Silent Hill 2 Remake Test – In unseren rastlosen Träumen
Alone in the Dark, Sweet Home, Resident Evil und… natürlich Silent Hill. Die fiktive Stadt in den USA ist so synonym mit Survival Horror wie kaum ein andrer Begriff. Während der erste Teil der Serie bereits ikonisch ist, gilt dabei vor allem das 2001 erschienene Silent Hill 2 als das vielleicht richtungsweisendste Spiel des Genres bis zu Resident Evil 4 im Jahr 2005. Nach 23 Jahren hat der Herausgeber Konami nun einen Entwickler mit Horror-Routine damit betraut, den Klassiker in moderner Qualität neu zu entwickeln.
Der polnische Entwickler Bloober Team hat mit Spielen Wie Layers of Fear 1 & 2, Blair Witch und The Medium eine ganze Stange an Erfahrung mit Horror-Titeln – allerdings war die Qualität dabei immer eine Frage des Geschmacks. Zudem liegt die Latte für Remakes von Surival Horror Spielen nach den fantastischen Neuauflagen der Resident Evil Reihe (Resident Evil 2, Resident Evil 3 und kürzlich das großartige Resident Evil 4 Remake) äußerst hoch. Kein Druck also. Wir haben uns in den Horror gestürzt und uns angesehen, ob Silent Hill 2 Remake den Erwartungen gerecht werden kann.
Silent Hill 2 Remake ist ab sofort für PlayStation 5 und PC verfügbar.
Ausweichmanöner & der dritte Kameramann
Bei einem Remake dieser Art geht es um einiges mehr als ein grafisches Glow-Up (dazu später mehr). Während Silent Hill 2 bereits eingeschränkte Kamerasteuerung bot, ist die größte Umstellung wohl die moderne Over-Shoulder Kameraperspektive und das angepasste Gameplay. Silent Hill 2 lebte von der ständigen aus allen Richtungen kommenden Bedrohung, die durch das eingeschränkte Sichtfeld der langsamen und unflexiblen Kamerawinkel und den ständigen starken Nebel entsteht. Ein klassischer Fall in dem technische Limitierung zu wirkungsvollem Design wurde.
Wie setzt man dieselbe klaustrophobische Bedrohung also mit agilerer Kamera wie auch variablerem Move-Set um? Resident Evil 2 Remake hat das Problem mit tiefer Dunkelheit, die nur durch einen schmalen Lichtkegel der Taschenlampe gebrochen wurde, gelöst. Ein Ansatz, den Silent Hill 2 Remake ebenfalls in Innenräumen wirkungsvoll übernimmt. Dort gelingt die Modernisierung daher auch großartig und der permanente Stresspegel ist wie eh und je. In den offenen Außenbereichen jedoch ist das Spiel meist zu hell für diese Lösung und so sind diese Bereiche leider deutlich entspannter als im Original. In Kombination mit dem beweglicheren Kampfsystem liefen wir teilweise sogar im Rambo-Style durch die nebligen Straßen und befreiten sie von den dutzenden Monstern. Etwas, das in engen Räumen schnell schief ging.
(c) Konami
Insgesamt sind wir dennoch froh über die Modernisierung. Eine leichte Verschiebung in Richtung Action-Gameplay ist unbestreitbar. Nach einem kürzlichen Replay des Originals (übrigens nach wie vor sehr empfehlenswert) war das dynamische Kampfsystem mit dem neuen Ausweichmanöver ein Segen, den wir gern angenommen haben.
To Hell and Back
Neben dem Gameplay selbst hat Bloober Team auch den Levelaufbau an einigen wesentlichen Stellen angepasst. Um zu viele Spoiler zu vermeiden, nehmen wir das erste namhafte „Dungeon“ als Beispiel: Spoiler Alert also für die ikonischen Wood Side bzw. Bluecreek Apartments.
Dieses Apartmentgebäude ist nicht nur das Zuhause für einen Haufen Monster, sondern außerdem auch Ort des Geschehens für einige der berühmtesten und besten Horrorspiel-Momente der Geschichte. Diese lässt der polnische Entwickler auch im Remake mehr oder weniger gleich. So finden wir die Taschenlampe an einem Mannequin im Outfit unserer vermissten (oder toten? Wer weiß das schon?) Frau. Wir sehen den Schemen des legendären Pyramidhead, der uns durch das restliche Spiel und in unseren Albträumen verfolgen wird, in der Dunkelheit hinter Gitterstäben und werden Zeuge davon, wie er zwei Mannequin-Monster misshandelt. Auch die Rätsel, die uns durch die vielen Räume der Apartments führen, sind großteils gleich, wurden aber anders angeordnet, um den Aufbau des Gebäudes schlüssiger zu gestalten.
Auch der erste Bosskampf gegen Pyramidhead selbst wurde angepasst. Der Bossraum ist deutlich größer und ist voller Gegenstände, die man einerseits als Deckung aber auch als Hindernis betrachten kann. Der Kampf war im Original von ziemlich simplem im Kreis laufen und Schießen geprägt. In den Grundzügen tut man auch im Remake nichts anderes, aber durch die höhere Beweglichkeit unseres Gegners und von uns selbst, wie auch der geräumigeren Arena, bekommt der Kampf ein wenig mehr Komplexität. Ein klares Plus!
(c) Konami
Auf diese Art passt Bloober Team die Level und Abläufe in vielen der bekannten Abschnitte des Spiels an. Puristische Fans könnten das natürlich kritisieren aber unterm Strich finden wir das Remake äußerst gelungen!
„Keine Sorge, ich bin nicht verrückt. Denk ich zumindest.“
Worum geht’s in Silent Hill 2 Remake denn überhaupt? Die Story und deren Ablauf bleiben dem Original treu. James Sunderland erhält einen Brief von seiner vor drei Jahren verstorbenen Frau, demzufolge sie in der Stadt Silent Hill auf ihn wartet. Dort angekommen findet James die Stadt sogut wie menschenverlassen aber voller dichtem Nebel vor. Die Stadt ist von der realen Stadt Centralia inspiriert, in der ein Kohlebrand im Jahr 1962 solche unterirdischen Ausmaße annahm, dass die Stadt aufgrund von giftigen Dämpfen und instabilem Boden unbewohnbar wurde.
(c) Konami
Die Story, die sich im Laufe des Spiels entfaltet ist eine komplexe zutiefst psychologische Aufarbeitung von Trauma und Schuld, die uns in eine verstörende Anderswelt führt. Themen wie Psychosen und der Manifestation unserer Ängste und dunkleren Seiten sind es, mit denen uns Silent Hill 2 uns berührt.
Wir wollen nicht zu viel über die möglichen Enden des Spiels verraten, da die Wirkung der Story darin liegt, sie für sich selbst zu erleben. Nicht verschweigen wollen wir aber, dass Silent Hill 2 Remake insgesamt acht verschiedene Enden bietet. Davon sind drei Stück normal schlüssige Ausgänge für die Geschehnisse des Spiels und fünf sind äußerst amüsante verrückte Enden, für die man auch teils sehr absurde Dinge anstellen muss.
(c) Konami
Wirft das Remake also genauso eindrücklich die schwierigen Fragen des Originals auf? Hält es uns denselben unangenehmen, aber spannenden Spiegel vor, wie im Jahr 2001? Wir würden sagen Ja und Nein. Einerseits wurden viele Cutscenes modernisiert und die Dialoge an moderne Standards adaptiert. Diese etwas klareren Gespräche mögen zwar einfacher zu verdauen sein, doch die „Weirdness“ des Originals war ein wichtiger Teil dessen, was uns ständig am falschen Fuß erwischt hat. Als Ausgleich jedoch punktet das Remake mit großartiger grafischer Qualität und Animation. Von den umso düsterer wirkenden, dreckigen Levels, die einfach nicht richtig wirken bis hin zu der deutlich menschlicheren Mimik, die vor allem James selbst an den Tag legt, sorgen für großartige Immersion.
Träumen Spieler von modernen Remakes?
Ist das Kunststück das vielleicht ikonischste Survival Horror Spiel aller Zeiten ins Jahr 2024 zu bringen also gelungen? Nicht nur würden wir diese Frage mit einem klaren Ja beantworten, wir finden Silent Hill 2 Remake ist sogar das beste Spiel, das Bloober Team bisher präsentiert hat.
Optisch punktet das Remake auf ganzer Linie. Die verstörenden, beklemmenden Räume, die verqueren Bereiche der „anderen Seite“, die verlassenen Straßen von Silent Hill und besonders die nahezu realistisch anmutenden Gesichtsanimationen von James und Co fühlen sich wie ein richtiges AAA-Game an. Das weitaus dynamischere Gameplay- und Kampfsystem nehmen dem Spiel tatsächlich etwas von der ständigen Bedrohlichkeit und verschieben das Spiel etwas mehr in Richtung Action-Horror. Mit smarten Adaptionen im Levelaufbau und Bosskampf-Design bleibt der ikonische Kern von Silent Hill 2 dennoch erhalten.
Fans von Survival Horror sollten auf jeden Fall dennoch das Original vorab spielen, um dann die Adaption zu genießen. Für eher Casual Gamer:innen kann das Silent Hill 2 Remake aber ein super Weg sein, um dem etwas eingerosteten Gameplay des Originals zu entkommen.
Silent Hill 2 Remake von Bloober Team und Konami ist ab sofort für PlayStation 5 und PC erhältlich.