Splatoon (Wii U) im Test
Macht euch bereit für die wohl farbenfrohste Schlacht der Welt – Splatoon erscheint am 29. Mai und hüllt euch in grellste Tinte. Doch hat die Spieleschmiede Nintendo mit Splatoon einen echten Multiplayer-Shooter mit Fun-Faktor im Repertoire? Lest hier den Testbericht!
Willkommen bei Splatoon für Wii U!
Vorgeschmack gefällig? Die offizielle Website von Splatoon funktioniert ähnlich wie das Game selbst. Ihr werdet recht schnell in die knallige Welt der Splatoon-Wesen, Inklinge genannt, eingeführt. Ohne großes Federlesen lernt ihr das Hauptmenü kennen, in dem ihr das Spiel in mannigfaltiger Weise beginnen könnt. Zwei Inklinge namens Aioli und Limone zeigen euch einen kurzen Überblick der aktuellen Arenen (sie wechseln alle vier Stunden). Dann geht auch schon der Rundgang durch das Zentrum los.
Nach einer kurzen Avatar-Erstellung, in der ihr Geschlecht, Augenfarbe und Hautfarbe eures Inklings anpassen dürft, steht ihr im Zentrum von Inkopolis. Euch erwarten hier das Duell-Dojo für einen lokalen Zwei-Spieler-Modus, die Lobby für das Herzstück von Splatoon, der Mehrspieler-Modus und ein amiibo-Punkt. (Ja, Splatoon-amiibos sind geplant.) Dann gibt es noch ein Geschäft, in dem ihr euch mit Waffen, Kleidung, Kopfbedeckungen und Schuhen samt Ausrüstungsboni ausstatten dürft.
Zudem habt ihr Zugriff auf eure Freundesliste und das Miiverse, dürft ein Minispiel ganz im Arcade-Stil zocken (Doodle Jump lässt grüßen), und ein eher zwielichtiger Inkling möchte euch mit Kleidung aller Art ausstatten. Zu guter Letzt erwartet Splatoon-SpielerInnen der Oktodistrikt, der gewissermaßen den Einzelspielermodus repräsentiert.
Aller Anfang ist … leicht?
Wie es sich für ein zünftiges und kompetitives Online-Game gehört, wird zunächst im Einzelspielermodus offline geübt. Hier werdet ihr auf die Mission geschickt, verloren gegangene Elektrowelse wieder zurückzuholen und einen Riesen-Elektrowels zu suchen. Im Oktodistrikt dürft ihr ohne Stress die Grundlagen der Steuerung erlernen.
Das Spiel mit dem GamePad gestaltet sich zunächst etwas kompliziert. Ihr zielt nämlich mittels Fadenkreuz auf dem Bildschirm (wer hätte das bei einem Shooter nur gedacht?), doch die Kamera gehorcht eurer Bewegung des GamePads auf den Millimeter genau. Richtig gelesen: Gezielt wird standardmäßig mittels Neigung des GamePads. Was zunächst umständlich klingt, geht nach wenigen Partien schon in Fleisch und Blut über. Kleiner Tipp hierbei: Mit dem rechten Stick lässt sich das seitliche Zielen großteils erleichtern, doch höhenmäßig kommt ihr nicht am GamePad vorbei.
Herumlungern auf der Couch gibt’s somit nicht: Das GamePad reagiert tatsächlich auf jede Kleinigkeit. Habt ihr euch aber erst daran gewöhnt, fällt auf, dass Splatoon die Steuerungsfrage sehr intelligent gelöst hat. Könnt ihr euch absolut nicht auf die Bewegungssteuerung einlassen oder seid ihr im Herzen PC-SpielerInnen, die so ein Handling hassen, lässt euch Splatoon selbstverständlich die Bewegungssteuerung abschalten. Somit zielt ihr danach ausschließlich mit dem rechten Stick.
Die Grundlagen
Ihr seid wie bei einem „echten“ Shooter mit verschiedensten Schusswaffen ausgestattet, die anstatt scharfer Munition mit Farbe um sich schießen. Egal, wohin ihr ballert, ihr färbt das Areal in eurer Farbe ein. Kommt euch ein Gegner in die Quere, bekommt auch er einen Satz Tinte um die Ohren. Der Tod in Splatoon ist ein kurzlebiger, nach wenigen Sekunden findet ihr euch bereits auf dem Schlachtfeld wieder.
Die Kleckse auf dem Boden haben drei grundlegende Funktionen. Elementar hierfür ist die Fähigkeit, euch mit Halten der ZL-Taste in einen Tintenfisch zu verwandeln. Erstens könnt ihr euch, wenn ihr euch auf dem Areal eurer Farbe befindet, als Tintenfisch weitaus schneller fortbewegen als zu Fuß. Ein gegnerisches Teammitglied wird von eurer Farbe übrigens immens ausgebremst, auch die Verwandlung in einen Tintenfisch wird dadurch blockiert. Zweitens wird, während ihr durch die Farbpfützen gleitet, euer Tintentank (den seht ihr auf eurem Rücken) wieder aufgefüllt. Drittens, und das ist wichtig, sind sie im Onlinespiel das Mittel zum Sieg über eure WidersacherInnen.
Online ist Trumpf
Ganz wie ein Ableger der Battlefield-Serie ist auch Splatoon zwar schon im Einzelspielermodus sehr gut gelungen, doch erst im Onlinemodus beginnt der Titel zu glänzen. Das Matchmaking gestaltet sich rasch und unkompliziert, das Fehlen einer Abbrechen-Funktion verhindert, dass SpielerInnen sich vorzeitig aus dem Spielsuchprozess verabschieden, und ein Minigame verkürzt die Wartezeit deutlich.
Je länger ihr online spielt, um so mehr Münzen häuft ihr an, die ihr dann für verschiedenste Ausrüstungsgegenstände ausgeben dürft. So erwarten euch in den Stores mehrere Arten von Scharfschützengewehren, der guten alten Halbautomatikpistolen oder aber eine breite Farbwalze, die so gut wie alles einfärbt und niedermäht, was ihr unter den Langflor kommt. Das ist besonders im Onlinespiel (Modus: Revierkampf) eine wichtige Funktion; im lokalen Zwei-Spieler-Modus Ballonjagd könnt ihr die Walze, die nicht auf schwebende Ziele schießt, getrost vergessen.
Mein Revier, meine Farbe
Der eben angesprochene Revierkampf ist die Grundlage des Onlinemodus in Splatoon. Hier geht es darum, in einem Vier-gegen-Vier-Match innerhalb einer zeitlichen Begrenzung so viel Arenaboden wie nur irgendwie möglich mit der eigenen Farbe einzufärben. Da wird geballert, gewalzt und gebombt, was das Zeug hält, und die taktische Komponente kommt da nicht zu kurz. Scharfschützen-Inklinge campen auf hohen Aussichtsplattformen, während die Walzen-Inklinge wie wild durch die Arena rasen.
Wenn ihr feindliche SpielerInnen umgenietet habt, müssen diese nach einer kurzen Abklingzeit wieder zurück an den Startpunkt und von dort erneut in die Arena eintauchen. Allerdings gibt es die Option eines Supersprungs, den ihr am GamePad auslösen dürft. Ihr seht zu jeder Zeit eine Karte auf dem GamePad und den aktuellen Aufenthaltsort eurer MitspielerInnen samt deren Namen. Tippt ihr auf den Namen des Teammitglieds, während ihr in einem Pool eurer eigenen Farbe steht, springt ihr ohne Umschweife zu diesem Punkt. Schafft es also ein Teammitglied hinter die feindlichen Linien, offenbart sich eine Schwachstelle, die ihr durch den Supersprung nutzen könnt.
Dazu gesellen sich noch Items und Spezialfertigkeiten wie etwa ein Farbtornado, ein Rundumschild, der Tintenwall oder die miese und gemeine Heulboje. Diese färbt zwar nichts ein, bringt aber sämtliche feindliche SpielerInnen im Wirkungsbereich sofort um. Die Matches dauern knapp drei Minuten und machen so richtig Spaß, auch die Onlinestufen werden nach mehreren Partien angehäuft. Das ist auch gut so, denn mit höheren Stufen schaltet ihr neue Waffen frei, wobei naturgemäß auf Stufe 20 eine der stärksten Waffen verfügbar wird.
Anpassbar und flexibel
Ich habe bewusst „eine der stärksten Waffen“ geschrieben, da es in Splatoon unzählige Möglichkeiten gibt, das Game zu spielen. Während die einen gern mit der Farbwalze unterwegs und so kaum aufzuhalten sind (da gehöre ich dazu), spielen die anderen bevorzugt mit einer Art Farbgranatwerfer und verhindern so die Flucht ihrer Feinde, während sie ihnen das Licht ausblasen. Jeder Spielstil kann bei genügend Fähigkeit und Übung erfolgreich sein, das zeigt Splatoon wunderbar.
Jede Waffe hat nicht nur ein individuelles Aussehen, sondern auch eine jeweilige Sekundärwaffe und darüber hinaus eine eigene Spezialfertigkeit. Die Sekundärwaffe (mit R auszulösen) kann etwa eine Granate sein, ein Tintenwall oder eine zielsuchende Tintenfischbombe. Die Spezialfertigkeit, wenn ihr auf euren rechten Stick drückt, hüllt euch entweder in einen Rundumschild, verschafft euch eine Art Riesenbazooka oder kann euch mehrere Bomben auf einmal werfen lassen.
Diese Fertigkeit muss allerdings zuvor hart verdient und aufgeladen werden, indem ihr viel Farbe in der Arena verteilt. Klar ist, dass diese Spezialfähigkeiten auch nur von relativ kurzer Dauer sind, bei Drei-Minuten-Matches ist dies auch logisch. Schade ist, dass Splatoon keinen Revierkampf im lokalen Mehrspielermodus beinhaltet. Die Ballonjagd ist zwar lustig, ist aber vom Grundsatz her ganz anders als der Revierkampf – ein klein wenig Abwechslung ist bestimmt erstrebenswert, eine Art Übungsmodus für den Revierkrieg wäre aber auch nicht zu verachten.
Ganz großes Tintenkino
Wir alle haben die Unkenrufe von vielen Fans gehört: Die Wii U hat keine große Grafikpracht zu bieten, die Technik sei zu schlecht, und so weiter und so fort. Splatoon reiht sich nahtlos in die Riege der Nintendo-Titel Mario Kart 8, Super Smash Bros. Wii U, Kirby und der Regenbogen-Pinsel, Super Mario Bros. U und Super Mario 3D World ein: Alle SpielerInnen, die Splatoon sehen, sind von der Optik mehr als nur hin und weg.
Die Tinte glänzt in der Sonne, Fußspuren lassen sich selbst im tiefsten Farbmatsch noch erkennen, die Projektile flattern in der Luft, und die Tentakel der Inklinge wurden ebenfalls top animiert. 60 Bilder pro Sekunde ist etwas, was die Wii U niemals schaffen würde? Denkt nochmals nach – sowohl Mario Kart 8 und Konsorten als auch Splatoon liefern ständig die komplette Full-HD-Auflösung von 1920 x 1080 Bildpunkten in 60 Bildern pro Sekunde auf den Schirm. Das Ergebnis ist ein wunderschönes, flüssiges Tintenerlebnis, das ihr so schnell nicht mehr weglegen wollt.
Der Test zeigte: Auch SpielerInnen, die eigentlich keine Shooter-Fans sind, waren immer wieder für eine kleine Runde Splatoon für zwischendurch zu haben. Die süße Optik und die paintballartige Präsentation nehmen das Gewaltthema gekonnt aus der Schusslinie und laden stets zu einer neuen Schlacht ein. Doch seid gewarnt: Online versteckt sich hier ein großartiger Titel, bei dem es sicher nicht immer fein zugeht. Nintendo hat nicht ohne Grund den Sprachchat deaktiviert, denn die Menge an Flüchen im hauseigenen Testraum geht wahrlich auf keine Kuhhaut mehr.
Technisch sauber, alles farbulös
Auch der Sound funktioniert tadellos in Splatoon. Je nachdem, woher die Projektile kommen, schallen die Schussgeräusche aus den jeweiligen Ecken. Es ist allerdings nicht zu empfehlen, nach Gehör zu spielen, da ihr spätestens gegen zwei Gegner gleichzeitig alle Tentakel voll zu tun habt. Generell macht Splatoon auch Nicht-Shooter-SpielerInnen so viel Laune, dass man sich schon fragt, was der Titel eigentlich nicht richtig macht.
Der Teufel steckt wie immer im Detail. Die Arena-Ankündigungen sind nicht überspringbar und auch nicht deaktivierbar, was euch spätestens nach der vierten Ankündigung richtig nervt. Die Texte sind immer gleich gehalten, und die fünf Arenen habt ihr nach wenigen Durchgängen schon alle kennengelernt. Außerdem seht ihr in der Lobby, bevor ihr euch in die Warteposition begebt, sowieso die aktuellen Arenen für Standardkämpfe und Rangkämpfe. Richtig, auch Ranked-Spiele sind ab Stufe zehn in Splatoon verfügbar.
Das Minigame Squid Jump, während man auf das Matchmaking wartet, ist zwar ganz nett, mir würde aber noch besser gefallen, wenn man optional während der Wartezeit noch zumindest die bereits gekaufte Ausrüstung wechseln und umstellen könnte. Gerade, wenn ihr euch in einer guten Gruppe befindet, stört es, aus der Lobby zu müssen, nur um die Waffe zu wechseln. Die Kollisionsabfrage scheint zu 99 % gut zu funktionieren, allerdings waren schon allein in meiner Testphase zwei bis drei Situationen dabei, die mich etwas zweifeln ließen. Ich war mir sicher, dass ich meinen Feind getroffen hatte, dem gegnerischen Inkling passierte aber nichts, und er erlegte mich im Umkehrschluss mit einem Schuss. (Noob-Ausrede? Ich denke nicht.)
Splatoon: Farbenfroh und nicht zu unterschätzen
Auch wenn die Präsentation von Splatoon sehr hipstermäßig rüberkommt, verbirgt sich mehr hinter der Fassade, als man in den ersten Sekunden denken mag. Ja, die jugendlichen Inklinge texten euch mit einer schon ans Abartige grenzenden Möchtegern-Teenagersprache zu, doch das wird euch nach spätestens zwei Spielrunden egal sein. Abgesehen von den Arena-Ankündigungen berühren euch die Dialogboxen kaum mehr, und alles konzentriert sich nur noch auf das Gameplay.
Letzten Endes kommt es in Splatoon rein auf das Spielvergnügen an, und hier macht der Titel alles richtig. Es gibt kurze Schlachten gepaart mit viel Motivation (sogar für das Verlieren gibt es massig Punkte, wenn man es richtig macht), ihr schaltet immer wieder etwas Neues frei, und die Revierkämpfe gehen nur selten richtig in die Hose. Kleine Wehwehchen werden bestimmt mit nachfolgenden Patches behoben, und wenn ihr vorhabt, Splatoon nur mal so testweise anzuspielen, seid gewarnt: Sobald ihr in den Fangarmen von Splatoon liegt, ist es schwer, wieder davon loszukommen …