte Dritte mit von der Partie und seht eurer Hauptfigur beim Handeln zu, und teilweise steckt ihr im Körper von anderen Figuren. Hier wurde einfach zu wenig auf das Spielerlebnis geachtet, und ihr könnt euch nicht mal wirklich sicher sein, ob ihr gerade ihr seid. Oft wollt ihr während einer Zwischensequenz etwas tun, was euch dann mit einem Verbotsschild quittiert wird – Freiheit sieht wahrlich anders aus!
Der Ablauf des Spiels
Im Grunde erwarten euch abgespeckte Versionen der Originalmissionen. Das Karussell zwischen Autofahrt, Spurensuche, Verfolgungsjagd, Verhör und Entscheidung wird in L.A. Noire: The VR Case Files nicht immer zu 100 Prozent eingehalten. Euer Notizbuch ist auch in der VR-Version äußerst wichtig, und bei den Verhören habt ihr drei Optionen: Der Person glauben, der Person nicht glauben oder die Person beschuldigen – dafür braucht ihr dann aber handfeste Beweise. Leider sind diese Sequenzen in der Zahl zu gering, das volle Erlebnis bietet nur das L.A. Noire ohne VR.
Wie vorhin schon angesprochen, fehlt euch beim Spielen dieses Titels der rote Faden von der Geschichte der Hauptfigur Cole Phelps. Habt ihr allerdings Spaß daran, Schießereien, Verhöre und Verfolgungsjagden in VR mitzuerleben, könnt ihr L.A. Noire: The VR Case Files eine Chance geben. SpielerInnen des Original-Teils werden hier nicht viel Neues sehen, eher fehlt euch vieles von dem, was L.A. Noire so klasse gemacht hat. Das Spiel ist zwar komplett in VR gehalten, verliert aber einiges vom Herzblut und der kreativen Schaffenskraft des originalen Teils.
Die Technik von L.A. Noire: The VR Case Files
Die Optik des Titels kann sich wie schon damals mehr als nur sehen lassen. Die Gesichter und die einzelnen Charaktermodelle sehen gut aus, allerdings gibt es manchmal sehr verstörende Kombinationen. Es wirkt einfach nicht rund, wenn ihr einen perfekt animierten Kopf auf einem völlig starren Körper beim Reden zuseht. Die Stadtbereiche, so schön groß sie auch sein mögen, sind einfach nur leblos und größtenteils leer. Hier wäre einiges drin gewesen, wenn man die Städte ein wenig mit Leben gefüllt hätte. Hat man aber nicht, und deshalb wird Erforschen kaum belohnt.
Die Soundstage von L.A. Noire: The VR Case Files hingegen macht keine groben Patzer. Das ist aber auch nicht wirklich schwierig, da schon der originale Teil hier so richtig geglänzt hat! Sowohl bei Schießereien als auch bei ruhigen Gesprächen können die SprecherInnen vollkommen überzeugen. Was den Punkt der Steuerung angeht, so ist es knifflig, den Titel mit PSVR im Sitzen zu spielen. Eine HTC Vive mit der kompletten Raumsteuerung kann die Fülle an verlangten Bewegungen sicher besser umsetzen, als wenn ihr euch von einer Couch noch weiter bücken müsst. Schade!
Fazit zum Spiel: Gute Idee, aber...
L.A. Noire: The VR Case Files hätte so viel Potential gehabt. Fans des Originalspiels müssen hier wirklich aufpassen, bevor sie einen Fehlkauf tätigen – viel Neues gibt es nicht zu sehen, und bis auf das Autofahren in VR ist hier ausnahmslos alles nicht so gelungen wie im Nicht-VR-Titel. Die Städte sind leer, der Einstieg ist mit den wohl VR-ungünstigsten Mechanismen gespickt, und ihr solltet möglichst die PSVR im Stehen spielen. Ansonsten reißt euch L.A. Noire: The VR Case Files ein ums andere Mal aus der Immersion, und das sollte ja gerade bei einem VR-Spiel unbedingt vermieden werden.
Natürlich sind die Grundlagen des Spiels die gleichen wie bei der Vorlage. Auch, wenn einige Kapitel fehlen und somit der rote Faden der Story nicht existiert, sind die Mechanismen wie Autofahrt, Spurensuche und Verhör nach wie vor wirklich gut umgesetzt. Gemeinsam mit der für VR tollen Optik ist der Titel einer der wenigen, die für PSVR erhältlich sind und euch so etwas bieten. Alles in allem kann ich L.A. Noire: The VR Case Files nur sehr vorsichtig empfehlen: Ja, das Spiel ist an sich schon in Ordnung. Ihr müsst nur ganz genau wissen, worauf ihr euch einlasst – und einen guten Magen braucht ihr auch.