Oddworld: Stranger‘s Wrath HD Test (Switch): Auf der Jagd
In Oddworld: Stranger‘s Wrath HD schlüpft ihr in die Haut von Stranger. Holt euch Kopfgelder und Upgrades – ob das Ganze Spaß macht, lest ihr im Review!
Über Oddworld: Stranger‘s Wrath HD
Der namensgebende Protagonist Stranger ist ein Wesen namens Steef, das mit einem Menschen nur wenig gemein hat. Er ist größer, schneller und wohl auch ein bisschen instinktiver – nicht, dass ihr in Oddworld: Stranger‘s Wrath HD auf Menschen treffen würdet. In dieser Welt, die nicht wenig an den Wilden Westen angelehnt ist, treiben viele Banditen und Gesetzlose ihr Unwesen. Die Behausungen leiden unter den Angriffen, aber irgendwie ist nur Stranger wirklich willens, der Bedrohung ein Ende zu machen. Hier kommt ihr ins Spiel.
Stranger will zu Beginn des Games den hiesigen Doktor aufsuchen, da er eine Operation wünscht. Für ihn sei sie „lebensnotwendig“, und deshalb habt ihr einen guten Grund, die Storyline zu verfolgen! Der Doktor verlangt 20.000 Moolah, und so viel habt ihr natürlich nicht im Säckel. Daher schickt euch das Geschehen von Oddworld: Stranger‘s Wrath HD kurzerhand auf die Reise, um Kopfgelder zu sammeln. Die Banditen haben sich verschiedene Gräueltaten zuschulden kommen lassen, und ihr sollt die Fieslinge einsammeln – tot oder lebendig.
Die ersten Schritte im Spiel
Ihr fasst in der Siedlung Fuß und könnt euch von Anfang an frei umher bewegen. Das spärliche Dörfchen bietet euch das Kopfgeldhaus, einen Tante-Henna-Laden und auch andere Etablissements. Jedes Mal, wenn ihr Banditen fangt, könnt ihr diese im Kopfgeldhaus gegen Moolah – die Währung in Oddworld: Stranger‘s Wrath HD – eintauschen. Hier ist natürlich die Anzahl der kleinen und großen Fische, die ihr gefangen habt, wichtig, aber auch deren Zustand. Lebendig bringen euch die Rabauken mehr als tot, das gilt auch für die großen Anführer, auf die ein größeres Kopfgeld ausgesetzt ist.
Dementsprechend erklären sich auch die Spielmechaniken des Games wie von selbst. Stranger kann sich sowohl im Nahkampf als auch mit seiner Armbrust behaupten, das ist für einen Kopfgeldjäger keine große Überraschung. Allerdings bietet euch Oddworld: Stranger‘s Wrath HD noch mehr Mechanismen: Ihr dürft euch in hohem Gras verstecken, ihr seht in einem Radar links unten die Sichtweite und -richtung der Feinde, es lassen sich Fallen legen und ihr könnt die Gegner mit spezieller Munition durch Geräusche auch anlocken. Hier ist einiges aus der Metal Gear-Reihe mit an Bord, und das tut dem Titel ganz gut!
Außer Action … nur Action
Oddworld: Stranger‘s Wrath HD zeichnet ein Fokus auf seine Spielmechanismen aus. Ihr holt euch einen Steckbrief, bekommt eine vage Beschreibung, wo sich der Fiesling aufhält und tretet die Reise an. Auf dem Weg besiegt ihr eine ordentliche Anzahl von kleinen Bösewichten, die ihr (tot oder lebendig) mitnehmt – eine Art Saugervorrichtung à la Luigi‘s Mansion 3 hilft euch dabei. Unterwegs könnt ihr auch eure Munition wieder auffüllen, indem ihr kleine Spinnen (Bolamiten), pelzige runde Wesen (Fuzzles) oder sonstige Getiere wie AB-Hörnchen und Käfer abschießt. Wenn ihr die bewusstlosen Tierchen dann sammelt, werden sie zu Munition für eure Armbrust. Das ist übrigens auch eine Sache, die diesen Titel von anderen abhebt.
Während das Munitionsammeln etwas an das Draw-System aus Final Fantasy 8 erinnert, macht es richtig Spaß, verschiedene Käferchen für unterschiedliche Dinge zu verwenden. Die Fuzzles können beispielweise auf den Boden oder an Wände geschossen werden, dort bleiben sie haften. Kommt dann ein Gegner in die Nähe, schnappt die Fellfalle zu und alle Tierchen stürzen sich auf den Feind! Mit der aufgeladenen Zappfliege könnt ihr eure Widersacher im Nu betäuben, die Bolamiten fesseln den Banditen in Windeseile – es ist vollkommen euch überlassen, wie ihr Oddworld: Stranger‘s Wrath HD in Angriff nehmt. Übrigens könnt ihr euch mit der X-Taste jederzeit abklopfen und somit wieder heilen, was im Austausch gegen Ausdauer passiert. Diese regeneriert sich wieder, wenn ihr eine Weile still steht – eine Herausforderung mitten in einem Kampf!
In der Welt von Oddworld: Stranger‘s Wrath HD
Die Umgebung, in der ihr spielt, ist ziemlich karg geraten. Ihr fangt in einer Gegend an, die von Gelb- und Brauntönen dominiert wird. In dieser Gangart geht es weiter, das Western-Feeling à la Route 66 kommt hier voll durch. Schade ist nur, dass die Welt von Oddworld: Stranger‘s Wrath HD an sich eher leer wirkt: Man merkt, dass das Game doch schon einige Jahre auf dem Buckel hat. Die Farbenpalette ist daher stets beschränkt, aber wenn ihr etwa auf bunte Schilder trefft, die euch den Weg weisen, ist das wieder gut. Solche Hinweise fallen dann nämlich doppelt auf, und ihr müsst euch oft visuell orientieren. Der minimalistische Stil des Games hilft euch dann dabei, während er euch während dem Gameplay ein wenig langweilen kann.
Wenn ihr auf Bossgegner trefft, habt ihr zwei Optionen: Besiegen könnt ihr sie, indem ihr deren Lebensbalken auf Null bringt. Allerdings gelten sie dann als tot, und eure Belohnung wird empfindlich vermindert. Man kann durch clevere Munitionsentscheidungen aber jeden großen Kampf relativ schnell beenden, indem ihr explosive Käfer verwendet, die gute alte Zappfliege zum Betäuben einsetzt und dann rasch die Fesseln auspackt. Wenn ihr euch aber gegen diese Taktik entscheidet, findet ihr euch in jedem größeren Kampf in der Unterzahl wieder. Diese Arena-Fights mit massig vielen Unterlingen und einem groß aufspielenden Boss können dann ein wenig repetitiv wirken. Was die Balance angeht: Wenn ihr alle Feinde töten wollt, habt ihr mehr Schwierigkeiten, als wenn ihr clever spielt!
Die Technik des Titels
All diese wohlüberlegten Mechaniken, so viele Möglichkeiten – wo ist der Haken? Da Oddworld: Stranger‘s Wrath HD ursprünglich aus dem Jahre 2005 (für Xbox) kommt, ist der Haken schnell gefunden. Was die Optik angeht, so müsst ihr euch mit teils matschigen Texturen, einer bockigen Kamera und abgehackten Animationen begnügen. Das erinnert irgendwo an die Anfänge der PS3-Ära – trotz Remaster sieht der Titel nicht übermäßig gut aus. Dafür läuft das Geschehen auch auf der relativ schwachen Switch-Hardware butterweich mit 60 Bildern pro Sekunde ab. Es ist nicht immer einfach zu sehen, welche Holzbarrikaden ihr mit Fausthieben zerstören könnt, manchmal nutzt es auch, wenn ihr bloß wild durch die Gegend schlagt – so kommt ihr verlässlich weiter. Die Grafik ist aber nicht das Thema, viel eher hat mich die Akustik gestört.
Nostalgie hin oder her, deutsches Sprachpaket ja oder nein: Der Ton ist einfach nicht mehr zeitgerecht. Die Vertonung passt nicht zu den Untertiteln, die Stimmen sind ein Mix aus Christian Bales Batman, Gollum und den Chipmunks. Wie Stranger bei jedem einzelnen Sprung stöhnt – nervig ist ein Hilfsausdruck! Nicht nur, dass die Samples manchmal knacksen oder rauschen, auch die Lautstärke ist bloß bruchstückhaft zusammengemischt. Explosionen und zerstörte Holzkisten sind weitaus lauter als der Rest, das hätte man bei einem Testlauf schon mitbekommen. Was die Steuerung angeht, sie funktioniert auch heutzutage noch richtig gut. Gemeinsam mit den erwerbbaren Upgrades im Kramladen (mehr Munition, Rüstung, Fernglas etc.) macht es Spaß, den Stranger besser auszurüsten und Oddworld: Stranger‘s Wrath HD weiterzuspielen.
Empfehlung mit Bauchschmerzen
Ich verstehe den Appeal von Oddworld: Stranger‘s Wrath HD (hier geht’s zur Website des Spiels) durchaus. Vor 15 Jahren waren die launigen Sprüche des Haupthelden sicher noch cool, der grandiose Mix aus allen Mechaniken ein absolutes Novum und die Idee mit den lebendigen Tierchen als Munition auch noch nie dagewesen. Im Jahre 2020 zeigt das Remaster allerdings die Schwächen des Ursprungstitels auf: Das Jagen nach Munition erweist sich genauso wie die ewigen Arenakämpfe bei den Bossgegnern als leicht frustrierend, und was ist überhaupt mit der Tonspur (egal ob englisch oder deutsch) passiert? Bei jedem Sprung ächzt der Protagonist – eigentlich jammerschade, denn das Grundprinzip des Games wäre so richtig fein.
Ihr könnt euch aussuchen, ob ihr euch an Feinde anschleicht, ob ihr Fallen legt, ob ihr sie im Nahkampf besiegt oder aus der Ferne mit fiesesten Tierchen beharkt. Die Idee der Oddworld, dass ihr in einem völlig fremden Universum mit ganz anderen Spezies zu tun habt, gefällt einigen SpielerInnen sicherlich. Robuste Plattformer-Einlagen à la Tomb Raider sind ebenso mit von der Partie, und die Minimap hilft weiter, ohne euch über Gebühr an der Hand zu nehmen. Oddworld: Stranger‘s Wrath HD kann nach wie vor überzeugen, das Grundgerüst ist ja wirklich gut – ihr müsst nur bei Bild, Ton und dem dann doch repetitiven Gameplay das eine oder andere Auge zudrücken. Wenn ihr das schafft, steht ein paar actionreichen Stunden mit Stranger nichts im Wege!