Wird die Nintendo Switch ein Erfolg? Kommt drauf an…
Als ich unlängst sieben geschlagene Stunden bei einem Fußballturnier meines Sohnes verbracht habe, verspürte ich plötzlich einen seltsamen Wunsch. Den Wunsch, eine Nintendo Switch bei mir zu haben. Nicht, dass ich mich nicht gut auf die Pausen zwischen den Matches meines Sprosses vorbereitet hätte: Das Smartphone war vollgeladen, und ich hatte mir sogar ein Surface-Tablet eingepackt. Doch das Versprechen, das Nintendo mit der Switch abgegeben hat, ist verlockender als die Technologie, die ich ohnehin schon mit mir herumschleppe. Wird die Nintendo Switch ein Erfolg? Kommt drauf an… hier sind meine Argumente:
Always-On vs Offline-Gaming
Viele Smartphone-Games setzen heutzutage eine Internet-Verbindung voraus, um Highscores abzugleichen, oder Savegames in die Cloud zu synchronisieren. Was einerseits sehr praktisch, und dank permanenter GSM-Verbindung auch kein Problem ist, kann mancherorts zum echten Problem werden. Zum Beispiel in einer Sporthalle mit Stahlbeton-Wänden. Gut drei Viertel meiner Smartphone-Games waren aufgrund dieses Missstandes schon einmal disqualifiziert für die Überbrückung langweiliger Stunden. Hearthstone? Keine Chance ohne Internet! Genauso wenig Super Mario Run. Was übrig bleibt, sind Kapazunder wie Solitaire, 2048 oder Schach. Damit bekommt man keinen Nachmittag totgeschlagen.
Dank prall mit Gameplay gefüllten Cartridges wäre die Nintendo Switch ein geeigneter Begleiter, auch in Funklöchern und Offline-Umgebungen. Natürlich wird es auch auf der Switch Spiele geben, die eine Online-Verbindung voraussetzen. Aber sie werden die Ausnahme bleiben. Dieser Punkt geht also an die Switch.
Kein Qualitätsgame ohne Game-Controller
Duale Analog-Sticks und Schultertasten ermöglichen waschechtes Konsolen-Gaming!
Ein weiteres Problem von Smartphone-Games ist die beschränkte Möglichkeit, mit ihnen zu interagieren. Es gibt zwar Accelerometer, Gyroskope, Touchpanels und Kameras an den Smarten Begleitern, woran es ihnen aber mangelt, sind physische Buttons. Schultertasten, Analogsticks und Druckknöpfe haben sich unweigerlich in mein feinmotorisches Repertoire eingebrannt, und bestimmen nach wie vor die Grundvoraussetzungen für qualitatives Gaming. Das macht sich nicht zuletzt auch in den Games bemerkbar, die es für Smartphones gibt. Per Touch bedienbare Applikationen sind üblicherweise simpel, kurzweilig und irgendwie „billig“. Nicht umsonst liegt die Schmerzgrenze für Apps bei 2,99 Euro, während für ein „echtes“ Game schon mal 70 Euro ausgegeben werden.
Die Nintendo Switch bedient dank ihren Joy-Con nicht bloß den Fuchtel-Trieb der seit der Wii salonfähigen Kurzweil-Unterhaltung. Duale Analog-Sticks und Schultertasten ermöglichen auch waschechtes Konsolen-Gaming! Das könnte man zwar mit Smartphone-Gadgets wie z.B. Gamevice auch hinbekommen, da fehlt es aber wieder an entsprechender Software. Welches Smartphone-Spiel unterstützt schon ernsthaft das erwachsene Konzept des Konsolen-Gamings? Vielleicht ein Assassins Creed oder Asphalt 8? Aber das sind eher die Ausnahmen unter den Handy-Games. Und die verbrauchen gleich große Teile meines internen Speichers, und saugen den Akku schneller leer, als ich „Ladekabel“ sagen kann. Diese Probleme kennen die Switch Cartridges nicht. Games müllen mir nicht den Speicher zu, sondern parken brav und geordnet auf ihren Game-Cards, wo sie hingehören. Okay, Akkuwunder muss man sich von der Switch auch keine erwarten. Aber spätestens seit dem Pokémon GO-Hype sind Nintendo-Fans ohnehin flächendeckend mit potenten Akku-Packs ausgestattet.
Wie schlägt sich die Switch gegen PS Vita und 3DS?
Ich denke, meine Argumente, warum die portable Switch unseren smarten Alltagsbegleitern in Gaming-Belangen überlegen ist, habe ich ausreichend untermauert. Aber was ist mit dedizierten Systemen, wie dem 3DS oder der Playstation Vita? Auch mit ihnen will die neue Nintendo Konsole konkurrieren. Meines Erachtens haben auch diese beiden Handheld-Systeme das Problem, dass es dafür keine „echten“ Konsolenspiele gibt. Da werden jetzt zwar viele aufschreien, aber ein Uncharted: Golden Abyss kann für mich nicht mit seinen Großen PS4-Geschwistern mithalten. Genauso wenig ein mobiles Killzone oder das kleinere Smash Brothers. Irgendwie fühlen sich diese Handheld-Adaptionen trotz Gaming-tauglicher Eingabemethoden halbgar und eingeschränkt an. Das liegt natürlich zu großen Teilen auch daran, dass die tragfähige Hardware zum Zeitpunkt der Entstehung dieser Systeme noch nicht weit genug war, um wirkliches Konsolen-Feeling aufkommen zu lassen. Zu grobpixelig und klein sind ihre Screens, und zu gering deren Speicherkapazitäten.
Die Switch geht einen anderen Weg: Anstatt vollwertige Konsolen-Games für die mobile Nutzung abzuspecken, begeistert die Konsole mit nie dagewesener Qualität für unterwegs, und nimmt dafür mäßige Heimkonsolen-Leistung in Kauf. Die Spiele selbst versprechen sowohl unterwegs, als auch daheim vollwertige Konsolentitel zu sein. Diesen Umstand will Nintendo mit dem Bekenntnis unterstreichen, dass es sich bei der Switch in erster Linie um eine Heimkonsole, und damit um den geistigen Nachfolger der Wii U handelt. Damit will man nicht etwa das Licht des Handheld-Modus unter den Scheffel kehren, sondern ein Versprechen auf die Qualität der zu erwartenden Games abliefern. Natürlich ist dieses Versprechen mit Kompromissen behaftet. 32 GB interner Speicher und gerade einmal 3 Stunden Spielzeit mit einer Akku-Ladung sind keine wirklichen Verkaufsargumente. Auch ich war davon erst einmal eher enttäuscht.
Modularität hat ihren Preis
Speicher-Erweiterbarkeit auf bis zu 2 Terabyte
Dann dachte ich mir aber: Andere Gaming-taugliche Tablets wie das iPad Mini kosten wesentlich mehr, und ich muss mir alle Gaming-Accessoires extra dazu kaufen. Und dann ist noch nicht einmal sichergestellt, dass ich mir aus dem Überfluss an billigen Apps auch Spiele finde, deren Gameplay mich fesselt, und die wirklich Spaß machen. Die Switch setzt dank SD-Karten Erweiterbarkeit und USB Typ-C Ladestecker erstmals auf offene Standards, die es erlauben, meine Experience beliebig zu erweitern. Ich kann alle möglichen Akku-Packs verwenden, um die Spieldauer zu erhöhen, und meinen internen Speicher auf bis zu 2 Terabyte erweitern. Damit sollten sogar die hartnäckigsten Online-Store-VerfechterInnen ein Auslangen finden. Anstatt diese Dinge von Vornherein in die Switch zu packen, und damit den Preis der Konsole unnötig in die Höhe zu treiben, setzt Nintendo beim Basismodell aufs Wesentliche, und verspricht zugleich die völlige Freiheit zur Individualisierung der Switch. Da ich mir die meisten Spiele ohnehin auf Cartridge-Basis besorgen würde, ist mir persönlich der Speicherausbau nicht so wichtig. Trotzdem gut zu wissen, dass es ihn gibt.
Die Switch als Heimkonsole
Einen letzten Vergleich muss sich die Switch noch gefallen lassen: Wie wird sie sich wohl gegen etablierte Heimkonsolen, wie die Playstation 4 und die Xbox One schlagen? Wahrscheinlich gar nicht, denn die Switch kann in keinem Belang mit den Beiden in Konkurrenz treten. Das Spiele-Line-up zum Launch der Switch ist – gelinde gesagt – bescheiden. Ihre Leistung liegt, Schätzungen zufolge, gerade einmal so über der der eigenen Vorgängerin, der Wii U. Der Third-Party Support wird entgegen vehementer Behauptungen seitens Nintendo überschaubar ausfallen. Es wird zum Beispiel kein vollwertiges Fifa 17, und auch kein Mass Effect Andromeda für die Switch geben. Wer also im März bei der HändlerIn seines/ihres Vertrauens steht, und sich nicht zwischen Switch, PS4 und Xbox One entscheiden kann, wird kaum Argumente finden, die für die Nintendo Konsole sprechen.
Wer aber Nintendos Spiele liebt, oder Kinder hat die sie lieben, steht erst gar nicht vor dieser Entscheidung. Für Fanboys und -Girls stellt sich diese Frage nicht. Sie werden Sich die Switch nicht wegen ihrer Teraflops oder wegen eines Call of Dutys kaufen, sondern wegen Mario, Link und Samus Aran. Wegen Kirby, Donkey Kong und Yoshi. Wegen Nintendo eben. Aus technischer Sicht geht dieser Punkt an Sony und Microsoft. Wenn die Switch ihren Games-Katalog aber vor Weihnachten 2017 in die Höhe bekommt, sehe ich ihren Verkaufszahlen durchaus positiv entgegen.
Nintendos Online Strategie
Angenommen, das nächste Turnier meines Juniors findet nicht in einem stahlummantelten Hochsicherheits-Trakt, sondern im Empfangsbereich eines Handyfunkmasten statt. Dann wäre es auch gut, wenn Nintendos Online-Service endlich auf Augenhöhe mit der Konkurrenz kommt. Versprechen gibt es dafür noch keines. Aber zumindest ein Anzeichen, dass Nintendo das Thema ernst nimmt. Erstmals soll es einen Nintendo Online-Abo-Service geben. Wer für Onlinedienste zahlt, darf auch einiges erwarten: Stabile Services, Online-Lobbies, Voice-Chat, Matchmaking etc. pp. Auch App-Support von Youtube, Twitch, Spotify, Netflix und Co. wäre wünschenswert. Dann könnte man die Switch nicht nur zum Spielen, sondern auch zum Internet-Surfen, Filme schauen und für sonstige Tablet-Dinge nutzen.
Wird die Nintendo Switch ein Erfolg? Ich hoffe es!
Jetzt, wo das technische Korsett der Konsole geschnürt ist, muss Nintendo noch auf der Software-Seite abliefern. Spiele, Apps und Services werden den Erfolg und Fortbestand der Switch am Konsolenmarkt besiegeln. Wenn die JapanerInnen das auf die Reihe bekommen, haben sie mit der Switch gute Chancen. Wenn nicht, könnte Mario schon bald Aushilfsjobs auf den Konsolen von MS und Sony verrichten müssen.
[…] das in einen Kontext zu setzen: Nintendo plant mit der Switch eine Videospiel-Konsole, die zu zuallererst als stationäre Heimkonsole dienen soll, und offiziell die Wii U beerben wird. […]
[…] zum Thema „Coming Soon“. Nintendo möchte im März 2017 nicht bloß die neue Konsole Switch, sondern auch endlich Super Mario Run für Android veröffentlichen. Als registrierbarer Reminder […]