Uncharted 4: A Thief’s End (PS4) im Test
Unerforschte Gebiete sind auf diesem Planeten rar geworden. Und je kleiner wir Menschen uns unseren Planeten machen, umso mehr sehnt es uns nach dem großen Abenteuer, dem Entdeckerdrang und der Fantasie nach unvorstellbaren Schätzen. Wer das nötige Kleingeld und die Geduld für ein Flugticket zum Mars nicht aufbringen kann, wird im Fundus der Abenteuerspiele sein Glück, die aktuell wieder hoch im Kurs stehen, finden. Nachdem Tomb Raider bereits mit dem zweiten Teil der runderneuerten Serie großes Lob eingestreift hat, lässt Sony nun zum bereits vierten Mal seinen Hobby-Archäologen Nathan Drake auf die Schatzinseln dieser Welt los, und PS4-BesitzerInnen hautnah an dem Abenteuer teilhaben. Ob es sich auch bei Uncharted 4 um einen Schatz handelt, lest ihr in meinem Review.
Grafik – das Ende der Fahnenstange
Heute fange ich einfach mal beim augenscheinlichsten an, nämlich der Grafik: Kein Wunder, dass Sony bereits mit einem Hardware-Upgrade für die PS4 liebäugelt, denn was Uncharted 4 aus der alten Dame herauskitzelt, dürfte wohl das Ende der Fahnenstange sein, was wir in dieser Konsolengeneration noch zu sehen bekommen. Zwar müssen wir uns in Uncharted 4, dem ersten Ableger für die PS4 übrigens, wenn man die Nathan Drake Collection nicht mitrechnet, mit 720p Auflösung und 30fps begnügen, die dadurch gewonnene Rechenpower wurde aber genutzt, um einen mehr als beeindruckenden Rahmen für Nathans Abenteuer zu kreieren. Egal ob in einem Fluss tauchend, in den weitläufigen Steppen Madagaskars oder auf Nathans kuscheligem Dachboden, die grafische Präsentation sieht einfach zum Anbeißen aus.
Die Zwischensequenzen gehen nahtlos, und ohne merkbare Ladezeiten ins Spielgeschehen über
Doch nicht nur die Optik, insbesondere die weichen Animationen der ProtagonistInnen machen Uncharted 4 zu einem wahren Augenschmaus. Klettereinlagen, die gewisse Assassinen vor Neid erblassen ließen, actiongeladene Schusswechsel mit verfeindeten SchatzjägerInnen, oder einfach das Flanieren in den weitläufigen Fluren einer italienischen Villa – alles sieht butterweich, anatomisch korrekt und vor allem glaubhaft aus. Die erzählerischen Zwischensequenzen gehen nahtlos, und ohne merkbare Ladezeiten ins Spielgeschehen über. Oft sogar so nahtlos, dass man völlig vergisst zu steuern, weil man sich immer noch in einem Rendervideo wähnt. Die Settings und Hintergründe sind mit so viel Liebe zum Detail gestaltet, dass man selbst mit ballernden GegnerInnen gespickte Abschnitte am liebsten einfach nur andächtig bestaunen möchte. Dazu hat man aber nur selten Gelegenheit, denn wo Tomb Raider auf die Survival-Skills seiner Heldin setzt, verteilt Nathan Drake mit Vorliebe bleihaltige Kost.
So spielt sich Nathan Drake
Bonusmissionen wie in Tomb Raider darf man sich nicht erwarten
Das bringt mich auch gleich zum Gameplay von Uncharted 4. Wer die Vorgänger kennt, wird sich rasch zurechtfinden. Neben rennen, ballern, in Deckung hechten, sich rumprügeln und natürlich in der Weltgeschichte herumklettern, hat Nathan diesmal auch noch einen Enterhaken im Repertoire. Dieses praktische Gadget wird uns bereits in der Tutorial-Mission nähergebracht, in der wir als Nathan-Junior mit unserem Bruder Sam aus einem Waisenhaus flüchten. An dafür vorgesehenen Stellen kann der Enterhaken zum Überwinden von Abgründen, zum Erklimmen einer Wand, oder einfach zum Abseilen aus luftigen Höhen genutzt werden. Besonders lustig wird’s damit in späterer Folge, wenn wir uns direkt ins Kampfgeschehen, und von oben herab auf unsere verdutzten GegnerInnen schwingen dürfen.
Wenn wir nicht gerade mit Free-Climbing beschäftigt sind, ist Uncharted 4 ein Deckungs-Shooter. Praktischerweise stehen immer dann, wenn sich ein Schusswechsel anbahnt jede Menge Deckungsmöglichkeiten wie Mauern oder Holzkisten herum, wobei letztere im Zuge dessen auch mal zu Holzspänen verarbeitet werden können. Teile des Geländes sind sogar zerstörbar! Wenn man also nicht wie Rambo mit der AK47 im Anschlag in die gegnerischen Horden prescht, kann man auch gezielt ganze Stellungen mit versteckten Sprengsätzen ausschalten. Diese Explosionen sehen nicht nur effektvoll aus, sie können sogar gleich ganze Türme in Schutt und Asche legen. Wenn ihr den Einsatz von Waffen unspannend findet, könnt ihr dank des bekannten Wahrnehmungssystems auch schleichend – quasi in bester Sam-Fischer-Manier – infiltrieren. Neben Munition und Waffen, die von der einfachen Pistole bis zum tödlichen Scharfschützengewehr reichen, gibt’s in den teils weitläufigen Arealen auch kleinere Schätze zu finden. Bonusmissionen wie in Tomb Raider darf man sich aber nicht erwarten. Das Spiel legt seinen Fokus ganz klar auf die Haupthandlung.
Spannend bis zum Ende – die Handlung
Nathan, sein Bruder Sam und der zynische Sully geben ein brillantes Gespann ab!
Gutes Stichwort: Die Handlung von Uncharted 4 ist einige Jahre nach dem dritten Teil angesiedelt. Nathan Drake hat sein Abenteurerleben an den Nagel gehängt, und sich mit Elena Fischer sesshaft gemacht. Er verdient sein Zubrot als Bergungstaucher. Das Idyll findet jäh ein Ende, als eines Tages unverhofft Nathans totgeglaubter Bruder Sam auftaucht. Zu allem Überdruss sitzt Sam auch noch ein ruchloser Drogenmafiaboss im Nacken, und will ihn zur Bergung eines alten Piratenschatzes zwingen. Natürlich lässt Nathan sich da nicht zweimal bitten. Zusammen mit dem alten Sullivan, der SerienkennerInnen ein Begriff sein dürfte, macht sich das Trio auf, um Käpt’n Averys Geheimnis zu lüften. Dummerweise sind auch Rafe und Nadine, alte Bekannte und Rivalen der Drake-Brüder hinter dem Schatz her. Es beginnt ein tödlicher Wettlauf um die ganze Welt, und um Sams Leben.
Die Handlung von Uncharted 4 lebt vor allem durch die tollen Charaktere, die nicht nur mimisch meisterhaft in Szene gesetzt, sondern die auch dank einer sehr gelungenen deutschen Synchronisation zum Leben erweckt wurden. Der stets zu Späßen aufgelegte Nathan, sein abgeklärter Bruder und der zynische Sully geben ein brillantes Gespann ab, dem man an den Lippen hängt, und jedes Wort abkauft. Die Dialoge der Spielfiguren wirken selten repetitiv oder aus dem Kontext gerissen. Selbst wenn Nathan sich beispielsweise in Madagaskar mal für ein Weilchen aus dem Jeep entfernt wird das Gespräch mit einem gekonnten „Was wolltest du gerade erzählen?“ an der richtigen Stelle wieder aufgegriffen. Solche kleinen Details tragen wesentlich dazu bei, dass man sich eigentlich nicht wie in einem Computerspiel, sondern wie in einem echten Abenteuer fühlt. Toll!
…und der Multiplayer-Modus
Bevor ich jetzt zuviel von der grandiosen Handlung vorweg nehme, und ob der gelungenen Umsetzung mich in Lobhudeleien verliere, komme ich noch auf einen Punkt zu sprechen, um den kein Spiel heutzutage herumzukommen scheint: Den Multiplayer. Ehrlich gesagt, hatte ich angesichts des grandiosen Spielkerns gar nicht wirklich viel Lust mir das durch ein paar Ganker verderben zu lassen, aber nach ein- zwei Partien hatte ich sogar richtig Spaß. Im Gegensatz zur Story ist die Grafik im Multiplayer etwas reduzierter, dafür läuft er auch mit butterweichen 60fps. Erfreulicherweise hat es auch der Enterhaken in den Modus geschafft. Es heißt also auch gegen FreundInnen und zufällig zugeteilte GegnerInnen: Alles Gute kommt von Oben! Auf acht Karten und in drei unterschiedlichen Modi erhält man zudem auch Unterstützung von KI-Kameraden, die aber wie im Singleplayer eher für Sperrfeuer, als für wirkliche Kills sorgen.
Fazit
Videospiele als neues Marketing-Instrument für Vaios, Xperias & Co.
Wer meine Reviews vergangener Monate kennt, weiß, dass ich mit Pixeln geize wie eine 8-Bit Konsole, und so manche Gurke schon mit historischen Negativwertungen verrissen habe. Umso erfreulicher, dass ich an Uncharted eigentlich nichts, aber auch rein gar nichts auszusetzen habe! Die visuelle Umsetzung fasziniert mich, die Handlung fesselt mich und die Charaktere verzaubern mich. Wenn ich auch nur einen Kritikpunkt finden müsste, dann dass Sony wie Microsoft in Quantum Break das Medium Videospiel als neues Marketing-Instrument für Vaios, Xperias und anderen Firlefanz entdeckt haben dürfte. Doch selbst dieses dreiste Product-Placement wird charmant, wenn das Spiel mich dann Elenas Highscore in Crash Bandicoot auf der original PSOne jagen lässt.
Uncharted 4: A Thief‘s End ist nicht schon jetzt im Mai ein Anwärter auf den Titel Spiel des Jahres, für mich ist es aktuell das beste Spiel der aktuellen Konsolengeneration. Ich hoffe inständig, dass A Thief‘s End nicht, wie angekündigt, und wie der Name schon vermuten lässt, das letzte Uncharted-Game ist, dass ich je spielen werde.
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Top-Wertungen überall, und ich häng nach wie vor bei Teil eins :/ Die Krux, wenn man alles schön nach der Reihe spielen will…
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