The Sexy Brutale – Das Mördermystery zum Mitspielen
The Sexy Brutale ist weder sexy, noch sonderlich brutal. Der Name passt überhaupt nicht zum Spiel, das macht aber nix! Der Titel ist viel mehr eine Art mysteriöses Cluedo in Echtzeit, wo es aber nicht nur darum geht, den Mörder ausfindig zu machen. Auch der tatsächliche Mord an sich muss verhindert werden. Lässt man sich auf The Sexy Brutale ein, erhält man eine äußerst ungewöhnliche und reizvolle Spielerfahrung.
Und täglich grüßt The Sexy Brutale
Lafcadio Boone (auch nicht sexy, auch nicht brutal), die Hauptfigur des Spiels, erlebt immer wieder und wieder den gleichen Tag im Kasinoanwesen „The Sexy Brutale“ (daher kommt der seltsame und etwas irreführende Spieltitel). In diesem Anwesen passieren den ganzen Tag über mysteriöse, teils sogar unheimliche Dinge: zu Mittag hört man einen Schrei, gegen 15:00 Uhr flackert das Licht und abends um 21:00 sieht man eine Frau vom dritten Stock herabstürzen (nicht gerade sexy, aber doch brutal).
Von einer gehäuteten Frau, die Lafcadio durch das gesamte Spiel begleitet, erfährt man von gefährlichen, seltsamen Masken, die die Besucherinnen und Besucher des Anwesens kontrollieren. Befindet man sich mit einem anderen Menschen im selben Raum, spielen die Masken verrückt, die Zeit bleibt stehen und man sollte besser schnell das Weite suchen. Um das Geheimnis des Ortes auf die Schliche zu kommen, muss man daher versuchen passiv den Mord zu verhindern und in bester Adventure-Manier dem Tod ein Schnippchen zu schlagen. Dies ist die Spielidee von The Sexy Brutale und auch wenn es sich im ersten Moment nicht sonderlich sexy anhört, trägt dieses Konzept das Gameplay und das ist nach kurzer Einlebungsphase äußerst attraktiv, um nicht gerade zu sagen formvollendet!
Eine spannende Mischung
The Sexy Brutale ist ein prächtiges Mördermystery, mit einer erotischen Mischung aus Puzzle- und Adventure-Spiel und einer Prise Majoras Mask.
Der Tag startet und gleich bemerke ich, dass Geräusche aus dem Nebenraum kommen. Einmal kurz durchs Schlüsselloch der Tür gespickt und schon sehe ich einen merkwürdigen Typen mit Gasmaske, der gerade seelenruhig das Jagdgewehr nachlädt, welches eben noch an der Wand hing. Wenig später kann ich nur mehr hilflos dabei zusehen, wie der arme Reginald Sixpence aus kürzester Nähe abgeknallt wird. Der Tod gehört zum Spiel dazu und immerhin weiß ich schon wo und wie dieser vonstatten geht (da wären wir beim Cluedo-Part). Also nochmal die Zeit zurückdrehen und von vorne. Zum Glück gibt es eine Karte, die mir anzeigt, welche Zimmer ich schon besucht habe. Aber nicht nur das!
Die Map verfügt über einen Zeitstrahl, den ich vor und zurückschieben kann und so sehe, zu welcher Uhrzeit, ich welcher Person begegnet bin. Ich höre mich diesmal wieder um und bemerke im Salon Schritte. Also schnell hingeeilt und wieder unter der Tür durchgespäht. Da steht der alte Sixpence und öffnet gerade seinen Tresor, der neben ein paar Papieren nur gähnende Leere aufweist. Doch da passiert es: Ein kleiner, glitzernder Gegenstand fällt zu Boden – eine Platzpatrone. Jetzt noch den richtigen Moment abwarten, geschickt die Munition austauschen und schon ist der Mord verhindert. Das war nicht besonders knifflig, die beschriebene Mission war aber ohnehin nur das Tutorial.
Bis zum Ende spielen lohnt sich
Das Spielprinzip bleibt aber gleich: Mit Lafcadio spioniere ich den Tätern und Opfern hinterher und versuche herauszufinden, wie ich den Mord verhindern kann. Dabei gibt es mal Überwachungskameras zu überlisten, Geheimgänge zu finden oder spitzfindige Apparaturen richtig zu konfigurieren. Die Abwechslung ist groß und außerdem erhält Lafcadio mit jeder geretteten Person eine neue Maske und damit eine neue Fähigkeit. Auf charmante, sexy Metroidvania-Art komme ich so an Areale, die früher nicht zugänglich waren. So kann man später viel besser Lauschen oder sogar mit Geistern reden.
Allerdings ist man bei allen Mordfällen meist an einen bestimmten Bereich des Anwesens gebunden und meist gibt es nur ein oder zwei Gegenstände, die dann zum richtigen Zeitpunkt, korrekt mit interaktiven Dingen kombiniert werden müssen. Richtige Ratefüchse werden bei The Sexy Brutale kaum an ihre Grenzen stoßen. Dafür sind die Rätsel für sich gesehen angenehm gekapselt und erzählen immer wieder eine unterhaltsame Geschichte. Durch die vielen ominösen Ereignisse kommt spürbar der Drang auf das Geheimnis hinter dem Sexy Brutale herauszufinden. Die große Auflösung der Zeitschleifen, Morde und anderer Ungereimtheiten findet meiner Meinung nach ein befriedigendes Ende, das sich wirklich lohnt es zu erspielen.
Fantastischer Soundtrack
Der Grafikstil ist simpel gehalten, außerdem werden interaktive Gegenstände blau umrahmt. Das macht The Sexy Brutale zwar zu keiner Augenweide, aber immerhin einem sehr userfreundlichen und lesbaren Spiel, was auf Grund der Mechaniken sehr wichtig ist. Außerdem haben die EntwicklerInnen Liebe zum Detail bewiesen, denn ständig stößt man auf Statuen, Bücher oder andere Kleinigkeiten, die Lafcadio dann spannend oder lustig kommentiert. Das passiert aber in Textboxen, Sprachausgabe gibt es keine – The Sexy Brutale bleibt auch hier minimalistisch. Ich muss aber gestehen, dass ich den Grafikstil sehr, sehr stimmig finde und auch das Anwesen glaubhaft designt ist. Am Besten gefällt mir aber der großartige Soundtrack, der mit einer fantastischen Mischung aus Swing und Jazz den Arealen und Personen einen ganz eigenen Touch verleiht.
Klein aber sexy
Ich fühle mich bei The Sexy Brutale ähnlich, wie die sogenannten Theatermasken, wo die eine ein lachendes und die andere ein trauriges Gesicht darstellt. Ich möchte gar nicht behaupten, dass mir das Spiel an gewissen Stellen zu anspruchslos ist. Es wäre jedoch gut gewesen, wenn mich das Spiel ein bisschen mehr zum „um die Ecke Denken“ gebracht hätte. Trotzdem wurde ich in den sechs, bis sieben Stunden sehr gut unterhalten, weshalb der Preis von 20 Euro für mich absolut in Ordnung geht. The Sexy Brutale ist nicht brutal sexy, aber einfach nett und etwas ganz Besonderes. Wer neue oder andersartige Spielerfahrungen sucht, sollte dem Spiel daher unbedingt eine Chance geben.