Port Royale 4 Test: Schiffbruch oder verborgener Schatz?
2002 wurde mit Port Royale eine Wirtschaftssimulation ins Leben gerufen, die uns in die Neue Welt entführt und dort im karibischen Gewässer dem Prinzip von Angebot und Nachfrage frönen hat lassen. 18 Jahre später steht der vierte Teil vor der Tür und es ist eine gute Mischung aus Altbewährtem und Neuem ersichtlich. Wer für Port Royale 4 sein Herz in Rum einlegt und wer es über die Planke jagt, erfahrt ihr in meinem Review.
Ist das Spiel mir nicht egal, beginne ich mit dem Tutorial
Das Spiel beginnt mit einem atmosphärischen Intro mit mitreißendem Piratengesang und dem Leben eines Rumfasses. Dieses strandet zum Schluss auf einer Insel, dort wird der Aufbau einer florierenden Handelsstadt gezeigt. Danach landen wir im Spielmenü. Wer sich gleich in das Kampagnengetümmel stürzen will, wird von Sam, dem Piratenkapitän aus dem rechten unteren Bildrand darauf hingewiesen, dass das Absolvieren des Tutorials kein Fehler ist. Zudem wartet eine nette Belohnung, das Schiff Queen Anne, wenn man sich der Einführung erfolgreich unterzogen hat.
Das Tutorial ist in zehn einzelne Unterrichtseinheiten unterteilt, wobei der erste Abschnitt zehn Minuten von eurer Zeit in Anspruch nimmt, die restlichen Teile werden mit jeweils fünf Minuten angegeben. Nach den Unterweisungen in den allgemeinen, und später dann auch in den speziellen, Stadtaufbau, in das Prinzip von Angebot und Nachfrage, die Instandsetzung von Handelsrouten und auch den überarbeiteten Kampf mit Piraten bekommt ihr eure Belohnung in Form der Queen Anne und seit für die Kampagne und das freie Spiel mit dem notwendigen Wissen gewappnet.
4 Nationen, 4 Charaktere, 16 Möglichkeiten
Wollt ihr euch nach dem Tutorial sofort in die Kampagne stürzen, dann müsst ihr mit der ersten spielbaren Nation, Spanien, vorlieb nehmen. Habt ihr die erste Kampagne durchgespielt, folgen schrittweise, die restlichen drei Kampagnen für die restlichen drei Nationen, England, Niederlande und Frankreich. Solltet ihr das freie Spiel spielen, so könnt ihr euch sofort eine der vier Nationen aussuchen. Dort seht ihr dann, dass jede Nationen ganz besondere Vorteile genießt. So kosten bei den Engländern die Schiffe weniger und die Werften arbeiten schneller. Kämpft ihr für die niederländische Krone, dann kosten eure Handelsschiffe weniger und ihr bekommt das größte Handelsschiff des Spiels an eure Seite. Sucht ihr euch Frankreich als Nation eurer Wahl aus, erwarten euch günstigere Gebäude und weniger Materialkosten. Bei den Spaniern wachsen die Bewohnerzahlen schneller und die Bevölkerung ist leichter zufriedenzustellen.
Nach der Nationenauswahl dürft ihr euch auch noch einen von vier Charakteren aussuchen. Hier gibt es wieder zwei Boni zu holen, wobei bei den Charakteren auch immer ein Malus dabei ist. Beim Abenteurer, zum Beispiel, wächst die Erfahrung des Kapitäns schneller und er kann alle Schiffe nachbauen lassen, die er in einer Seeschlacht besiegt hat, bei Enterkämpfen ist er aber 20 % schwächer. Die Händlerin benötigt keine Handelskonzessionen und kann sogar mit verfeindeten Nationen Handel betreiben, dafür kostet sie der Bau von Kriegsschiffen die doppelte Anzahl an Ruhmpunkten. Auch der Freibeuter und die Piratin haben ihre Vor- und Nachteile.
Somit hat jeder Charakter seine individuellen Stärken und Schwächen und lenkt damit den Fokus auf einen eigenen Bereich des Spiels. Liegt mein Augenmerk auf Krieg, suche ich mir den Abenteurer aus, will ich mich in das Handeln vertiefen, dann Händlerin, bist du der Charakter meiner Wahl.
Egal ob ihr dann die Kampagne oder das freie Spiel spielt, das Gameplay der Handelssimulation Port Royale 4 bleibt gleich. Nur habt ihr in der Kampagne durch euren Vizekönig ein wenig Zeitdruck, im Sinne von „erledigt dies bis dann“ und so weiter. Im freien Spiel muss man nicht unbedingt auf Aufträge dieser Art eingehen, in der Kampagne rückt natürlich der Abschluss dadurch in greifbare Nähe.
Wirtschaft 101 – Angebot und Nachfrage
Das Prinzip des Angebots und der Nachfrage wurde bei der Port Royale-Serie schon immer großgeschrieben, und zwar nicht nur weil es sich dabei um ein Nomen handelt. Auch beim vierten Ableger hat sich diesbezüglich nichts geändert. Jede, der insgesamt 60 Städte, produziert selbstständig Güter, dies kann dazu führen, dass in einer Stadt bis zu sieben unterschiedliche Güter produziert werden. Hierbei erscheint es allerdings hin und wieder etwas ermüdend, dass ich auf einer Insel mit jeder Menge Wald teilweise kein Holz abbauen kann.
Die restlichen Waren müssen per Handel besorgt werden, und zwar bevor die Bevölkerung die Freude an ihrem virtuellen Leben verliert. Dabei gilt die Formel, dass je kleiner das Dorf ist, umso weniger benötigen die Einwohner. Erst mit dem Luxus einer großen Stadt, bemerkt die Bevölkerung ihr Unglück, dass nur die überlebenswichtigen Güter vorhanden sind, und man muss den Bedürfnissen der Menschen mehr Beachtung schenken. Um Städte zu beliefern, kann man ganz leicht Handelsrouten erstellen. Man gibt die Zielhäfen ein, was muss gekauft, was wo verkauft werden. Dabei sollte man, um seinen Gewinn zu maximieren, eben nach dem Angebot und der Nachfrage Ausschau halten. Was eine Stadt produziert, was sie von den Gegebenheiten her produzieren könnte und welche Güter gefordert sind, sieht man im Stadtdialog. Dort sind sämtliche Infos zur Stadt aufgelistet, sowie auch die Produktion und der Verbrauch der Grund- und Bedarfswaren. Auch hochwertige Waren und Handwerkswaren werden hier aufgezeigt.
Will man nun so eine Handelsroute erstellen, tauchen auf einmal auf der Karte Strömungen auf. Damit kann man für seinen Konvoi den idealen Weg zwischen den Städten aussuchen, fährt man nämlich gegen die Windrichtung, dann kann sich die Lieferung schon um einige Tage verlängern. Um aber selbst bei längeren Wegen nicht eine halbe Stunde vor dem Bildschirm sitzen zu müssen, haben die Entwickler die Geschwindigkeit des Spiels mit dem Zoom gekoppelt. Wem die Schiffsfahrt von A nach B, über C und D, zu lange dauert, der zoomt einfach ganz raus aus dem Spiel und hat in kürzester Zeit seine Lieferung hinter sich gebracht.
Sind die Aufträge für den Vizekönig erfüllt, dann beschenkt euch dieser mit Ruhmpunkten. Damit könnt ihr euch dann als Stadtverwalter bewerben, und somit in weiterer Folge Kriegsschiffen bauen lassen, sowie Konzessionen erwerben und Kapitäne für eure Konvois einstellen.
Mit den Konzessionen kann man sich die Baulizenz für Produktionsstätten kaufen. Neben der Ein- und Ausfuhr von Waren gibt es nämlich noch einen kleinen, aber feinen Abschnitt in Port Royale 4, der euch eure Stadt nach eurem Wunsch aufbauen lässt. Natürlich nicht in der spielerischen Tiefe von Anno, aber immerhin muss man genügend Wohnhäuser für seine Einwohner haben. Parkanlagen und Tavernen sorgen für gute, Hospitäler für eine gesunde und Produktionsstätten in der Nähe von Wohngebieten für miese Stimmung. Platziert man zusammengehörige Produktionsstätten nebeneinander, bekommt man dafür einen Bonus. Ist man auch Stadtverwalter einer Stadt, dann darf man jedes verfügbare Gebäude in seine Stadt stellen, hat man nur eine Konzession reicht dies nur für Produktionsstätten.
Um seine Stadt perfekt aufbauen zu können, kann man, dank stufenlosen Zooms, von der Übersichtskarte bis in seine Stadt zoomen. Dort kann man dann auch die Einwohner durch die Straßen laufen sehen. Zusätzlich zu diesem tollen Feature hört man, über einer Stadt, ab einer bestimmten Zoomstufe die Stadtgeräusche, welche mit dem weiteren Zoomvorgang immer lauter werden. Befindet man sich weiter weg, dann wird man von einer atmosphärischen Musik durch das Spiel getragen.
Das Kampfsystem
War in der Port Royale – Reihe bisher das Kampfgeschehen in Echtzeit erlebbar, so dürft ihr ab sofort in der rundenbasierten Seeschlacht euch Zeit nehmen, um feindliche Konvois oder Piratenschiffe zu versenken. Der Kampf trägt sich auf Hexfeldern zu und ermöglicht jedem Schiff zweimal seine Ladung zu verschießen, einmal von jeder Seite. Durch Spezialfähigkeiten der Schiffe und Fähigkeiten, die Kapitäne mit sich bringen, kann man sich teilweise sehr gute Vorteile herausarbeiten. So kann man zum Beispiel, ein zweites Mal von derselben Seite feuern, Trefferpunkte wiederherstellen lassen, oder man macht einen auf Gönnjamin und gönnt seinem Schiff zusätzliche Bewegungspunkte für diese Runde. Wem die rundenbasierte Seeschlacht nicht so zusagt, der darf das Ergebnis simulieren lassen. Die Simulation geht aber meist mit vermehrten Verlusten auf der eigenen Seite einher.
Port Royale 4 Test-Fazit
Port Royale 4 ist was es ist, eine Handlungssimulation, die ein klein bisschen Aufbauspiel bereithält. Für mich ist der spannendste Abschnitt der Kampf auf hoher See, sowie das gelungene Feature mit dem stufenlosen Zoom, und den, damit verbundenen, immer lauter werdenden Stadtgeräuschen. Wer einen Faible für das Handeln hat und sich stundenlang mit dem richtigen Kauf und Verkauf von Waren auseinandersetzen kann, und auch mag, der kann bei diesem Spiel nicht viel falsch machen. Grafisch kann es auf der PS4 überzeugen, die Strände und auch die bebauten Gebiete lassen durchwegs Karibikstimmung aufkommen. Die Steuerung wird mit ein wenig Eingewöhnungszeit immer intuitiver. Wer sich hier ein Spiel ähnlich Anno oder vielleicht sogar AC: Black Flag erwartet, der wird hiermit keine allzu große Freude haben. Wer allerdings eine atmosphärisch gut aufgearbeitete Wirtschaftssimulation spielen will, der kann mit Port Royale 4 etliche Stunden Spaß haben.