Abo-Wars: Problem der medialen Fragmentierung
Fragmentierung entsteht dort, wo offene Standards fehlen. Man stelle sich vor, es gäbe heute kein offenes und einheitliches Internet, sondern viele kleine proprietäre Netze, in die man sich einwählen müsste, um an verschiedene Informationen zu kommen. Undenkbar, oder? Gottseidank gibt es mit Tim Berners Lee und dem W3C Gremien, die für die Offenheit unseres Internets geradestehen.
Die Offenheit in der Defensive
Leider gerät dieses Gemeinsame und Verbindende immer stärker ins Hintertreffen. Gerade jüngere Inkarnationen der Medienkultur beweisen starrköpfig, wie dumm das eigentlich ist. Nehmen wir die Filmindustrie als Beispiel: Am Anfang der Wertschöpfungskette stehen die Kinos. KinobesucherInnen haben die freie Wahl, ob sie ihre 10 Euro in einen Blockbuster oder einen kleineren Programmkino-Streifen investieren. Soweit, so offen. Dann folgen die Retail-Medien wie DVD und Blu-Ray. Da gilt es für KonsumentInnen erst einmal den unweigerlichen Formatkrieg um die Etablierung neuer Standards abzuwarten. Dabei tritt das Regulativ von Angebot und Nachfrage auf den Plan, welches der Fragmentierung bisher erfolgreich Einhalt gebieten konnte.
Kein freier Markt im offenen Netz
Doch spätestens bei den Online Distributionskanälen ist es vorbei mit der Offenheit. Das Trägermedium als kleinster gemeinsamer Nenner spielt keine Rolle mehr. Oft treten Inhaltsschaffende auch als Retailer und Distributoren in Personalunion auf – es entstehen Biotope. Um ihre Werke vor RaubkopiererInnen zu schützen, setzen die Online-Retailer auf Account-Bindung und DRM. Diese, gepaart mit Exklusivitäten, sind der Sargnagel für freie Standards und offene Ökonomie.
Account-Wars
Ein praktisches Beispiel: Auf wie vielen Accounts liegen eure Videospiele verstreut? Meine auf Steam, Origin, Uplay, Battle.NET, dem Windows Store und PSN. Ähnlich, aber noch schlimmer ist es bei Filmen und TV-Serien. Schlimmer deshalb, weil die entsprechenden Online-Shops auch noch regelmäßig Geld in Form von Abo-Gebühren verlangen, damit man auf ihren Katalog zugreifen kann. Wer mit einem breiten Geschmacksspektrum ausgestattet ist (so wie ich), und obendrein Zeit und Lust für den regelmäßigen Serienkonsum aufbringen kann, müsste gleich mehrere solcher Abonnements abschließen.
Die Wächter der medialen Fragmentierung
Hulu, HBO, Sky, Netflix, Amazon Prime, Google Play und iTunes locken alle mit unterschiedlichen mal mehr- und weniger spannenden Katalogen um die Gunst der ZuseherInnen. Wenn ich Game of Thrones UND Legion sehen möchte, verdoppeln sich die Kosten. Da ich nicht gewillt bin mir mehr als einen solchen Abo-Service zu leisten, verzichte ich lieber gleich auf alle, und schränke meinen Medienkonsum eben ein. Wenn die Akteure des Marktes zu einem Schulterschluss bereit wären, würde das zwar weniger Geld pro Abonnent für jeden einzelnen bedeuten, die Zahl der Zahlungswilligen würde aber exponentiell steigen. Fette Kröten, statt kleiner Kaulquappen, die gefangen im eigenen Biotop dahindümpeln!
Bis es soweit ist, werden aber noch viele Abo-Gebühren im Klo versenkt werden, und sich viele wichtige Stakeholder an ihren mittelalterlichen Ansichten festklammern. Einmal hat Gevatter Staat die Gelegenheit als echter Innovationsführer ins Rennen zu gehen. Und zwar mit einer Kultursteuer! 10 – 15 Euro im Monat für freien Zugang zu allen Musik- und Videoinhalten des Planeten wäre ich nämlich gerne bereit zu entrichten.