Worldless Test (Switch): Pure Metroidvania-Action mit dem gewissen Etwas
In Worldless schlüpft ihr in die Haut einer blauen Entität und gebt euch Action sowie rundenbasiertem Kampf hin. Lest unseren Test – zur offiziellen Website geht es hier!
Über Worldless
Mit diesem Titel erscheint nun ein ganz eigenwillig-galaktisches Abenteuer, das ursprünglich im Oktober erscheinen sollte, auf mehreren Plattformen. Beschrieben wird das Spiel als stilisierter 2D-Abenteuer-Platformer und eine Mischung aus Metroidvania wie ein Ori, nur mit rundenbasierten Auseinandersetzungen und RPG-artigen Upgrades. Die offizielle Steam-Website hat dazu Folgendes zu sagen: Worldless spielt in einem neugeborenen Universum, das auf Entitäten beruht, die durch die polarisierende Natur ihrer Anziehungskraft in einem ewigen Konflikt gefangen sind. Ihre Interaktionen können einen Wechsel ihrer Polaritäten hervorrufen, doch dieser Prozess ist dermaßen instabil, dass niemand weiß, was daraus entstehen könnte …
Worldless ist ein Spiel weniger Worte. Es lässt viel lieber Bilder für sich sprechen, und die tatsächliche Story ist bestenfalls eine Sache von Interpretation. Der Beschreibung mit dem neugeborenen Universum folgend könnte man sagen, dass in diesem Titel Blau und Orange um die frühe Vorherrschaft in der Galaxie kämpfen. Das erklärt, warum es an allen Ecken und Enden kracht, überall Scharmützel zu sehen sind und auch ihr jedes Mal, wenn ihr eine orange Entität seht, sofort in einen Kampf verwickelt werdet. Eure Spielfigur muss dabei durch unbekannte Umgebungen reisen, um sowohl orange wie auch blaue Figuren zu finden. Während ihr euch bei den gefallenen blauen Freunden bedient und blaue Fertigkeitspunkte einstreift, müsst ihr die orangenen Figuren besiegen, um danach ebenfalls einen Fertigkeitenpunkt – in Orange – zu bekommen. So weit, so gut.
Reisen und kämpfen
Es gilt also, ganz wie in einem Metroidvania durch Ortschaften zu springen und zu preschen, um voranzukommen. Verschiedene Umgebungen warten auf euch, und dadurch, dass ihr zunächst in eurer Bewegungsmöglichkeit eingeschränkt seid, könnt ihr nicht gleich überall hin. Genauso ist es in Worldless der Fall, dass ihr zwar schon auch mal die Umgebung wechseln dürft, dort die Feinde dann aber plötzlich um ein Vielfaches stärker sind oder nur für eine Schadensart anfällig sind, die ihr noch nicht einsetzen könnt. Zu viel Erforschung wird also in den frühen Stadien des Spiels eher bestraft – es zahlt sich aus, beim locker geführten Weg zu bleiben, auf den euch das Game so schickt. Das Reisen an sich ist schon cool, denn nach kurzer Zeit schaltet ihr etwa das Preschen frei, das einem Sprint – auch mitten in der Luft – ähnelt.
Es hilft natürlich ungemein, dass die sehr einfache Aufmachung des Titels der Performance zugute kommt. So läuft alles jederzeit flüssig ab, und nach kurzer Eingewöhnungszeit springt ihr durch die verschiedenen Lande, als ob ihr noch nie etwas anderes gemacht hättet. Gleich vorweg: Viel Verstecktes oder gar Geheimnisse in Worldless gibt es nicht, dafür sorgt die minimalistische Karte, die ihr jederzeit durch Drücken des rechten Analogsticks aufrufen dürft. Ganz genre-typisch seht ihr so ganz gut, wo ihr euch befindet. Das Wichtigste im Spiel sind zweifelsohne die Fertigkeitenpunkte, aber auch andere sammelbare Objekte, die eure Zeitleiste steigern. Wozu sie gut ist, kläre ich sogleich im nächsten Absatz – denn der Kampf in diesem Titel ist nicht nur das Highlight des Games, sondern auch etwas, das man gut erklären sollte.
Der Kampf in Worldless
Es stimmt schon, was das Entwicklerteam sagt: Grundsätzlich ist jede Schlacht rundenbasiert. Das bedeutet aber nicht, dass ihr viel Zeit haben werdet, um eure nächsten Schritte zu planen. Nein, Worldless vermischt ein aktives Kampfsystem mit Zeitfenster und lässt euch und euren Widersacher nacheinander agieren. Während ihr dran seid, läuft unter eurem Charakter eine Zeitleiste ab, und da dürft ihr machen, was ihr wollt. Per Tastendruck löst ihr so Nahkampfangriffe, Magie-Attacken wie mit etwa Blitz und Eis, aber auch Bogenangriffe und starke Schwerthiebe aus. Ist dann eure Zeit abgelaufen, befindet ihr euch in der Defensive, und euer Feind übernimmt die Kontrolle. Jeder Feind zeigt euch durch horizontale oder vertikale Lichtblitze an, ob er nun mit einem physischen Angriff oder einer magischen Attacke starten wird. Dann liegt es an euch, zu reagieren.
Denn mittels gutem Timing und entsprechendem Knopfdruck dürft ihr Schilde auffahren, die euch – erraten – entweder vor Schlagschaden oder vor Magie schützen. Verpasst ihr das Timing oder habt das falsche Schild oben, müsst ihr die Attacken mit vollem Schaden hinnehmen. Es ist also überlebenswichtig in Worldless, eure Reflexe in den Kämpfen unter Beweis zu stellen. Weiters reicht es nicht, die Feinde einfach zu besiegen: Tut ihr dies, wird eine Art Grabmal aufgestellt und ihr könnt den Kampf danach auf Wunsch erneut starten. Nein, ihr müsst eine Anzeige am rechten unteren Eck mit den richtigen Angriffen füllen, bis euer Gegenüber komplett geschwächt ist. Danach gilt es, noch eine vierstellige Kombination unter Zeitdruck korrekt einzugeben. Habt ihr das geschafft, absorbiert eure blaue Entität den Feind und ihr erhaltet einen der heiß begehrten Fertigkeitspunkte zum Aufwerten eurer Figur.
Talente und Fertigkeiten
Ja, richtig: Ihr dürft in einem komplexen Talentbaum eure Fähigkeiten steigern und aufwerten. Hier unterscheiden sich die Bäume in blaue und orange Knoten, und ihr ahnt es schon: Diese Punkte lassen sich nur dann anwählen, wenn ihr entweder einen blauen oder einen orangen Fertigkeitenpunkt euer Eigen nennt. Während ihr die blauen Fertigkeitenpunkte durch das Finden und Aufsammeln von gefallenen Freunden einheimst, bekommt ihr die orangenen Punkte durch das „richtige“ Besiegen eurer Feinde, wie eben beschrieben. Je nach eurem Spielstil dürft ihr den Talentbaum ausbauen, wie ihr wollt, doch nach zwei oder drei Stunden habt ihr ohnehin in sämtlichen verfügbaren Ästen schon ein paar Punkte investiert. Die verfügbaren Fertigkeiten unterscheiden sich dabei in einer Vielzahl an Dingen, was natürlich für den Tiefgang in Worldless spricht.
Denn jedes dieser Talente kommt mit einem Effekt – beispielsweise könnt ihr bei einem perfekten Abwehren eure eigene Zeitleiste temporär verlängern, oder es gibt einen Rundumschutz, den ihr bei perfekten Paraden erreichen könnt. Gleichzeitig gibt es auch zusätzliche Attacken: So lässt euch das Spiel bei einem Talent öfter angreifen, andere Fertigkeiten werfen eure Feinde in die Luft, und ein freischaltbarer Ast lässt euch zum Bogen greifen. Die Attacken haben dabei unterschiedliche Werte, was Schaden und was Absorption betrifft: Während Schaden zum Senken der Lebenspunkte und daher zum reinen Töten der Feinde gedacht ist, ist die Absorption zum Schwächen der Gegner (und zum folgenden Absorbieren) zuständig. Je nachdem, was ihr tun wollt, solltet ihr euch auf andere Talente konzentrieren. Ich empfehle, früh starke Absorptionsattacken zu kaufen und eure Schilde zu maximieren.
Was fällt noch auf?
Es ist schwer, das Erlebte in Worldless in Worte zu fassen. Denn das Gameplay konzentriert sich fast ausschließlich darauf, euch während der Erkundung in einen Kampf nach dem anderen zu schicken. Natürlich ist auch das Metroidvania-Erlebnis da, so gilt es manchmal, Leuchtkugeln zu sammeln und ihnen hinterherzujagen, damit ihr die nächste Ebene einer Umgebung erreichen könnt. Auch Hebel sind mit von der Partie, und es gibt dann auch Tempo-Areale, die euch beim Reinpreschen ohne euer Zutun einfach weiterschießen. Das alles macht Laune, aber in Wahrheit sind das nur ganz kurze Ablenkungen, bevor ihr wieder den Großteil eurer Zeit im nächsten Kampf verbringt. Hinzu kommt, dass der Kampf im Spiel ziemlich knackig ist. Anfänger:innen brauchen diesen Titel nicht wirklich spielen, da ihr sowohl euren Controller auswendig können müsst und auch gute Reflexe im Kampf benötigt.
Der niedrige Grad an Zugänglichkeit ist es auch, das gleichzeitig den Appeal des Titels limitieren kann. Ihr müsst schon das eine oder andere Metroidvania gespielt haben, um so richtig Spaß am Game zu haben, und ihr solltet auch kampferfahren sein. Denn nur, wer verlässlich perfekte Paraden und starke Attacken (für beides gibt es glücklicherweise aufwertbare Talente!) hinbekommt, wird in Worldless weiter kommen. Dabei darf man auch nicht vergessen: Jeder Fehler wird gleich ziemlich schwer bestraft. Das Spiel steckt euch zwar, sobald ihr einmal gestorben seid, im Handumdrehen gleich daneben hin. So könnt ihr den selben Kampf wieder probieren oder woanders hingehen – das Frustpotential hält sich da in Grenzen. Aber es ist ziemlich fuchsig, wenn man bei einem minutenlangen Kampf einmal das Timing verpasst hat und 60 % des eigenen Lebens einbüßen musste.
Die Technik in Worldless
Die Atmosphäre des Titels macht jedenfalls ganz schön etwas her. Sowohl die Hintergründe, die eigenwilligen Figuren, die mysteriösen Gestalten im Hintergrund und auch die Animation in Worldless sind allererste Sahne. Schnell kommt hier ein Gros an Stimmung auf, und es macht Laune, wieder mal eine halbe oder ganze Stunde im Spiel zu verbringen. Dadurch, dass das Ganze flüssig abläuft, sind sowohl das Erkunden wie auch der Kampf im Game sehr spaßig und es ist cool, noch eine Runde zu probieren. Die Effekte passen dabei gut zum Erlebnis: Außerhalb der Schlachten sind die Plattformen jederzeit gut zu sehen, und im Kampf wird jede Aktion eurer Feinde mit Lichtblitzen gut vorausgesagt. Es gilt dann halt nur, dementsprechend zu reagieren, denn das Timing ist bei jedem Widersacher verschieden, was den Hauptgrund der Herausforderung im Spiel darstellt.
Die Steuerung ist es jedenfalls nicht, die den Titel so schwer macht. Das gute Tutorial scheut keine Mühen, euch genau darzulegen, was ihr wann zu tun habt – die Umsetzung liegt dann rein bei euch. Sowohl Angriffe, Paraden wie auch magische Angriffe passieren mühelos auf Knopfdruck, eine Challenge ist es natürlich, bei jedem einzelnen Feind wieder den effizientesten Weg zum Sieg bzw. zur Absorption auszubaldowern. Man kommt schnell in einen Sog des Spiels, und mitverantwortlich ist dafür zweifelsohne die Musik. Die musikalische Untermalung in Worldless unterstreicht perfekt das Spielgefühl in einem leeren Universum und in all den mysteriösen Umgebungen, während es im Kampf actionreich zugeht. Auch die Soundeffekte passen sehr gut zu den angezeigten Aktionen, und insgesamt kann man dem Spiel technisch gesehen kaum einen Vorwurf machen.
Für Kenner: Stimmungsvoll und doch leer
Doch was bleibt unter dem Strich übrig? Eine nennenswerte Geschichte, die euch beim Start des Titels abholt, gibt es kaum. Es fehlt an Identifikation mit der blauen Entität, die von euch gesteuert wird, und dadurch, dass es anfangs auch kaum menschliche Züge zu geben scheint, wird Worldless hier nur einer schmalen Zielgruppe von Anfang an gefallen. Dazu kommt die Umgebung: Ein neues Universum, in der Blau und Orange um die Vorherrschaft kämpfen – das sieht sehr eindrucksvoll und stimmig aus. Gleichzeitig gibt es daher kaum Figuren, mit denen ihr abseits des Kampfs interagieren dürft. Keine Händler, niemand zum Retten, kein Geschwätz zwischendurch: Diesen Titel spielt ihr nur um des Kampfes willen, und ein wenig wegen den coolen Umgebungen. Wenn man so will, ist das Game eine Destillation des Metroidvania-Genres ohne jegliche Ausschmückungen.
Die Frage ist, ob euch das so reicht? Der Kampf an sich bietet jedenfalls eine Menge Tiefgang, zwischen Besiegen und Absorbieren, Schwert und Magie, Angriff und Abwehr, Anfälligkeiten und Resistenzen sowie Boni und Paraden könnt ihr euch so richtig reinfuchsen. Das ist allerdings auch schon alles an Fleisch, das dieses Spiel euch bietet, denn abseits davon ist alles eher locker gehalten und bestenfalls Interpretationssache. Zudem werden Einsteiger:innen mit dem Titel nicht glücklich werden, zu knackig ist er von Anfang an. Doch wenn euch all das nicht abschreckt und ihr ein forderndes Metroidvania sucht, solltet ihr dem Game eine Chance geben. Der Preis des Spiels beträgt jedenfalls 20 Euro, und für all das Gebotene ist das durchwegs fair. Ich als alter Hase fand meine Zeit mit Worldless gut!