The Mosaic Test (Arcade): Depression als Spiel?
In The Mosaic seid ihr nur ein kleines Zahnrad im Leben. Sehr düster und ohne großes Aufsehen versucht ihr, euren Dienst zu tun. Lest das Review!
Dieses Game ist nur dann spielbar, wenn ihr Mitglied bei Apple Arcade seid. Dazu müssen eure Geräte auf iOS 13 oder neuer aktualisiert sein. Dieser Dienst kostet euch 5 Euro im Monat und bietet euch unlimitierten Zugriff auf über 100 Spiele. Apple Arcade-Titel werden durch eure Abo-Zahlungen und Apple selbst finanziert. Dadurch können es sich die EntwicklerInnen leisten, auf die unbeliebten Finanzierungsoptionen wie sich laufend wiederholende Werbeeinblendungen oder In-App-Käufe zu verzichten. Timer, die euren Spielspaß einschränken oder verzögern, gibt es nicht.
Ein ganz normaler Tag
The Mosaic versetzt euch ein wenig in den Alltag eines Angestellten. Er arbeitet für eine große Firma, und ganz klischeehaft steckt ihr im Outfit eines Büroarbeiters (weißes Schlabberhemd, Krawatte und Anzughose). Ihr wacht auf, und der erste Griff gehört – ganz klar – dem Smartphone. Nach dem Ausschalten des Weckers sitzt ihr zunächst im Bett und könnt euch entscheiden, ob ihr euch selbst ins Gesicht knufft oder gleich in die Küche geht. Natürlich dürft ihr auch weiterhin das Smartphone bedienen und etwa versuchen, euren BlipBlup-Highscore (ein Clickerspiel) zu brechen.
Nach dem Aufstehen wird der Untertitel von The Mosaic, nämlich „Ein Rädchen in der Maschine“, so richtig ersichtlich. In einem tristen Apartment ohne Farben, ohne Dekoration und ohne viel Licht kämpft ihr euch bis zum Ausgang. Danach gilt es, den Weg zur Arbeit anzutreten und dem Megakonzern bei der Lösung von Problemen zu helfen. Habt ihr dies geschafft, dürft ihr schon den nächsten Tag in Angriff nehmen. Dieses Mal seht ihr beim Smartphone die Möglichkeit, eure Bankgeschäfte zu erledigen. Leider passt der Kontostand nicht, und ihr rutscht tiefer in die Schulden.
Trister Alltag, packend inszeniert
Trotz einer gewissen Eintönigkeit, die euch beim Spielen von The Mosaic überkommt, kann man nicht umhin, als noch ein paar Minuten weiterzuspielen. An dieser Stelle sei ausdrücklich gesagt, dass sowohl die Tristesse als auch die hakelige Steuerung des Games von den Entwicklern zu 100 Prozent so gewollt ist. Denn: Nichts ist frustrierender, als bei den einfachsten Tätigkeiten wie etwa der Weg zur Arbeit zu kämpfen. Ihr scheitert zwar nicht, merkt aber, dass die anderen immer eine Spur schneller und erfolgreicher zu sein scheinen – irgendwie glücklicher.
All dies ändert sich doch, als euer namenloser Hauptheld eine schicksalhafte Begegnung erlebt. Ihr seid euch anfangs nicht sicher, ob dies nun gut oder schlecht ist, wahr oder unreal. Doch je weiter ihr in The Mosaic kommt, umso klarer wird es: Depression ist nichts, was man belächeln kann oder soll. Jeder Handgriff wird zu einem Kampf, und jede Ablenkung ist so willkommen wie ein Bissen Brot. Dass der Alltag dann plötzlich an einem vorbeizurauschen scheint, ist nicht weiter von Belang. In diese Stimmung kommt man beim Spielen so richtig, und das ist bewundernswert.
Die Technik hinter The Mosaic
Ich weiß nicht genau, was es ist, das diesen Titel so hervorhebt. Das Gesamtkunstwerk trifft einfach so ins Schwarze, dass es schwer ist, etwas Einzelnes hervorzuheben. Schon allein die Gestaltung und Verkörperung von gesichtslosen Angestellten, der Masse und des tristen Alltags verdient eine lobende Erwähnung. Man muss den Low-Poly-Look der Marke Massira nicht mögen – nichtsdestotrotz kommt ihr schnell in die Stimmung, die das Team hinter The Mosaic für euch vorgesehen hat.
Der fremdartige Soundtrack und die höchst eigenwillige Optik vereinen sich zu etwas, das man nur schwer wieder loslässt. Damit nicht genug, die stilsichere Entscheidung zu einer derart schwerfälligen Steuerung lässt euch schon einmal mit ganz banalen Dingen hadern, etwa aus einer Tür rauszugehen oder mit der U-Bahn zu fahren. Bevor sich das Game allerdings noch in eine andere Richtung, nämlich jener von INSIDE entwickelt, habt ihr schon ein sehr gutes Gefühl dafür bekommen, wie sich eine Depression anfühlen muss: Hilflosigkeit, Ausweglosigkeit und die Schmach, selbst einfachste Dinge nicht einfach so hinzubekommen, nagen die ganze Zeit an euch.
Fazit zum Spiel: Ein großes Adventure
Bei einem heftigen Thema wie Depression gelingt es nur in Maßen, von Spielspaß zu reden. Hier ist der gesamte Titel darauf thematisiert, und ihr werdet insgesamt besehen nur wenig Spaß beim Spielen haben. Wenn ihr euch aber auf The Mosaic einlasst und auf die Geschichte, die es erzählen will, könnt ihr euch auf ordentlich Stoff gefasst machen. Während Titel wie etwa INMOST ebenfalls mit Gefühlen spielen und diese zum Anlass zur Charakterentwicklung nehmen, ist der Held in The Mosaic das Gegenstück – er suhlt sich im Versagen, sich einredend, zu nichts Besserem geboren zu sein.
Was zunächst wie ein Trauerspiel klingt und sich die ersten zwei Tage im Game auch so anfühlt, verändert sich zusehends. Kleine Schritte mögen immer ein wenig zu helfen, doch wenn sich Hilflosigkeit und das drohende Versagen im so einfach zu scheinenden Alltag breitmachen, ist es schwierig, sich auf das wirklich Wichtige zu besinnen. Und wer weiß schon, was im Leben so richtig zählt? The Mosaic stellt ohne Worte viele Fragen, auf die es keine einfache Antwort gibt – und als Adventure, das euch auf eine teils unangenehme Reise mitnimmt, ist das eine große Leistung. The Mosaic ist im Abonnement Apple Arcade (5 Euro im Monat) enthalten.