Odin Sphere Leifthrasir (PS4) im Test
Ein Klassiker aus PS2-Zeiten bekommt mit Odin Sphere Leifthrasir ein lange verdientes Remake. Ob sich der Hack’n’Slash-Titel mit RPG-Elementen auch 2016 behaupten kann, lest ihr in diesem Review!
Alte Liebe rostet nicht?
Der Einstieg in Odin Sphere Leifthrasir ist so comichaft und lieblich wie eh und je. Ihr steuert zu Beginn ein junges Mädchen, das auf dem Boden ihres Lesezimmers ein Buch findet. Schnell ist es geschnappt und ihr vertieft euch im ersten Kapitel des Games, welches von einer mutigen Walküre handelt.
Das Remake des Titels aus dem Jahre 2008 präsentiert euch das Game nicht nur in butterweichen 60 fps. Nein, Odin Sphere Leifthrasir geht noch einen Schritt weiter und lässt euch zwischen dem Classic und dem Refine Mode wählen. Die Grafik, aber auch das Gameplay wurden generalüberholt und stellen so ein nahezu ideales Remake dar.
Zu viele Unterschiede dürft ihr euch aber nicht erwarten: Die mittlerweile neun Jahre alte Erfolgsformel von “hack alles nieder” wurde nicht wirklich berührt. Mehr noch, es wirkt, als würde sich der Titel stärker denn je auf seine Hack’n’Slay-Wurzeln besinnen, auch in der Refine-Variante. Damit es nicht allzu langweilig wird, gibt es mehrere ProtagonistInnen.
Die fünf HeldInnen
Der erste Handlungsstrang erzählt die Geschichte von Gwendolin, einer jungen Walküre und Tochter des Dämonenfürsten Odin. (Preisfrage: Warum heißt das Game Odin Sphere Leifthrasir?) Sie kämpft um die gleiche Anerkennung, die ihrer Schwester zuteilwurde. Sie wird von Odin verstoßen, als sie sich ihm in einer Angelegenheit widersetzt, was sich jedoch nur als ein Trick Odins herausstellt.
Er wollte nämlich die gegnerische Partei reinlegen und an jenen Ring gelangen, der eine mächtige Waffe kontrolliert. Gwendolin ist nun hin- und hergerissen zwischen der Unterstützung ihres Vaters und ihrer Zuneigung zum Ritter Oswald, auf dessen Kosten diese Tat ging. Die weiteren Geschichten und Kapitel drehen sich um Kornelius, einen verzauberten Prinzen, die leichtbekleidete Feenprinzessin Maresa, den verliebten Schattenritter Oswald und die edle Prinzessin Velvette. Die Handlungsstränge interagieren miteinander, und der Protagonist einer Geschichte kann gelegentlich den Antagonisten für eine andere spielen.
Da die Geschichte von Odin Sphere Leifthrasir komplett zusammenhängt, bekommt ihr erst ganz am Ende den kompletten Überblick über die Story. Bis es allerdings so weit ist, habt ihr zig Stunden damit verbracht, bösen Feinden und Monstern den Garaus zu machen. Die Story wird euch zwar in hübschen Zwischensequenzen nähergebracht, doch die meiste Zeit werdet ihr im Kampfschirm verbringen. In diesem werdet ihr wild gewordene Pilzen, Feuerbälle, Dämonen und anderes Gesocks in schönster Regelmäßigkeit zur Strecke bringen.
Alte Stärken, neue Tricks
Ihr seht schon, es ist alles ein wenig repetitiv: Zwischen den einzelnen Storyabschnitten lässt sich die Geschichte mit diversen Gameplayleveln vorantreiben, diese spielen sich in der Regel aber immer gleich. Ihr betretet einen Abschnitt, der zur Geschichte passt, also beispielsweise die Unterwelt oder einen Vulkan, um letztendlich gegen einen Endgegner zu kämpfen und so die Geschichte voranzubringen.
Apropos Geschichte: Odin Sphere Leifthrasir gibt euch die Option, zwischen englischer und japanischer Sprachausgabe zu wählen. Wenn ihr Untertitel hasst, bleibt fast nur die englische Vertonung übrig, doch die japanischen Sprecher sind eine Klasse für sich. Jedes Mal, nachdem ihr eine herzergreifende Geschichte erlebt habt, werdet ihr zurück ins Game geworfen, wo ihr weiter alles tötet, was sich euch in den Weg stellt. Das geht so dahin, Kapitel für Kapitel, Abschnitt für Abschnitt, Keller für Keller. Was tut sich in so einem Dungeon eigentlich?
Dieser Dungeon bietet euch verschiedene Kampfgebiete, in denen ihr sogenannte Phosonen erobern könnt. Diese kleinen lilafarbenen Lichter braucht ihr, um eure Fertigkeiten zu verstärken. So gut wie jeder Kill erzeugt Phosonen, das heißt, je länger ihr spielt, umso mehr Phosonen könnt ihr ausgeben, um stärker zu werden. Ihr könnt aber auch eure Magieleiste aufladen und so mächtige Angriffe auf die Gegner feuern. Auf “Leicht” ist Odin Sphere Leifthrasir noch sehr nachgiebig, doch auf “Normal” werdet ihr auf Stufe 30+ öfter gekillt, als euch lieb ist.
Das System hinter Odin Sphere Leifthrasir
Eure Heldinnen und Helden verfügen über einen schnellen und einen starken Angriff. Ein Ausweichmanöver hat auch jeder von ihnen drauf, und je nachdem, wen ihr gerade spielt, gibt es mehr oder minder mächtige Spezialangriffe zu bewundern. Auch Blocks sind mit von der Partie, und hier ist eine der wenigen Unterschiede zwischen Classic und Refine Mode zu finden. Während ihr in der alten Umgebung für jede Aktion Ausdauer benötigt, ist dies bei der Refine-Version Geschichte und könnt munter drauflosschnetzeln.
Die ersten beiden Spielstunden gestalten sich aber als äußerst undankbar und zäh: In einem regelrechten Stop-and-Go-Verfahren werden euch die Story, die Charaktere und die Tutorials nähergebracht. Und leider sind die Anleitungen kaum überspringbar, will heißen, ihr werdet jedes Mal wieder aus dem Geschehen gerissen. Jedes. Einzelne. Mal. Ihr sitzt dann gefühlt mehr als die Hälfte der Zeit lesend vor dem Bildschirm, obwohl ihr gerade Feinde zu erledigen habt! Das macht den Flow doch ziemlich zunichte – dieses Gefühl werdet ihr erst los, wenn ihr den ersten Abschnitt mit der Walküre Gwendolin hinter euch gebracht habt. Schade!
Es kann auch RPG!
Neben den Kampfgebieten gibt es in jedem Dungeon Ruhezonen. In denen dürft ihr bei einem fahrenden Händler einkaufen oder etwas in eure Truhe einlagern. Wer zwischendurch verschiedene Samen gesammelt hat, kann diese jederzeit einpflanzen. Nach dem “Gießen” mit Phosonen könnt ihr die Früchte ernten und essen. Diese Früchte geben euch einen fixen Wert an Erfahrungspunkten, sodass ihr anfangs recht schnell levelt, wenn ihr diese Option nutzt. Zusätzlich gibt es dann wiederum noch Räumlichkeiten, in denen besondere Schätze auf euch warten. Es lohnt sich also auf jeden Fall, die Dungeons komplett zu erkunden.
Und dann, ganz am Ende des Dungeons, da erwartet euch selbstverständlich der fiese Boss. Typisch für japanische Videospiele kommt dieser klarerweise mit mehreren Lebensbalken daher und will euch mit einigen fiesen Angriffen ans Leder. Ohne Strategie kommt ihr dann nicht weit, zumindest auf “Normal” – hier heißt es dann entweder leveln oder oft probieren. Dass das vorhin angesprochene Essen zum Leveln aber schon zur nervigen Pflicht wird, muss angesprochen werden. Vor allem müsst ihr euch entscheiden, ob ihr mit den Phosonen eure Stufe oder lieber einzelne Fähigkeiten steigert. Talente wiederum werden mit eigenen Talentpunkten gefüttert – typisch JRPG, dieses Odin Sphere Leifthrasir.
Damit es auch garantiert nicht langweilig wird, hat das Game auch noch Alchemie eingebaut. Aus gefundenen Früchten und Materie genannter Flüssigkeit könnt ihr nach Rezepten Tränke herstellen, und dank eines Restaurant-Systems dürft ihr auch große Mahlzeiten für extra viele Erfahrungspunkte kochen lassen. Die Rezepte müsst ihr aber nicht auswendig können, denn als Menümonster in Ausbildung präsentiert euch Odin Sphere Leifthrasir diese nach einigem Herumklicken. Die Stärken dieses Titels liegen ganz klar auf der Action und den Geschichten. Aber nur, wenn ihr über die zähe Einstiegsphase kommt und euch von Repetitiveness nicht abschrecken lässt.
Odin Sphere Leifthrasir: Uninspirierter Schnitzelspaß
Als Fan von Rollenspielen war ich anfangs begeistert: Ein süß aussehendes Game in 2D, verschiedene HeldInnen und Talentsystem? Wow! Doch nach den ersten zwei, drei Spielstunden musste ich mich schon zum Weiterspielen zwingen. Das ist kein Qualitätsmerkmal, wenn ihr mich fragt. Letzten Endes bin ich froh, dran geblieben zu sein, denn nicht ohne Grund wurde Odin Sphere als Action-Meilenstein der PS2 gehandelt.
Unter dem Strich bleibt einiges übrig, was man in diesem Game mögen kann. Doch so wie kein Titel fehlerfrei ist, so gibt es auch an Odin Sphere Leifthrasir ein bisschen was auszusetzen. Die butterweichen 60fps, die tollen Geschichten, die knallig-süße Aufmachung, das zweifelsohne actionreiche Geschehen, die lange Spieldauer und nicht zuletzt der niedrige Preis können diese Schwächen aber problemlos ausmerzen. Ihr müsst euch nur im Klaren sein, dass die Demo im Prinzip alles zeigt, was das Spiel zu bieten hat. Ist dies euch zu wenig, haltet Abstand, doch wenn euch die Demo gefällt, dürft ihr bedenkenlos zugreifen!