Max Raabe & Palast Orchester in der Grazer Stadthalle: Ein perfektes Konzert
In seinem neuen Album „Der perfekte Moment… wird heut verpennt“ singt Max Raabe nicht nur von großen Gefühlen, sondern auch von Alltäglichem, wie Fahrrad fahren oder einfach mal einen Tag lang faul zu sein. Wer sich angesichts des banalen Sujets und den dahinplätschernden Melodien fragt, ob Raabe langsam in die Altersbequemlichkeit rutscht, muss nur ein Livekonzert besuchen, um diese Zweifel zerstreut zu sehen.
Auch wenn die Tour im Namen der neuen Platte steht, mischt sich nur eine Handvoll der neuen Stücke in das bunte Programm, das erwartungsgemäß vorwiegend aus Tanzmusik der 20er und 30er besteht. Dabei reichte das abwechslungsreiche Potpourri von den Comedian Harmonists bis Robert Stolz, von lustigen bis ruhigeren Stücken und gab dem Publikum Anlass zu lachen (Amalie geht mit’m Gummikavalier, Dort tanzt Lulu) sowie zu schmachten (Ich küsse Ihre Hand, Madame).
Vor allem die zweite Hälfte, die mit einer schwungvollen „Um die Welt“-Fassung von Kein Schwein ruft mich an eingeleitet wurde, riss das Publikum mit. Bis es bei Robert Stolz’ Salome andächtig still wurde. Auch die Zugaben (Mein kleiner grüner Kaktus) begeisterten.
Entgegen des Mottos der Tour, haben Sänger sowie Orchester keinen Moment verpennt, sondern zeichneten sich durch überragend präzises Spiel aus, ohne dass der Ausdruck zu kurz kam. Es war eine Freude, den eingespielten MusikerInnen zuzusehen: Hier sitzt jeder Handgriff, jede Geste. Neben dem ausdrucksstarken Gesang Raabes sorgten zahlreiche instrumentelle Solos für reichlich Schwung und Abwechslung. Stets gab es für den Zuhörer bzw. die Zuhörerin Neues zu entdecken. Selbst die nicht ideale Akustik der Grazer Stadthalle fiel hier nicht ins Gewicht. – Ein Lob an dieser Stelle an Ton- und Lichttechnik, die zum reibungslosen Gesamtbild ihren wichtigen Teil beitrugen!
Kultiviertes Understatement
Die Bühnenshow wurde ebenfalls bis ins Letzte perfektioniert: Angefangen von der Lichtstimmung auf der Bühne, über Gestik der MusikantInnen bis hin zur Silhouette Raabes, wenn er in einer Gesangspause im Schatten wartend am Klavier lehnt und so direkt einem Modekatalog der 1930er entsprungen sein könnte. Die ganze Show ist ein sorgfältig inszeniertes Understatement und funktioniert gerade darum so prächtig.
Raabes trockene, knackige Anmoderationen bilden schließlich die Kirsche auf der Sahne. Niemanden sonst gelingt es auf diese Weise mit wenigen Worten informativ, charmant und witzig zu sein und gleichzeitig mühelos eine Brücke zwischen ein Jahrhundert alten Stücken und der Gegenwart zu schlagen.